«Wir arbeiten halt nicht so gerne», meint Walter Bührer (54) mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Diese Aussage nimmt man dem Landwirt aus Bibern im Kanton Schaffhausen nicht wirklich ab. Er bewirtschaftet 50 ha Land, macht Lohnarbeiten, und im Stall stehen 50 Hochleistungsmilchkühe. Vor ein paar Jahren hat Bührer zusammen mit einem Nachbarn einen 18'000er-Legehennenstall gebaut. Seit klar ist, dass Tochter Sophie Bührer (21) nächstes Jahr den Hof übernimmt, wurde in die Direktvermarktung mit modernem Hofladen und in eine eigene Käserei investiert.
Die Juniorchefin züchtet Kühe, die Preise gewinnen
Auf der Wagis Farm mag man es praktisch und effizient. Der alte Milchviehstall wurde vor 30 Jahren zu einem Laufstall umgebaut. Gemolken wird mit einem DeLaval-Melkroboter. «Wir hatten einen der ersten mit Milchlabor.» Walter Bührers Zuchtstrategie lautet: optimale Kühe für den Roboter.
Vor zwei Jahren übernahm Sophie Bührer die Verantwortung für die Kühe. Ein Grossteil der Herde ist bereits in ihrem Besitz. Die Juniorchefin will Zuchterfolge feiern. Der Vater steht ihr beratend zur Seite, doch das letzte Wort beim Zukauf oder beim Besamen hat sie. An der letztjährigen Olma holte die Jungzüchterin mit Kuh Jaika Platz zwei bei den SF-Kühen. Sie ist stolz auf den Erfolg. Die Plakette hängt gut sichtbar im Hofladen über dem Tisch, an dem man als Besucherin Kaffee trinken kann.
«Ich dachte, Joghurt machen sei einfach.»
Sophie Bührer verarbeitet zehn Prozent der eigenen Milch zu Milchprodukten.
Jede Woche stellt Sophie Bührer Käse, Frischmilch und Joghurt her. «Ich dachte eigentlich, Joghurt machen sei einfach, doch dem ist nicht so», erzählt sie. Unterdessen hat sie das Produkt im Griff. Käsen hat sie auf einer Alp, noch über dem Feuer, gelernt und sofort Freude daran bekommen. Auf der Wagis Farm arbeitet sie in einem modern ausgestatteten Raum. Zehn Prozent der eigenen Milch verarbeitet sie bereits.
Zweimal eine Viertelstunde fürs Füttern
Nicht nur beim Melken und in der Milchverarbeitung setzen Bührers auf Technik, sondern auch beim Misten und Einstreuen. Ein Roboter von Joztech schiebt den Mist in Abwurfschächte, die direkt in eineGüllemulde münden. Zweimal pro Woche wird deren Inhalt zu einer Biogasanlage im nahegelegenen Thayngen SH gebracht. Der Stroheinstreuer der Firma Schauer verteilt das gehäckselte Stroh per Rohranlage direkt in den Boxen.
Stolz ist Walter Bührer auf sein Fütterungssystem: die direkte Fütterung ab Fahrsilo. «Wir benötigen morgens und abends zum Füttern nur gerade eine Viertelstunde.» Auf die Idee brachte ihn ein Berufskollege. Vor 20 Jahren musste Bührer, der ebenfalls gelernter Metallbauschlosser ist, für den Kollegen ein Fressgitter anpassen, das dieser direkt am Fahrsilo anbrachte. «Ich dachte mir, das muss ich sofort selber ausprobieren.»
«Wir mussten viel ausprobieren.»
Walter Bührer ist einer der wenigen Landwirte in der Schweiz, der ab Silo füttert.
