«Es wäre schön, wenn es ein paar junge Leute gäbe, die in meiner Branche nachkommen würden. Ich gehöre mit 54 bereits zu den Jüngeren», meint Sonja Knechtle. Die Bäuerin führt auf dem Betrieb ihres Sohnes den Betriebszweig Schweine, und sie gehört einem Abferkelring an.
«Die trächtigen Sauen kommen zu mir auf den Betrieb, ferkeln ab, und nach dem Absäugen gehen sie zurück auf den Deckwartebetrieb in Schlatt im Thurgau», erklärt Knechtle. Früher hätte sie eher Freude an den Kühen gehabt, dann packte sie die Leidenschaft für die Schweine. Sie hat 16 Abferkelboxen in einem Teil des Stalls, im anderen füttert sie die kleinen Schweine auf, bis diese 25 Kilogramm schwer sind. Dann gehen sie als Jager auf Mastbetriebe.
«Wir sind ein geschlossenes System von neun Betrieben», erklärt die Bäuerin. Sie produziert ohne Label, ist aber sehr stolz, dass sie fast nie Antibiotika einsetzen muss. «Ich arbeite mit Kalk, Pflanzenkohle und Erde. Seit zwei Jahren bin ich beim Projekt Suissano dabei, einem Gesundheitsprogramm für Schweine.»
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Setzt praktisch kein Antibiotika ein bei den Schweinen
Angst vor der Afrikanischen Schweinepest hat Sonja Knechtle nicht, aber sie begegnet ihr mit dem nötigen Respekt: «Weil meine Schweine keinen Auslauf im Freien haben, ist die Ansteckungsgefahr eher gering.» Sie müsse einfach sehr gut auf die Hygiene beim Eintreten achten. Andere Schweineställe sind für sie deshalb Tabu, und Hund und Katzen bleiben ebenfalls draussen. Sauer stösst der Bäuerin auf, dass ihre Schweine nur noch ein Jahr lang gegen Tierseuchen versichert sind. «Jetzt, wo es ernst wird, steigt die Versicherung aus.» Dabei hätte sie zehn Jahre lang Prämie bezahlt und nie Leistungen beanspruchen müssen.
Der Hof von Knechtles bestand ursprünglich aus zwei Betrieben. So kommt es, dass Sonja Knechtle ganz oben am Hang, im Wohnhaus neben dem Kuhstall wohnt und ihr Sohn mit Familie etwas weiter unten, in einem Haus neben dem Schweinestall. Da hier die Schattenseite des Tals ist, herrscht Anfang März noch tiefer Winter, während auf der anderen Seite bereits der Frühling eingekehrt ist. «Von Mitte Oktober bis Ende Februar muss ich leider ohne Sonne auskommen.»
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Früh den Hof an den Sohn übergeben
Bereits vor sechs Jahren übergaben Sonja Knechtle und ihr Mann Sepp den Betrieb an ihren Sohn. Da beide damals erst um die 50 Jahre alt waren, orientierten sie sich beruflich um. «Mein Mann arbeitet jetzt als Monteur für Kälberfütterungsautomaten», erzählt die Bäuerin.
Auch Sonja Knechtle hat nebst den Schweinen noch weitere Standbeine. Eines davon ist ihre Arbeit im Coop in Appenzell. Sie arbeitet an der Kasse. «Unterdessen habe ich diese im Griff und bringe sie nach fast allen Pannen wieder zum Laufen», erzählt sie stolz. Die Arbeit bereitet ihr Spass.
Weiter ist die umtriebige Frau für die Kapelle St. Peter und Paul im Weiler Enggenhütten AI zuständig. Erst vor Kurzem wurde diese vollständig renoviert. Um dem Kirchlein, das vor allem für Taufen und Hochzeiten gebucht wird, mehr Leben einzuhauchen, machte sie während der Pandemie einen Versuch mit einer Online-Gottesdienstübertragung aus Appenzell. «Das Interesse war verhalten, darum stellte ich das wieder ein.»
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Die Bäuerin hat Freude am Schreiben
Sonja Knechtle zog vor 34 Jahren der Liebe wegen vom Bodensee ins Appenzeller Land. «Ich arbeitete in der landwirtschaftlichen Schule Flawil SG in der Hauswirtschaft und lernte meinen Mann kennen, der dort in der Ausbildung zum Landwirt war.» Um am neuen Ort rasch Anschluss zu finden, trat sie dem Bäuerinnenverband bei. Die Bäuerinnenschule samt Prüfung absolvierte sie erst nach etlichen Jahren Berufserfahrung auf dem Betrieb. «Da waren die Kinder bereits grösser und ich benötigte keinen Babysitter mehr,» meint die vierfache Mutter.
Einige Zeit war Sonja Knechtle gar Mitglied im kantonalen Vorstand. «Ich schreibe gerne und amtete deswegen als Aktuarin.» Als Autorin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands schreibt sie seit ein paar Jahren Fachartikel für die BauernZeitung. «Als ich angefragt wurde, sagte ich mir: ‹Das probiere ich!›» Das Verfassen der Texte sei eine spannende Aufgabe, aber jedes Mal mit viel Aufwand verbunden, da ihr die nötige Routine fehle. «Eine besondere Herausforderung ist es, die passenden Leute zu finden, die ich befragen kann.» Sie hat sich deshalb entschieden, mit dieser Tätigkeit aufzuhören.
In den Norden reisen
Vor zwei Jahren entdeckte Sonja Knechtle ein Wohnmobil im Internet. «Es hatte einige Jahre auf dem Buckel, aber wenig Kilometer.» Natürlich wurde das Gefährt sofort angeschaut und alles sprach dafür, es zu kaufen. «Mir war wichtig, dass es nicht müffelte und meinen Mann überzeugte der Zustand des Motors.»
Ein grosser Traum wäre es, den Norden damit zu bereisen. «Leider hat uns die Pandemie bis jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht.» Die beiden waren deshalb oft in der Schweiz unterwegs. Das sei auch schön gewesen. Wichtig sei eigentlich nur, dass sie ab und zu fortkommen. «Wenn wir hier bleiben, haben wir keine Ruhe. Man findet doch immer etwas zu tun auf einem Bauernhof.»