Mit oder ohne Anpassung

4 Grad wärmer, Wiesen und Äcker verdorren – oder doch nicht?

Ein Forschungsprojekt zeigt bildhaft, wie sich die Landwirtschaft im Schweizer Mittelland und im Berggebiet verändern könnte. Der Wandel als Folge des heisseren Klimas kann dabei sehr unterschiedlich sein – abhängig vom Vorgehen der Betroffenen.

Von Jil Schuller

Publiziert am Dienstag, 2. Januar 2024 10:07

Lesedauer 7 Minuten

Themen Klima, Forschung

Artikel merken

Kommentare

Im reaktiven Szenario (oben) werden nur kurzfristig Massnahmen ergriffen. Ein proaktives Vorgehen zur langfristigen Anpassung liefert ein ganz anderes Bild von der Zukunft im Jahr 2085. (Bild: WSL)

Blick auf das Seeland in der Gegenwart: grüne Flächen dominieren, es wird Acker- und Gemüsebau betrieben. (Bild: WSL)

Ohne gezielte Anpassung setzt der Klimawandel Wiesen und Weiden bis zum Ende des Jahrhunderts sichtbar zu, sie werden zu Steppen. Auch der Wald wird in Mitleidenschaft gezogen, Waldbrände sind häufiger. (Bild: WSL)

Im proaktiven Zukunftsbild fällt das dunkelrote Quinoa als neue, trockenresistentere Kultur auf. Um genügend Nützlinge gegen den zunehmenden Schädlingsdruck in der Fläche zu haben, wurden Blühstreifen angelegt. Aller Anpassung zum Trotz sind nur bewässerte Flächen noch grün. (Bild: WSL)

Heute lassen sich viele Kulturen ohne Bewässerung anbauen, Kühe grasen an kühleren Tagen auf grünen Weiden. (Bild: WSL)

2085 wird die Tierhaltung schwieriger, auf den vertrockneten Weiden braucht es Sonnensegel als Schattenspender. Neophyten wie die Goldrute breiten sich aus. Das reaktive Szenario sieht insgesamt einigermassen trostlos aus. (Bild: WSL)

Im proaktiven Szenario finden weidende Kühe unter Solaranlagen Schutz vor der Hitze. Im Hintergrund sieht man begrünte Dächer und Fassaden, die zur Kühlung im Siedlungsraum beitragen sollen. Das kontrollierte Klima und die gezielte Bewässerung machen den geschützten Anbau unter Glas oder in Folientunneln attraktiv, der in der Folge ausgedehnt wird. (Bild: WSL)

Eine Walliser Bergregion, wie sie heute aussieht: Erkennbar sind die Waldgrenze (unterhalb der fernen Strasse in der Bildmitte), verschneite oder grüne Hänge und Gipfel. (Bild: WSL)

Ohne ein gezieltes und koordiniertes Wassermanagement verdorren die Alpweiden, ihre Produktivität bricht ein. Wegen des hohen Murgangrisikos wurde der Campingplatz (nicht im Bild) geschlossen. Die Baumgrenze kommt gegen Ende des Jahrhunderts deutlich höher zu liegen. (Bild: WSL)

Wasser macht den Unterschied: Mit der nötigen Anpassung erlebt die Berglandwirtschaft mit Nischenprodukten wie Getreide einen Aufschwung. Es werden mehr Bäume als Schattenspender gepflanzt (rechts), die dank der steigenden Baumgrenze auch weiter oben gedeihen. Die Region bleibt für den Tourismus attraktiv. (Bild: WSL)

Dieser Blick ins Tal zeigt viel Grün – wie es heute noch z. B. im Kanton Wallis in der Regel der Fall ist. (Bild: WSL)

Braun und vertrocknet präsentiert sich dieselbe Landschaft im reaktiven Szenario der WSL. Der Schutzwald (rechts) ist durch die Dürre geschwächt und verliert zusehends seine Funktion. In der Ferne sind aufgegebene Alpweiden sichtbar, denen das Wasser fehlt. Zur Energiegewinnung wurde auf dem kleinen See eine schwimmende Solaranlage installiert. (Bild: WSL)

Es geht auch anders: Schutzwälder mit mehr Laub- statt Nadelbäumen trotzen dem veränderten Klima. Die Vorteile des Klimawandels für die Alpwirtschaft (z. B. längere Alpdauer) können im Fall einer proaktiven Anpassung ausgenutzt werden. (Bild: WSL)

Die Rahmenbedingungen, von denen die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) für ihr Projekt ausgegangen ist, sind garstig: Statt wie früher einen gibt es pro Jahr 10 bis 30 Hitzetage mit über 30 Grad. Trockenphasen sind fast doppelt so lang und dauern im Sommer rund 20 Tage. Das Szenario – oder besser die wissenschaftliche Prognose – spielt im Jahr 2085. Zwei Hauptkulturen und mehr Schnitte In…