Kennen Sie dieses kurze Stutzen an der Kasse des Grossverteilers, wenn man den Gesamtpreis sieht? So viel? Für so wenig? Der Alltagseinkauf ist deutlich teurer geworden. Die Gründe dafür heissen, unter anderem, steigende Preise bei Rohstoffen, Energie und Verpackungsmaterial sowie höhere Transportkosten.

Das zeigt sich auch bei den Grundnahrungsmitteln. Sie waren 2023 bis zu 20 Prozent teurer als im Jahr davor. Das wäre vor 100 Jahren eine Katastrophe gewesen; damals musste für Lebensmittel fast die Hälfte des Durchschnittslohns aufgewendet werden, wie die «Handelszeitung» schreibt.

Nur sieben Prozent

Heute machen Esswaren im Schnitt nur sieben Prozent der Ausgaben aus. Dennoch sind Preissteigerungen bei Lebensmittel vielen nicht geheuer. Denn ohne Nahrungsmittel können wir nicht überleben, während der Kauf einer neuen Jeans verschoben werden kann.

Laut der Umfrage der Einkaufslisten-App «Bring» sind die Konsumentinnen und Konsumenten preissensibler geworden. Zwei Meldungen lassen in diesem Zusammenhang aufhorchen: So schliesst der Hofladen-Onlineshop Farmy per Ende Juni seinen Standort in der Westschweiz und streicht 29 Stellen. Künftig ist das Unternehmen nur noch in Zürich ansässig und beliefert von dort aus die Kundschaft. Der Grund dafür seien veränderte Marktbedingungen.

Auch die Selbstbedienungs-Hofladenkette Rüedu muss zurückstecken. Das Berner Unternehmen schloss auf Ende April alle fünf Standorte in Zürich.

Es war ein Erlebnis

Doch wie sieht es bei den Hofläden auf den Betrieben aus? Während der Pandemie machten viele mehr Umsatz. «In der Coronazeit war das Einkaufserlebnis auf den Hofläden sehr willkommen», sagt Susanne Staub. Sie ist Bäuerin in Murzelen BE und im Vorstand des schweizerischen Konsumentenforums. «Nun sind alle wieder im alten Trott.»

Ihr ist bewusst, dass durch die Teuerung bei vielen Familien das Budget knapp ist. Zudem seien «die Konsumenten» keine homogene Gruppe, die Bedürfnisse sehr unterschiedlich. Doch sie ist optimistisch. «Es ist mittlerweile das Bewusstsein da, dass ein gutes Produkt seinen Preis haben darf.»

«Bei einigen Hofläden sind die Umsätze hoch geblieben», sagt Ernst Lüthi. «Bei anderen sind sie gesunken – offenbar vor allem in der Region Zürich, wie ich hörte.» Ernst Lüthi ist Obstbauer in Ramlinsburg BL und amtet beim Obstverband als Präsident des Fachzentrums Direktvermarktung. Zudem ist er in der Jury des diesjährigen Wettbewerbs «Der schönste Hofladen der Schweiz».

Die Preissensibilität habe zugenommen, wie auch der Einkaufstourismus. «Ich bin daher nicht sicher, dass die Konsumenten jene fünf bis zehn Prozent Preiserhöhungen mittragen würden, die der Bauernverband anstrebt.»

Ansprüche an Öffnungszeiten

Dazu kommt das veränderte Einkaufsverhalten, wie er als Direktvermarkter aus eigener Erfahrung weiss. «Die Einkäufe am Abend und am Sonntag haben deutlich zugenommen.» Daher sei der Hofladen des Betriebs zwar täglich bis 22 Uhr geöffnet, aber nur mit Selbstbedienung. Und es wurde in Kameras investiert, damit sich die Diebstähle in Grenzen halten. «Anders geht es nicht, sonst geht die Familie kaputt. Denn alle reden zwar vom Reiz der Direktvermarktung, von der Arbeit, die vor allem die Frauen leisten, spricht aber niemand.»

«Der Einkaufstourismus ist nach wie vor auf tieferem Niveau als vor Corona», meint Urs Schneider zum Thema. Bis zu seiner Pensionierung im letzten Jahr war er stellvertretender Direktor des Schweizer Bauernverbands. Heute ist er nach wie vor bei verschiedenen Projekten aktiv, unter anderem ist er Präsident der Stiftung für eine nachhaltige Ernährung durch die schweizerische Landwirtschaft. «Ich glaube nicht, dass das noch massiv zunimmt.»

Der Branchenkenner hat auch nicht den Eindruck, dass Hofläden weniger gefragt seien. Dass ein Unternehmen wie Rüedu in Zürich Läden schliessen musste, habe andere Gründe. «Die Container wurden nicht als Hofläden wahrgenommen. Und nur schon der Name geht den Zürcherinnen und Zürcher weniger leicht über die Lippen als etwa den Menschen in Bern.»

Sich kennenlernen

Aus seiner Sicht haben Hofläden nach wie vor gute Karten – wenn die Produkte stimmen, die Betreiber sympathisch wirken und der Verkaufsraum ansprechend gestaltet ist. Dass ein Laden nur eine eingeschränkte Zeit bedient ist, spiele dabei keine Rolle. «Es ist ein realer Ort, an dem ich als Konsument den Produzentinnen und Produzenten und ihren Produkten begegnet. Da schafft Sympathie und gegenseitiges Verständnis.»

Ja, die Konsumentinnen und Konsumenten achten mehr aufs Budget. Laut der neusten Shopping-Trend-Studie will aber nur jeder Achte bei den Lebensmitteln sparen. Das Trend-Thema des Jahres heisst zudem «Saisonalität». Qualität, Regionalität, Tierwohl und Nachhaltigkeit sind ebenfalls gefragt. Nicht zuletzt bieten Hofläden und Wochenmärkte ein sinnliches Einkaufserlebnis, das kein Onlineshopping ersetzen kann.