«Für ich mich war schon immer klar, dass ich einmal unseren Familienbetrieb übernehmen werde», sagt Oliver Vogt. «Bauer wollte ich schon als 10-Jähriger werden.» Seine Eltern waren allerdings damals der Meinung, er solle doch wenigstens in einen anderen Beruf hineinschnuppern. Doch der Sohn war sich seiner Sache sicher und absolvierte, wie angekündigt, die Ausbildung als Landwirt. Der Vater wollte ihn danach nicht gleich auf dem Betrieb, er solle besser ein paar Jahr anderweitige Berufserfahrungen sammeln.
Wichtige Entscheidung für die Zukunft
Oliver Vogt nahm den Rat an und ging nach der Lehre holzen, arbeitete als Zimmermann und war in einer Gärtnerei tätig. Während dieser Zeit wohnte er weiterhin auf dem elterlichen Milchviehbetrieb im thurgauischen Güttingen. «Da ich auswärts im Stundenlohn angestellt war, war ich flexibel genug, um daheim auszuhelfen, wenn es mich brauchte, beispielsweise beim Heuen», so der 29-Jährige. Vor rund fünf Jahren stieg er als Angestellter bei seinem Vater ein und liess sich zudem am Arenenberg zum Betriebsleiter und Meisterlandwirt weiterbilden.
Dann stand eine zukunftsweisende Entscheidung an: «Es ging um die Frage, ob wir den Bau eines Galtkuh- und Mastkälberstalls in Angriff nehmen sollten», so Vogt. «Es war klar, dass dies bedeuten würde, in den nächsten 30 Jahren weiter zu melken.» Lange musste er nicht überlegen: Ja, er wollte dies. Das Vieh war ihm schon immer am Herzen gelegen. So kam es, dass Vater und Sohn gemeinsam den neuen Stall planten, der 2019 fertig errichtet wurde. Der Generationenwechsel rückte näher, der Zeitpunkt für die Übergabe des Lindenhofs wurde auf den 1. Januar 2022 festgelegt.
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Unterstützung der beiden Geschwister
Doch zunächst wollte sich die Familie Vogt gut vorbereiten. Was die betriebswirtschaftlichen Aspekte betrifft, liess sie sich von Christian Eggenberger vom Arenenberg und von der Agro Treuhand beraten. In den Prozess miteinbezogen wurden auch die Geschwister: Der ältere Bruder und die jüngere Schwester arbeiten beide ausserhalb der Landwirtschaft, sind jedoch sehr daran interessiert, dass der Betrieb in Familienhänden bleibt. «Sie haben beide dazu beigetragen, dass es finanziell für mich zu stemmen war», erzählt der Meisterlandwirt.
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Die beiden Paare tauschten die Häuser
Zudem besuchte Oliver Vogt mit seiner angehenden Frau Marina und den Eltern Willi und Annemarie Vogt einen Kurs zur Hofübergabe, der sich an beide Generationen richtete. Darin wurde unter anderem die Wichtigkeit einer guten Kommunikation untereinander vermittelt. Sie hätten zwar ohnehin ein schönes Verhältnis untereinander, so der Sohn. Dennoch seien sie froh gewesen um die nützlichen Ratschläge. Etwa dazu, wie zwei Generationen auf demselben Betrieb leben und gleichzeitig die Privatsphäre der anderen respektieren. «Wir haben zum Beispiel vereinbart, dass wir jeweils zweimal kurz läuten, bevor wir ins Haus der anderen eintreten», sagt Vogt.
Im Zuge der Übergabe wurden auch die Häuser getauscht: Willi und Annemarie Vogt zügelten ins Stöckli, Oliver und Marina dagegen zogen vor einigen Monaten ins Haupthaus, welches sie renovieren liessen. Beim Mittagessen, das jeweils Annemarie Vogt kocht, trifft man sich und tauscht sich aus.
Was ist nun anders geworden im letzten halben Jahr seit dem Wechsel? «Eigentlich gar nicht so viel», stellt Oliver Vogt fest. Das Meiste laufe weiter wie zuvor. Er sei jetzt mehr mit Büroarbeiten beschäftigt, die vorher sein Vater erledigt hat. Sie würden weiterhin vieles gemeinsam besprechen, auch wenn er als Sohn nun die Entscheidungen trifft und der Vater bei ihm angestellt ist. Der Rollentausch klappe gut. «Nur der Lehrling hat jetzt manchmal zwei Chefs», sagt Vogt lachend. «Doch wir haben ihm gesagt, dass er sich wehren muss, wenn er widersprüchliche Anweisungen erhält».
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Robustheit ist wichtiger als Hohe Leistung
Schon vor der Hofübergabe hat der Betrieb silofreie Milch produziert. Was die Viehfütterung betrifft, hat Oliver Vogt die Weidezeiten ausgedehnt. Die Kühe sind derzeit entweder den ganzen Tag oder die ganze Nacht draussen, während die Aufzuchttiere den Sommer im Prättigau verbringen. «Ich möchte robuste Kühe», sagt Vogt. «Schönheit und Milchleistung sind mir nicht besonders wichtig.» Bei der Zucht achtet er insbesondere auf die Fruchtbarkeit und gute Zellzahlen. Eine Kuh in seinem Stall gibt durchschnittlich 7500 kg Milch jährlich.
Seit diesem Frühling haben auf dem Lindenhof auch die Mastkälber Weidegang. Die gut 50 Kälber pro Jahr liefert Vogt einem befreundeten Metzger aus der nahen Umgebung, der, wie er selbst, grossen Wert auf Fleischqualität und Regionalität legt.
Die Stallplätze sind nie alle besetzt. «Mein Ziel ist es nicht, den letzten Franken rauszudrücken. Qualität und eine stressfreie Atmosphäre sind mir lieber», betont der Bauer.
Wie schon vorher seinen Eltern, ist es Oliver Vogt wichtig, dass der Hof sauber und gepflegt ist. Schliesslich sei dies der Ort, wo die Familie die meiste Zeit verbringt. Er habe auch gerne Gäste, beispielsweise zum Grillieren unter dem Nussbaum vor dem Haus. Den lauschigen Platz hat die Mutter dekoriert. Und zum Ausgleich ist Vogt im lokalen Turnverein aktiv, so wie auch sein Vater.
Vater Willi Vogt:
«Für uns Eltern ist es schön, dass nun der Sohn ‹buured›. Es war bereits eine Entlastung, als Oliver vor ein paar Jahren daheim eingestiegen ist», sagt Vater Willi Vogt. Er habe keine Generationengemeinschaft angestrebt, sondern sei bereit gewesen, den Hof direkt zu übergeben. «Dafür haben wir gute Voraussetzungen», so Vogt. «Zum Beispiel können wir miteinander reden.» Dazu biete sich genügend Gelegenheit, man sitze bis zu dreimal täglich beim Essen zusammen am Tisch. Streit gebe es nie. Aufzeichnungen und Buchhaltung habe er nicht ungern gemacht, so Vogt, aber er trauere diesen Aufgaben auch nicht nach. Jetzt gehe er dafür vermehrt anderen Tätigkeiten nach, wie Mausen und Blacken spritzen. «Auch ich selbst erlebte seinerzeit eine gute Hofübergabe», erzählt der 63-Jährige. Damals habe der Betrieb noch kleinere Ausmasse gehabt, in der Zwischenzeit seien einige Hektaren dazu gekommen. «Im Lauf der Zeit hat sich viel verändert.»