Die Bauerndemonstrationen in Deutschland, welche sich auf andere europäische Länder ausweiten, beschäftigen mich. Sie sind das Ergebnis einer Landwirtschafts- und Ernährungspolitik, die viele Landwirtinnen und Landwirte seit Jahrzehnten in die Abhängigkeit der Agrarindustrie treibt, statt ihnen die Mittel für eine ressourcenverträgliche Zukunft in die Hand zu geben.
Kein Pachtland für Familienbetriebe und Biolandwirt(innen)
So haben die deutsche Agrarindustrie und der Bauernverband seit Jahrzehnten die auf Massenproduktion ausgerichtete Subventionspolitik vorangetrieben, mit enormem Lobbying – in Brüssel wie in Berlin.
Das Ergebnis: Massentierhaltung für Billigfleisch, die Verknappung von Pachtland, weil Agrartreibstoff aus nachwachsenden Rohstoffen zum Flächenfrass durch Agrokonzerne führt und dadurch immer mehr Familienbetriebe und Biolandwirt(innen) kein Land mehr pachten können, was den Strukturwandel hin zu noch grösseren und industrialisierten Betrieben weiter vorantrieb. Ganz nach dem Motto: Wachse oder weiche!
Anreize statt schädliche Subventionen
Deshalb fordern die Grünen europaweit schon lange zusammen mit Umweltverbänden, Biolandwirt(innen) und breit abgestützten Bürgerbewegungen die agrarökologische Wende in der Landwirtschaft: Qualität statt Quantität, faire Preise, Anerkennung und Unterstützung der vielfältigen Leistungen der nachhaltigen Landwirtschaft für Umwelt und Gesellschaft und Förderung des Ökolandbaus und Regioprodukten.
Denn die Bauerndemonstrationen in vielen europäischen Ländern zeigen eindrücklich: Es braucht eine agrarökologische Transformation des gesamten Ernährungssystems mit den Bäuerinnen und Bauern zusammen. Schädliche Subventionen müssen durch Anreize für nachhaltige Produktion ersetzt werden.
Eine stärkere Marktposition und faire Preise für Landwirte und Landwirtinnen
Die Schweiz zeigt, wie, wenn auch leider zu zögerlich. Denn unsere Bundesverfassung bindet die Unterstützung der Landwirtschaft an nachhaltige Produktion, Qualität, Gentechfreiheit und Tierwohl und an die Entgeltung von allgemeingesellschaftlichen und Ökosystemleistungen.
Unsere Bauernfamilien geniessen zu Recht eine hohe Anerkennung und die Landwirtschaft kann sich in der Politik Gehör verschaffen. Doch die gemeinsame, grenzüberschreitende Forderung bleibt: Landwirtinnen und Landwirte brauchen gegenüber den grossen Verarbeitern und Händlern eine stärkere Marktposition und faire Preise.
Selbst mitentscheiden, was morgen auf den Teller kommt
Die Marktregeln sind so anzupassen, dass die Wende zu einem nachhaltigen Ernährungssystem den Bäuerinnen und Bauern keine zusätzlichen Probleme aufbürdet. Die Politik setzt die Rahmenbedingungen so, dass eine ressourcenschonende, klimafreundliche Landwirtschaft gestärkt und gefördert wird.
Und eine zukunftsfähige Land- und Lebensmittelwirtschaft braucht auch die Konsument(innen) als Bürger(innen), welche ihre Verantwortung wahrnehmen – in der Schweiz genauso wie in unseren Nachbarländern: Entscheiden wir mit unseren Gabeln mit, was morgen auf unsere Teller kommt!