In der Schweiz sei diese Art von Fütterung nicht sehr verbreitet. Entsprechend wenig Informationen gibt es dazu: «Wir mussten viel ausprobieren.» Als Erstes platzierte Walter Bührer die Fahrsilos um. Eines steht nun im Freien am Ende des Laufhofs, zwei andere sind in der Scheune gleich neben den Liegeboxen untergebracht und somit überdacht. Mit einer Breite von 9 m, Höhen von 2,2 m bzw. 2,50 m und einer Länge von je 18 m ergibt das insgesamt 1260 m3 Siloraum.
So funktionniert das Füttern ab Fahrsilo
Vom Mähen bis zum Einfüllen vergehen auf der Wagis Farm maximal 30 Stunden. In die Silos kommen je zur Hälfte Luzerne- und Kleegrasmischungen und Mais als Sandwich. «Beim Decken sehe ich noch Potenzial besser zu werden. Wir haben uns schon überlegt, mit Feuerwehrschläuchen statt Sandsäcken zu beschweren», meint Walter Bührer. Doch bei den Schläuchen bestehe halt immer die Gefahr, dass einer nicht dicht sei und das Gewicht nicht genüge.
Bührers wissen, worauf es bei ihrem Fütterungssystem ankommt: Damit der Vorschub 1 m pro Woche beträgt, müssen der Winkel und der Abstand zum Fressgitter genau stimmen. Um dies zu erreichen, hat der Landwirt eine eigene Konstruktion mit Scharnieren und Winden gebaut. «Es ist wichtig, dass die Kühe nicht nur direkt vom Silo fressen, sondern auch das heruntergefallene Futter», erläutert Walter Bührer. Täglich wird der Fressbereich geputzt. «Die wenigen Resten bekommen die kleinen Rinder, damit sie nebst Heu und Gras auch noch etwas Mais in der Ration haben.»
Am Fahrsilo hat es Platz fürzwölf Kühe, die Fressplatzbreite beträgt 72 cm. Weiter hat es zehn Plätze am Futtertisch mit Heu. Da die Fütterung ad libitum ist, ergibt sich daraus eine maximale Tierzahl von 55 Kühen, die Bührers mit ihrem System füttern können. «Natürlich spielt die Rangordnung mit. Zuerst gehen die ranghohen Tiere ans Silo, später dürfen auch die anderen ran», erklärt Sophie Bührer. Fragt man sie, ob sie während ihrer Lehrzeit nicht vielleicht ein anderes Fütterungssystem gesehen hat, das ihr zusagte, verneint sie. Ihr gefällt, dass es bei ihr zu Hause so schnell und günstig geht. Die gewonnene Zeit investiert sie mit viel Herzblut in den Aufbau des Hofladens und der Direktvermarktung.
Betriebsspiegel Wagis Farm
Betriebsleiter: Brigitte und Walter Bührer mit Sophie Bührer
Ort: Bibern, Schaffhausen
LN: 50 ha
Kulturen: 15 ha Kunstwiese, 14 ha Naturwiesen, 12 ha Silomais, 9 ha Getreide (Urdinkel, Weizen) wenig Raps und Sonnenblumen, 300 Hochstammbäume
Tierbestand: 50 Milchkühe (Holstein, Red Holstein undandere Rassen), 30 Aufzuchtrinder, 18 000 Legehennen (Betriebszweiggemeinschaft mit Nachbar), 10 Zebus, 2 Pferde, 2 Ponys,3 Katzen, 1 Border Collie
Milchproduktion: im Schnitt über 10'000 kg pro Kuh unter Beigabe von 2,5–4,7 kg Kraftfutter inkl. Mineralsalze und Salz, der Milchpreis beträgt zurzeit 60 Rp.
Arbeitskräfte: Chef, Chefin, Juniorchefin sowie 3 Angestellte für Hof, Hofladen und Verarbeitung
Besonderes: Produktionsstandard IP-Suisse, BTS und RAUS, 2 Photovoltaikanlagen (50 kW und 150 kW), Ölpresse (eigene Sonnenblumen und Raps), Lohnmosterei
Mehr Informationen: www.wagis-farm.ch