«Obwohl es nur wenig dutzend Flaschen waren, hat uns die Arbeit unglaublich Spass gemacht.» Gina Saccavino und Jan Hänggi strahlen, wenn sie an die Anfänge ihres Projekts zurückdenken. 2021 hat das junge Paar aus Trauben des familieneigenen Rebbergs den ersten eigenen Wein hergestellt. Damit entstand nicht nur die Faszination für den Weinbau, sondern auch das Jungunternehmen «Amphor» aus Nunningen. 

[IMG 2] Die Leidenschaft für die Weinproduktion entfachte, so dass sich die beiden entschieden haben, den Weinkeller in der Garage aufzubauen. Ein Jahr später kelterten sie die gesamte Menge und füllten so rund 4000 Flaschen ab.

Heute bewirtschaften sie zwei Rebberge mit insgesamt 25 Aren. Die Trauben werden im eigenen Keller zu einer ganzen Paletten an verschiedenen Weinen verarbeitet und anschliessend unter dem Namen «Amphor» an Privatkunden und einzelne Restaurants verkauft. Von der Pflege der Reben übers Keltern bis hin zur Gestaltung der Etiketten machen die Jungwinzer alles in Eigenregie.

«Wir können dabei von A bis Z über jedes Detail entscheiden.»

Jan Hänggi, ist verantwortlich für den Weinkeller von «Amphor».

«Alle Entscheidungen sind aufeinander abgestimmt, das macht dieses Projekt so faszinierend», erklären sie weiter.

Die Agronomin draussen…

Das nötige Fachwissen haben sich die beiden unter anderem im Kelterkurs angeeignet. «Bei der Arbeit im Rebberg konnten wir auf die Erfahrungen von Jans Vater zurückgreifen», erzählt Gina, die im Moment das Masterstudium in Agronomie an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (Hafl) absolviert. [IMG 3]

Dank ihrer Ausbildung wisse sie zwar, wie eine Pflanze funktioniere; für die konkrete Umsetzung in der Praxis reiche dies jedoch nicht aus. So stamme ein grosser Teil ihres Wissens aus Büchern, Broschüren und Erfahrungsberichten. «Ich habe mir sehr viel im Selbststudium beigebracht», erklärt Gina. «Vor jeder Entscheidung im Rebberg habe ich recherchiert und nach Artikeln und Meinungen von Fachpersonen gesucht.»

… der Chemiker drinnen

Ihr Freund Jan schreibt derzeit an seiner Masterarbeit in Wirtschaftschemie. Seine Vorbildung helfe ihm dabei sehr, um die Prozesse in der Weinherstellung zu verstehen. «Keltern ist sehr viel Chemie», meint er schmunzelnd. Demnach sind auch die Aufgaben bei «Amphor» klar verteilt. «Ich bin verantwortlich für die Arbeiten draussen im Rebberg, Jan hat das Kommando im Weinkeller. Aber natürlich helfen wir einander, wo immer es geht», erklärt Gina.

Beide Jungwinzer sind zusätzlich auswärts tätig: Jan arbeitet für eine Logistikfirma in der Baubranche, Gina am Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung. 

Naturnah aus Überzeugung

Was die Philosophie ihres kleinen Unternehmens anbelangt, sind sich die beiden einig: «Wir wollen naturnah, wenig invasiv und so schonend wie möglich produzieren.» Jan ergänzt: «Dabei möchten wir das Wissen von heute mit den Techniken von damals kombinieren.» [IMG 4,5]

Dazu kommen unkonventionelle Methoden zur Anwendung: So verzichten sie beispielsweise auf Pumpen und transferieren den Wein mithilfe der Schwerkraft vom einen ins andere Fass. Und auch im Rebberg hat es Platz für neue Ideen. So stehen zwischen den einzelnen Stöcken Kräuter und kleine Sträucher – mit vielfältigen Vorteilen. Die Fläche muss nicht gemäht werden, gleichzeitig sollen die ätherischen Öle Schadpilze und Wespen fern halten.

Obwohl sie ihre Philosophie nicht auf ein Label reduzieren möchten, haben sich Gina und Jan dieses Jahr entschieden, auf die biologische Produktion umzustellen. Der hohe Anteil an pilzwiderstandsfähige Rebsorten (PiWi) sei dabei ausschlaggebend gewesen. Gezielten Pflanzenschutz werde es jedoch weiterhin brauchen, ist die Agronomin überzeugt: «Wir spritzen, um Resistenzen zu verhindern und einen gewissen Ertrag garantieren zu können. Dazu fühle ich mich als Bewirtschafterin auch verpflichtet.»

Hobby und viel Leidenschaft

[IMG 6] Für die Zukunft haben die jungen Winzer konkrete Pläne: Sie wollen die Rebfläche vergrössern, den Keller ausbauen und den Weinbau finanziell zu einem Standbein machen. «Bis dann können wir noch viele Dinge ausprobieren, die ein Vollzeit-Winzer nicht riskieren könnte», freut sich das Paar und erzählt von seinen Ideen: «Es wäre toll, wenn wir bald auch Essigspezialitäten anbieten könnten. Und Gelée. Und vielleicht gibt es irgendwann mal einen Kurs.» 

Den Weinbau, das Studium und die Arbeit unter einen Hut zu bringen, sei zwar herausfordernd, aber nicht unmöglich, meinen die beiden zum Abschluss. «Andere haben auch ein Hobby, machen Sport oder Musik. Wir haben den Wein», meint Jan schmunzelnd. Seine Freundin Gina ergänzt: «Wenn es nicht «Amphor» wäre, hätten wir sicher ein anderes Projekt.»

«Wir haben beide das Bedürfnis, selbständig etwas aufzubauen.»

Gina Saccavino, ist Agronomin und Jungwinzerin aus Leidenschaft.

Kurz gesagt
In zehn Jahren …
Gina: Haben wir immer noch Freude an dem, was wir machen.
Jan: Stehen hier noch viel mehr Reben.

Bio ist für mich …
Gina: Bei PiWi-Sorten ein Muss.
Jan: Das Minimum.

Entspannung finde ich …
Gina: Wenn ich ab und zu Zeit finde, um Youtube-Videos zu schauen.
Jan: Ich weiss es nicht…
Gina: Kennst du das überhaupt?

Ich bereue …
Gina und Jan: Nichts.

Engagement heisst für mich…
Gina: Etwas mit ganzem Herzen zu machen.
Jan: Freiheit.