In einem Bauernhaushalt sammeln sich im Laufe der Zeit nicht nur Gegenstände, sondern auch zahlreiche Erinnerungen. Die Kinder, die heute erwachsen sind, haben hier gespielt, getobt und gelernt. Doch der Platz ist begrenzt, und wenn wir uns nicht von Dingen trennen können, stehen sie uns irgendwann im Weg – nicht nur physisch, sondern auch emotional.

100 Mitarbeiterinnen

Das weiss Yvonne Heggli aus Seengen AG, die seit 16 Jahren als Vermittlerin des Haushaltsservices der Aargauer Landfrauen tätig ist, aus eigener und beruflicher Erfahrung. Den Haushaltservice gibt es seit 16 Jahren. Unterdessen sind über 100 Mitarbeiterinnen im ganzen Kanton beschäftigt und im Einsatz. Yvonne Heggli ist seit der ersten Stunde für die Mitarbeitenden als Anspruchsperson und Vermittlerin tätig und auch Mitglied des Vorstands und Verwaltungsrats.

«Raum für das Wesentliche schaffen.»

Yvonne Heggli vom Haushaltsservice der Aargauer Landfrauen

Von Haus in die Wohnung

Privat hat sie vor einigen Jahren mit ihrem Mann den Schritt gewagt, von einem grossen Haus mit Umschwung in eine Eigentumswohnung zu ziehen. «Da mussten wir uns teilweise schweren Herzens von liebgewonnenen Gegenständen trennen – es führte kein Weg daran vorbei», erzählt sie. Doch das befreiende Gefühl nach diesem Prozess gibt sie von ganzem Herzen weiter.

Auch in ihrem Berufsalltag wird sie regelmässig mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert. Kunden, die ihr am Telefon aus ihrem Leben erzählen, oder Mitarbeiterinnen, die bei schwierigen Einsätzen Rat suchen oder sich ihr anvertrauen, schildern immer wieder Situationen, in denen zu viele Dinge zur Belastung werden.

Zu viele Schätze

Eine ihrer Mitarbeiterinnen unterstützt derzeit eine pensionierte, alleinstehende Frau, die ein gutes Auge für geschmackvolle Einrichtungsgegenstände, Kleidung und Geschirr hat. Im Laufe der Jahre haben sich jedoch so viele dieser Schätze angesammelt, dass sie mittlerweile die Schränke und Kleiderstangen sprengen. Tische, Fensterbänke und sogar der Boden sind überstellt mit farblich abgestimmten, sorgfältig ausgewählten Stücken. «Vor lauter Wald sieht man die Bäume nicht mehr», beschreibt Yvonne Heggli die Situation. Ordnung zu schaffen und vor allem zu halten, wird unmöglich. Trotz des materiellen und emotionalen Wertes jedes Einzelstücks wird die Menge erdrückend und überfordert die Kundin zunehmend, sie lähmt sie richtiggehend in ihrem Alltag.

Yvonne Heggli ist seit 16 Jahren für den Haushaltservice der Aargauer Landfrauen aktiv.
Yvonne Heggli ist seit 16 Jahren für den Haushaltservice der Aargauer Landfrauen aktiv. (Bild: Privat)

Manchmal treffen die Mitarbeiterinnen des Haushaltsservices auf ganz andere Situationen – auf verwahrloste Haushalte. «In solchen Fällen wird grosszügig geräumt, fortgeschmissen und gründlich geputzt», erklärt Heggli. «Wenn es bloss Abfall und Schmutz ist, fällt das Loslassen oft leichter. Natürlich steckt hinter einem solchen Zustand meistens auch ein tieferliegendes Problem.»

Doch das Loslassen von liebevoll gesammelten Stücken, die mit Erinnerungen und Emotionen verknüpft sind, stellt eine ganz andere Herausforderung dar. «Wir können helfen und ermutigen», sagt Yvonne Heggli, «aber in solchen Fällen ist oft zusätzliche professionelle Unterstützung nötig».

Die Wohnung als dritte Haut

Unsere Wohnung ist mehr als ein Dach über dem Kopf; sie ist unsere dritte Haut. Sie schützt uns, reflektiert unser Inneres und bietet Raum für unser Leben. Doch wie unsere erste Haut und unsere Kleidung erfordert auch sie Pflege und Anpassung an Veränderungen. Wenn der Raum, den wir bewohnen, zu eng wird durch überflüssige Dinge, fühlt sich das an, als würde uns die Luft zum Atmen fehlen.

Loslassen ist eine Fähigkeit, die nicht nur unsere Wohnung, sondern auch unsere Seele leichter macht. Entrümpeln bedeutet mehr als blosses Aufräumen – es ist ein Prozess, der befreit, Ordnung schafft und Platz für Neues entstehen lässt. Es ist eine Gelegenheit, die Verbindung zwischen dem physischen Raum und unserem inneren Wohlbefinden bewusst wahrzunehmen.

Loslassen in die Tat umsetzen

Die Geschichten und Erfahrungen von Yvonne Heggli zeigen, wie befreiend es sein kann, Ballast abzuwerfen – sei es in den eigenen vier Wänden oder im Herzen. Doch wie kann man diesen oft schwierigen Prozess praktisch angehen? Die folgenden Tipps helfen dabei, Entrümpeln Schritt für Schritt in den Alltag zu integrieren und das Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit zu erreichen:

  • Klein starten: Beginne mit einem kleinen Bereich, etwa einem Regal oder einer Ecke.
  • Drei-Kisten-Methode: Behalten, Weggeben, Vielleicht (diese für 3 Monate beiseitestellen).
  • Nach Kategorien arbeiten: Kleidung, Geschirr, Erinnerungsstücke – ein Bereich nach dem anderen.
  • Fragen stellen: Macht dieser Gegenstand mich glücklich? Nutze ich ihn regelmässig? Wenn nicht, darf er gehen.
  • Spenden oder Verkaufen: Dinge weiterzugeben oder zu verkaufen, erleichtert das Loslassen.
  • Ordnung bewahren: Regelmässig prüfen und frühzeitig entrümpeln, vielleicht auch mithilfe von Fachpersonen, wie dem Haushaltsservice der Aargauer Landfrauen, meint Yvonne Heggli mit einem Augenzwinkern.

Ein Gefühl von Freiheit

«Mit jedem Gegenstand, den wir loslassen, schaffen wir nicht nur Platz, sondern auch ein Gefühl von Freiheit. Entrümpeln ist ein Prozess, der nicht perfekt sein muss – schon kleine Schritte bringen spürbare Veränderungen. Lassen wir uns von dem Gefühl inspirieren, Raum für das Wesentliche zu schaffen», sagt sie.