Economiesuisse und die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (Igas) sehen das Freihandelsabkommen positiv, der Bauernverband, der Schweizer Tierschutz und Uniterre sehen das Ganze kritisch.
Schweizer Bauernverband: Konzessionen gehen sehr weit
Für den Schweizer Bauernverband (SBV) gehen die Konzessionen im Agrarbereich teilweise sehr weit, wie er mitteilt. Beim Rindfleisch wolle die Schweiz unter Berücksichtigung der Marktgrösse deutlich mehr zugestehen, als dies die EU bei ihrem Abkommen getan habe. Ob der SBV die Konzessionen unterstützt, ist noch nicht klar. Dazu müssten diese zunächst im Detail analysiert werden, so der Verband.
Für mangelhaft umgesetzt hält der Bauernverband den Verfassungsartikel 104a Buchstabe d. Dieser verpflichtet den Bund zu Handelsverträgen, welche zur Nachhaltigkeit beitragen. Jair Bolsonaro, Präsident des grössten Mercosur-Agrarstaats Brasilien, trete jedoch den Umweltschutz und die Arbeitsrechte mit Füssen, so der SBV. So habe er die Abholzung des Regenwaldes wieder erlaubt und über 200 Pflanzenschutzmittel zugelassen, welche in der Schweiz und in ganz Europa wegen ihrer Gefährlichkeit verboten seien. Für den Verband ist zwingend, dass Konsumentinnen und Konsumenten mit einer klaren Deklaration über in der Schweiz verbotene Produktionsweisen informiert werden.
Schweizer Tierschutz: Tierquälerische Importprodukte
Der STS will das Abkommen kritisch analysieren. Der Tierschutz fordert die Beibehaltung der bisherigen Importkontingente (insbesondere beim Fleisch), Produktionsstandards gemäss Schweizer Tierschutzgesetz, strenge Fleisch-Hygienekontrollen an der Schweizer Grenze sowie Massnahmen zur Verbesserung der Deklaration, wie er mitteilt.
Laut STS werden mit den Abkommen tierschutzwidrige und tierquälerische Importprodukte auf den Markt kommen, die bei weitem nicht dem Niveau der Schweizer Produkte entsprechen. Beim Poulet-fleisch - das fast ausschliesslich aus Brasilien stammt - herrschten Produktionsbedingungen, die den Schweizer Vorstellungen von Tierschutz komplett widersprächen. Beim Rindfleisch sei vor allem die Haltung der Rinder in Feedlots höchst problematisch. Hinzu komme der weit verbreitete Einsatz von Hormonen und Antibiotika zur Leistungsförderung.
Economiesuisse: Schweizer Landwirtschaft nicht gefährdet
Economiesuisse begrüsst das Abkommen. Es räume Handelshürden für Schweizer Firmen aus dem Weg und vermeide schwerwiegende Wettbewerbsnachteile gegenüber EU-Unternehmen, heisst es in einer Mitteilung. Erfreulich sei auch, dass die Parteien weitere Handelshemmnisse abseits der Zölle aus dem Weg räumen möchten. So könnten Schweizer Unternehmen künftig bei öffentlichen Ausschreibungen in den Mercosur-Staaten mitbieten.
Die Verhandlungsführer hätten zudem sichergestellt, dass die Kontingente für Agrarprodukte die Schweizer Landwirtschaft nicht gefährdeten, schreibt der Wirtschaftsverband.
Uniterre: Viele Verlierer
Die Bauerngewerkschaft Uniterre lehnt das Abkommen ab. Gewinner des Freihandels sei der transnationale industrielle Fleisch- und Agrarsektor, so Uniterre in einer Mitteilung. Verlierer seien die Familienbetriebe, Bäuerinnen und Bauern sowie kleine Betriebe der Lebensmittelverarbeitung.
Die zollfreien Importquoten von Rindfleisch, billigem Pouletfleisch, Weizen, Soja, Früchten und Wein drückten die Preise der heimischen Produktion, bedrohten die bäuerliche Landwirtschaft existenziell und untergrüben die Ernährungssicherheit, heisst es weiter.
Igas: Importe verkraftbar
Die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (Igas) hält die jährlich gewährten Konzessionen an Importen für Rindfleisch für verkraftbar, wie sie mitteilt. Die Partner der Schweizer Rindfleisch-Vermarktungskette könnten die Gelegenheit nutzen, sich neu und besser zu positionieren, dies auch bezüglich Nachhaltigkeit.
Das aktuelle Umfeld mit Brandrodungen im Amazonasgebiet und die Haltung von Brasiliens Präsident Bolsonaro seien ein kommunikativ denkbar schlechtes Umfeld für eine nüchterne Einordnung des Abkommens, so die Igas. Die Organisation sieht darin aber den Vorteil, dass der Nachhaltigkeit gerade daher besonders grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden müsste. Gleichzeitig schreibt die Igas, dass für eine seriöse Beurteilung des Abkommens noch Informationen fehlten.
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