Schon bevor die geschrumpfte AP 22+ im Parlament verhandelt worden ist, sind die Meinungen von Schweizer Bauernverband (SBV) und Kleinbauern-Vereinigung klar auseinander gegangen. Daran hat sich auch nach der Debatte im Zweitrat nichts geändert: Beim SBV herrscht Zufriedenheit, bei der VKMB hingegen Enttäuschung vor.
Status quo bleibt
Rund 20 Minderheitsanträge von links-grüner Seite lagen auf dem Tisch, die von der Grossen Kammer grossmehrheitlich abgelehnt worden sind. Nach Meinung des SBV hätten sie vor allem eines zur Folge gehabt: «Weitere einschränkende Auflagen, die zu einer starken Verteuerung der Produktion geführt hätten», heisst es in einer Mitteilung des Bauernverbands. «Der Nationalrat zementiert für die kommenden sieben Jahre vorwiegend den Status quo mit den bekannten Zielkonflikten», heisst es bei der VKMB. Bäuerinnen und Bauern, die sich für eine besonders klima-, umwelt- und tierfreundliche Landwirtschaft einsetzen, könnten somit nicht auf politische Rückendeckung zählen.
Was ist noch drin?
Das Mini-Paket der AP 22+ sollte nach den Plänen des Bundesrats nur die unbestrittenen Massnahmen der ursprünglichen, umfangreichen Agrarreform beinhalten. Dazu gehört aktuell:
- Staatliche Unterstützung für Ernteversicherunge
- Obligatorischer Sozialversicherungsschutz
- Förderung der Digitalisierung
-Zusammenlegung der Programme Vernetzung und Landschaftsqualität
Der einzige Minderheitsantrag, der nicht abgelehnt worden ist, ist das Parteistellungsrecht der berechtigten Organisationen (z. B. Umweltverbände) bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.
Zur Differenzbereinigung geht die Vorlage zurück in den Ständerat.
Mehr oder weniger Aufwand?
Von der Fusionierung von Vernetzung und Landschaftsqualität verspricht sich der SBV eine Reduktion des administrativen Aufwands. Das Gegenteil erwartet die VKMB von Unterstützung für Ernteversicherungen. Das bedeute eine zusätzliche Verkomplizierung und einen neuen Fehlanreiz, da damit risikoreichere Produktionsformen gefördert würden.
«Anspruchsvolle Ziele bereits in der Umsetzung»
Die VKMB hofft angesichts der «mehrheitlich kurzsichtigen Haltung» des Nationalrats, dass sich für Klima- und Umweltschutz engagierte Bäuer(innen) nicht bremsen lassen. Im Gegensatz dazu betont der SBV, die Landwirtschaft sei durch die Umsetzung der Massnahmen der parlamentarischen Initiative Absenkpfad gegenwärtig bereits sehr stark gefordert. Es gehe um «anspruchsvolle Umwelt- und Klimaziele».
Kein Verständnis hat Bio Suisse für die Beschlüsse des Parlaments. Der Bio-Dachverband betont aber sein Engagement am Markt, das unabhängig sei von politischen Entscheidungsträgern. Diese verweigerten ihre Verantwortung, indem sie trotz Anträgen für eine realistische Klima- und Biodiversitätspolitik eine «mutlose» Agrarpolitik verabschiedet hätten. «Die Hoffnung auf den späteren autonomen Nachvollzug durch die Politik bleibt», schreibt Bio Suisse.
«Biodiversitäts- und Klimakrise werden negiert»
Ähnlich wie bei der VKMB und Bio Suisse klingt die Kritik von den Umweltverbänden. In einer gemeinsamen Mitteilung werfen Sie dem Parlament vor, die Biodiversitäts- sowie die Klimakrise zu negieren und eine nicht-zielführende Strategie des Aussitzens zu verfolgen. WWF, Greenpeace, BirdLife und Pro Natura betonen, ein Rückgang der Bodenfruchtbarkeit und der Artenvielfalt wirke sich auch negativ auf landwirtschaftliche Erträge aus. Ohne sich an die Herausforderungen der Zeit anzupassen und ein resilientes Ernährungssystem aufzubauen, werde ausserdem die Positionierung der Schweizer Landwirtschaft am Markt geschwächt.