In den letzten zehn Jahren habe sich die Menge importierter Fertig- und Halbfertigprodukte aus Brotgetreide mehr als verdoppelt, sagte Katja Riem (SVP, BE) im Nationalrat. Diese 300'000 Tankstellengipfeli, Aufbackbrötli oder eventuell auch Fertigpizzen konkurrenzierten die inländische Produktion von rund 400'000 t Brotgetreide pro Jahr – sie verliere kontinuierlich an Marktanteilen. Trotz Rückgangs der Anbaufläche und gleichbleibendem Pro-Kopf-Konsum bei steigender Bevölkerung müsse regelmässig Schweizer Brotgetreide deklassiert werden, so Riem weiter.
Aufhebung «unumgehbar»
«Eine Aufhebung der zolltariflichen Begünstigungen ist entsprechend unumgehbar», findet die SVP-Politikerin. Dies insbesondere auch, da bei verschiedenen Produkten «Praktiken und Mittel zum Einsatz kommen, die bei uns verboten sind». Das führe zu Pestizidrückständen, «die wir mit diesen Produkten frisch fröhlich importieren».
Keine Neuverhandlung des Freihandelsabkommens
Nicht zuletzt behindere die aktuelle Zollregelung die geforderte Entwicklung der pflanzlichen Produktion in der Schweiz. «Meine Motion fordert keine neue Verhandlung des Freihandelsabkommens und öffnet klar nicht die Büchse der Pandora bei den laufenden Verhandlungen mit der EU», ist Katja Riem überzeugt. Es gehe ihr darum, angesichts der Missstände den vollen Spielraum der Schweiz auszuschöpfen.
Schweizer Exporte im Wert von 3,72 Milliarden Franken
Bundesrat Guy Parmelin machte in seiner Antwort auf die Verflechtung der Importregelungen mit der EU aufmerksam. Denn die eingeführten EU-Backwaren seien im Freihandelsabkommen geregelt, das für die Schweiz «sehr vorteilhaft» sei: «Es erlaubt die Erhebung von Zöllen auf verarbeitete Agrarprodukte aus der EU, während Schweizer Exporte zollfreien Zugang in die EU haben. Die Schweiz profitiert in hohem Masse von diesem Marktzugang.» 2023 stammten laut Parmelin 93 Prozent der importierten Backwaren aus der EU – wollte man also etwas an deren Zollregelung ändern, müsste es über das Freihandelsabkommen mit der EU geschehen, so die Argumentationslinie des Bundesrats.
2023 habe die Schweiz dank des zollfreien Marktzugangs zur EU verarbeitete Agrarprodukte im Wert von 3,72 Milliarden Franken exportiert.
Preisausgleich Schweiz-EU statt Schweiz-Weltmarkt
Via Freihandelsabkommen ist vorgeschrieben, dass die Schweiz für landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse aus der EU einen «beweglichen Teilbetrag für den Agrarschutz» abschöpfen darf. Dessen Berechnung beruht gemäss Bundesrat auf der Preisdifferenz der Rohstoffe in der Schweiz und der EU – nicht jedoch den noch tieferen Preisen auf dem Weltmarkt.
Trotzdem: «Dieser Mechanismus trägt dazu bei, die Existenz der verarbeitenden Industrie in der Schweiz zu sichern», erklärte Guy Parmelin im Nationalrat.
«Nicht im Interesse der Schweiz»
Eine Neuverhandlung des Freihandelsankommens mit der EU zwecks neuer Regeln für den Import von Teiglingen ist nach Ansicht des Bundesrats nicht im Interesse der Schweiz. «Vorausgesetzt, die EU wäre zu solchen Neuverhandlungen bereit, müsste die Schweiz mit Gegengeschäften rechnen», so die Warnung. Denkbar wäre demnach, dass davon auch der Handel mit Basisagrarprodukten und landwirtschaftlichen Verarbeitungszeugnissen betroffen wären. Das sei auch der Grund gewesen, weshalb das bestehende Freihandelsabkommen aus dem aktuellen Verhandlungspaket der Schweiz mit der EU vollständig ausgeklammert worden ist.
Nationalrat dafür
Im Nationalrat teilte eine Mehrheit von 110 zu 72 Stimmen bei zwei Enthaltungen offenbar die Bedenken des Bundesrats nicht. Nach der Annahme der Motion von Katja Riem wird sich als Nächstes die vorberatende Kommission des Ständerats mit der zolltariflichen Behandlung von Teiglingen befassen.