Die Biobäuerin Pascale Strauss arbeitet an zwei Tagen in der Woche für eine der Schweizer Biokontrollstellen. Sie schätzt diese ausserhäusliche Tätigkeit mit den Fachgesprächen sehr, da sie ihr eine andere Sichtweise auf den Vollzug der Bio-Suisse-Richtlinien geben. Zudem erweitert sie dadurch ihre Kontakte innerhalb der Bioszene. «Es ist eindrücklich für mich zu sehen, wie viel Administration mit der Landwirtschaft zusammenhängt. Auch macht mich glücklich, dass ich diese Möglichkeit eines zeitlich flexiblen Nebenerwerbs habe.»
An den Tagen, an denen die junge Mutter ausser Hause tätig ist, teilt sie sich mit ihrem Mann Jürg die Betreuung ihrer Kinder Sophie (4) und Mathéo (1,5). Zuvor war sie als Betriebshelferin im Thurgau tätig, wo sie unter anderem auch Kühe molk.
Kein bäuerliches Umfeld
Pascale Strauss wuchs im Kanton Freiburg in einem nichtbäuerlichen Umfeld auf. Ihre Eltern waren Lehrer. Sie war seit jeher naturverbunden und erlernte deshalb den Beruf der Landwirtin im Kanton Bern. Mit einem Schmunzeln erklärt sie, dass sie durch die Bekanntschaft und spätere Heirat mit Jürg Strauss nun im Kanton Zürich «gelandet» ist. Das Betriebsleiterpaar zog im Sommer 2014 in den Weiler «Grüt» bei Rickenbach ZH. Hier konnte Jürg Strauss vor eineinhalb Jahren den elterlichen Betrieb übernehmen.
Pascale Strauss stellt fest, dass sich die Mentalitäten der West- und der Deutschschweizer stark unterscheiden. Sie spüre, dass sie von ihrer welschen Herkunft her eine offene und spontane Wesensart habe. Dies helfe ihr, sich in ihrer Umgebung, in der sie eigentlich noch eine «Fremde» sei, zu integrieren.
Neue Absatzkanäle
Die Betriebszweige des Biohofs «Strauss-Bioagrikultur» sind Ackerbau mit den Kulturen Speisehafer, Dinkel, Weizen und Ackerbohnen, knapp 500 Hochstammobstbäume und eine Hektare Reben. Seit drei Jahren werden zudem Biokarotten für ein regionales Vertragslandwirtschaftsprojekt angebaut. Insgesamt umfasst der Betrieb zehn Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. Jürg Strauss achtet sehr auf eine gute Mechanisierung sowie ergonomische Gerätschaften und Maschinen, die gelenks- und rückenschonend sind. Unterstützt von seinen Eltern, können die Arbeiten ohne fremde Arbeitskräfte bewältigt werden.
Die Biobäuerin betont, dass sie und ihr Mann den Betrieb vielseitig führen. So liessen sich Ertragsausfälle wie beispielsweise durch Frostschäden in diesem Frühjahr an den Mini-Kiwis und bei grossen Teilen des Mostobstes eher ausgleichen. Die Familie Strauss wohnt nicht an einer Durchgangsstrasse. Deshalb würde sich ihr Betrieb auf den ersten Blick nicht für die Direktvermarktung eignen. «Wenn man aber offen für neue Ideen ist, finden sich geeignete andere Vermarktungsplattformen», so Pascale Strauss. Seit kurzem sind sie Teil einer Produzentengemeinschaft, die über eine Online-Plattform regionale Lebensmittel verkauft.
Bei verschiedenen Start-up-Unternehmen in Winterthur und Zürich, die ganz im Sinne der Nachhaltigkeit auf Verpackungen verzichten und so Abfall verhindern, verkauft das Ehepaar Strauss auch seinen Wein im Offenverkauf. Es sammelt noch Erfahrungen, inwiefern sich dieser Verkaufskanal für sie eignet.
Transparente Produktion
Jürg Strauss, der als ersten Beruf Drucktechnologe erlernte, ist auch gelernter Landwirt und Winzer, keltert den Wein selbst und kreiert zudem die Etiketten. «Wir sind in der Phase des Aufbaus unserer Direktvermarktung», erklärt Pascale Strauss. Sie vermarkten Süssmost, Traubensaft sowie Wein und sie schätzen den damit verbundenen Kundenkontakt. Die Bäuerin betont, dass sie und ihr Mann von der Philosophie, die hinter dem Biolandbau steht, überzeugt sind und diese bewusst nach aussen tragen. «Wir setzen auf eine transparente Produktion und möchten die Konsumenten von der Wertigkeit der Produkte überzeugen. Uns interessiert auch, wer unseren Wein kauft.»
Über ihre Hofwebsite versucht das Ehepaar Strauss zudem, ihre Betriebsphilosophie mit den bestehenden und neuen Kunden zu teilen. Für die «Wümmet» können sie auf eine treue Helferschaft aus der Region zählen. Der Schwiegervater von Pascale Strauss pflegt die Tradition des Weinverkaufes an den St. Galler-Messen OFFA (Frühlings- und Trendmesse) und Olma. Pascale und Jürg Strauss führen diese weiter und wechseln sich bei der Standbetreuung ab.
Im Sommer bieten sie Rudolf-Steiner-Schülern die Möglichkeit, das Landwirtschaftspraktikum bei ihnen zu absolvieren. Als Ausgleich zum Arbeitsalltag pflegt Pascale Strauss ihr liebstes Hobby, das Singen im örtlichen Frauenchor. «Singen hilft mir, die Herausforderungen des Alltags wieder gelassen anzugehen.»