Man stehe weiterhin hinter der vom Parlament beschlossenen Parlamentarischen Initiative zu den Absenkpfaden, betont der Schweizer Bauernverband (SBV) in seinem offenen Brief an die Landesregierung. Auch die im letzten Abstimmungskampf gemachten Versprechen hätten nach wie vor Gültigkeit. Womit der SBV aber in keiner Weise einverstanden ist, sind die vom Bundesrat im ersten Verordnungspaket vorgestellten Massnahmen zur Umsetzung der Absenkpfade.
Den Willen zur Umsetzung geschwächt
Es sei unverständlich, dass der Bundesrat seine Beschlüsse ohne eine ausreichende Berücksichtigung der Einschätzung von Bauernfamilien und Kantonen als Hauptbetroffene respektive für die Umsetzung verantwortliche Stellen gefällt habe. «Mit der Nichtberücksichtigung der Anliegen schwächen Sie den Willen des Sektors, die parlamentarische Initiative in grosser Eigenverantwortung umzusetzen», warnt der SBV. Für viele Betriebe sei der zu erwartende zusätzliche administrative Aufwand kaum mehr bewältigbar.
Vernehmlassung zu wenig berücksichtigt
Weiter stellt der SBV fest, dass die Ergebnisse der Vernehmlassung nur ungenügend berücksichtigt worden seien. Beispielsweise sei in diesem Rahmen von verschiedenen Seiten eine Reduktion der Stickstoffverluste um 10 Prozent gefordert worden und die Parlamentarier(innen) hätten explizit eine Reduktion um 20 Prozent abgelehnt. Der Auftrag an den Bundesrat lautete, gemeinsam mit der Branche ein realistisches Ziel festzulegen. Am Ende sei die Regierung diesem nicht nachgekommen und hat 20 Prozent als – aus Sicht des SBV unrealistische – Zielmarke gesetzt.
10'000 ha Ackerland aus der Produktion genommen
Dass einige Massnahmen um ein Jahr aufgeschoben werden, bezeichnet man im Brief als reine Kosmetik. Die aktuelle Situation als Folge des Ukraine-Kriegs werde missachtet: «Vor dem Hintergrund der grossen Instabilität auf den internationalen Agrarmärkten ist es unverständlich, dass die inländische Lebensmittelproduktion massiv geschwächt wird», so der SBV. Mit den vorgeschriebenen 3,5 Prozent BFF im Ackerbau würden rund 10'000 ha «bestes Ackerland» aus der Produktion genommen, obwohl bereits 19 Prozent der LN als BFF bewirtschaftet werde. Trotz ihrer starken Kaufkraft müsse die Schweiz ihre Verantwortung am internationalen Ernährungssystem wahrnehmen und somit um eine angemessene inländische Lebensmittelproduktion besorgt sein.
Falsche Annahmen getroffen
«Die von Ihnen beschlossenen Massnahmen werden sehr negative Auswirkungen haben», wendet sich der SBV an den Bundesrat. Zudem habe er seine Beschlüsse teilweise basierend auf falschen Annahmen getroffen. Z. B. betrage die Steigerung der Produktionskosten nicht wie laut erläuterndem Bericht angenommen 0,5 Prozent, sondern ganze 7 Prozent.
«Wir fordern Sie dringend auf, Ihre Positionen zu überdenken und bei Ihren Entscheidungen die Argumente der Agrarbranche, einschliesslich der Kantone, die für die Umsetzung der Agrarpolitik zuständig sind, zu berücksichtigen.» Für Gespräche stehe man zur Verfügung.