Kürzlich hat die Landwirtschaftskammer (Laka) des Schweizer Bauernverbands (SBV) Kenntnis genommen von der Botschaft zur neuen Agrarpolitik 2022+ (AP 22+). Erste Entscheide fielen nur zu den bundesrätlichen Vorschlägen zur sozialen Absicherung, zu den Bildungsanforderungen und zu den Direktzahlungs-Obergrenzen. Diesen stimmte die Laka in den Grundzügen zu.

«Viele Widersprüche»

Ein umfassendes Verdikt wird man dann an einer Sondersitzung der Laka vom 20. März fällen. Die erste gesamtheitliche Betrachtung fiel mehrheitlich negativ aus: «Nochmals die Anforderungen im Inland erhöhen und bei den Importen lockern, das ist die geistige Haltung der Landesregierung, das werden wir energisch bekämpfen», sagte SBV-Präsident Markus Ritter.

Die Botschaft zur AP 22+ sei ein Flickwerk mit Einträgen von allen möglichen Stellen des Bundes, die sich teilweise gegenseitig widersprächen, bilanzierte Ritter. Er erwähnte als Beispiele Aussagen zur Erfüllung der Umweltziele oder zu den zu erwartenden Einkommensverhältnissen.

«Wenn man 60 Prozent einer Säule zuweisen kann, nämlich der einheimischen Produktion, dann ist das mit jeder Sicherheit das dominante Element. Das wird gepflegt und ausgebaut, und das ist wesentlichst für unsere Unabhängigkeit.»

Bundesrat Schneider-Ammann 2017 im Nationalrat. Heute fordert der Bundesrat 52% Brutto-Selbstversorgungsgrad.

 

Scharf kritisiert wurden auch die Aussagen zum Brutto-Selbstversorgungsgrad in der Botschaft des Bundesrats. «Der Brutto-Selbstversorgungsgrad beträgt im Jahr 2025 bei einer konstant wachsenden Bevölkerung 52 Prozent gegenüber 56 Prozent im Referenzszenario», hält der Bundesrat hier fest. «Was der Bundesrat zum Selbstversorgungsgrad mit der AP 22+ vorschlägt, steht in krassem Widerspruch zu seinem Aussagen in der Diskussion zum neuen Verfassungsartikel 104a BV», sagt dazu Markus Ritter. Dies sei eine Provokation für die Bevölkerung.

Kehrtwende des Bundesrats

Diese hatte die Vorlage zur Ernährungssicherheit im Herbst 2017 mit 78,6% Ja-Stimmen angenommen. In der Nationalratsdebatte vom März 2017 hatte der Bundesrat ganz anderes versprochen: «Wenn man 60 Prozent einer Säule zuweisen kann, nämlich der einheimischen Produktion, dann ist das mit jeder Sicherheit das dominante Element. Das wird gepflegt und ausgebaut, und das ist wesentlichst für unsere Unabhängigkeit», sagte der damalige Agrarminister, Bundesrat Johann Schneider-Ammann in der grossen Kammer.