Die Viehzucht hat in der Region Schwyz schon seit Jahrhunderten eine grosse Bedeutung, das Schwyzer Braunvieh genoss schon immer einen hervorragenden Ruf. Bereits im Jahr 1855 seien an der Weltausstellung in Paris zwei Rinder aus dem Schwyzer Talkessel ausgestellt worden, erzählt Dominik Amgwerd. Der 67-jährige Schwyzer Landwirt beschäftigt sich seit seinen Jugendjahren mit der Viehzucht und bereits sein Vater und Grossvater züchteten Vieh. Im Rahmen des anstehenden 125-jährigen Jubiläums des Viehzuchtverein Schwyz stöberte der geschichtsinteressierte Bauer in alten Zuchtbüchern und Unterlagen und fand so manch spannende Episode.
Erfolg in Paris
Der ansprechende Verkaufserlös der zwei in Paris ausgestellten Rinder habe man damals dazu verwendet, um die erste Schwyzer Bezirksviehschau auf die Beine zu stellen. Man wollte damit den Schwung des internationalen Erfolges nutzen, um das Schwyzer Vieh noch bekannter zu machen und dadurch in der Zucht vorwärtskommen. Diese Verkaufsförderungsmassnahmen trugen Früchte, so wurde Schwyzer Vieh bis nach Amerika exportiert. Aber auch nach Spanien oder Russland wurden viele Schwyzer Tiere verkauft, die Viehhändlerfamilie Mettler aus Seewen, früher ebenfalls ein Mitglied der VZG Schwyz, waren bedeutende Exporteure von Zuchtvieh. Eine weitere Zuchtförderungsmassnahme zu dieser Zeit sei die Gründung von Viehzuchtgenossenschaften (VZG) gewesen. Die Schwyzer gründeten ihre im Jahr 1895, kurz nachdem das eidgenössische Tierzuchtgesetz in Kraft trat. 19 Schwyzer Bauern habe die VZG bei der Gründung gezählt, mit den Betrieben Gianella von der Kappelmatt und Tschümperlin vom Degenberg seien zwei davon noch heute aktive Mitglieder.
125-jähriges Jubiläum Viehzuchtverein Schwyz
Mehrmals musste die 125-Jahre-Jubiläumsausstellung verschoben werden. Am 29. März 2025, also fünf Jahre nach dem eigentlichen Jubiläum präsentieren die Schwyzer Züchter rund 360 ihrer schönsten Tiere, viele davon werden zu Fuss in Viehsenten auf den Schauplatz beim Betrieb Lücken der Familie Reichmuth aufgetrieben. Die Rangierungen starten um 9.00 Uhr, um 15.00 Uhr werden sich die Züchter mit ihrem Vieh wieder auf den Heimweg machen. Am Abend findet der grosse Unterhaltungsabend statt.
Teure Genossenschafts-Stiere
Nach und nach wuchs die Mitgliederzahl an. Die VZG Schwyz zählte um 1940 rund 140 Mitglieder und war damit eine der schweizweit grösseren Genossenschaften. Dank dieser Grösse sei es auch möglich gewesen, in wertvolle Genetik, sprich in teure Genossenschafts-Stiere zu investieren. In den 50 Jahren des letzten Jahrhunderts hätten die Schwyzer Stiere für bis zu 6000.- Franken gekauft. Überzeugten deren Nachkommen, wurden solche Munis dann sogar für fünfstellige Beträge weiterverkauft, was heute Verkaufserlösen von rund 50 000.- Franken entspreche.
Anstehen beim Muni
Einer der züchterisch wertvollsten Natursprungstiere sei der Muni Vato-Attinghausen gewesen, der als Genossenschafts-Stieres von 1956 bis 1962 auf dem Betrieb von Meiri Appert auf dem Heimet Brüelmatt stand. Die Nachkommen von Vato hätten mit einem schönen Ausdruck, formschönem Exterieur und einer guten Milchleistung überzeugt. Auch der Stier selber sei ein herrliches Tier gewesen, an der Kantonalen Leistungsschau von 1960 im Brüöl in Schwyz sei er auf dem ersten Rang gestanden. Am einem Zuger Stierenmarkt seien sage und schreibe 24 männliche Nachkommen von Vato ausgestellt worden. Die Nachfrage nach Sprüngen des Genossenschafts-Stieres war damals enorm. Die Bauern hätten ihre Kühe vorgängig anmelden müssen, denn teilweise hätte der Muni pro Tag fünf Kühe decken sollen. Zum Zug kamen dann diejenigen Züchter, welche noch keine Nachkommen und Trächtigkeiten vom Stier hatten. Auch der Vater von Dominik Amgwerd hatte mehrere starke Nachkommen von dem besagten Vato, noch heute stehen im Laufstall an der Schwyzer Schützenstrasse Tiere, die auf diese Zuchtlinie zurückgehen.
20 Kilo schweres Zuchtbuch
Zuchtbuchführer sei zu dieser Zeit ein sehr angesehenes Amt gewesen, entsprechend viele Personen hätten sich für dieses Amt jeweils beworben. In der VZG Schwyz habe die Familie Ehrler vom Grund dieses Amt von 1936 bis ins Jahr 2000 ausgeübt. Die Hauptaufgabe der Zuchtbuchführer sei das Führern der imposanten, bis zu 20 Kilogramm Zuchtbüchern gewesen. Darin wurden nicht nur die Leistungsdaten und die Benotung der Herdebuchtiere notiert, sondern ihre Abstammung auch wohin die Tiere verkauft wurden.
US-Blut eingekreuzt
Neben der Zuchtbuch-Führung war die Auswahl des Genossenschaftsstiers lange Zeit die wichtigste Aufgabe der VZG. Dafür wurde alljährlich, neben der Generalversammlung im Frühjahr, eine Herbstversammlung organisiert, wo über einen allfälligen Ankauf eines neuen Munis beraten wurde. Besonders intensiv wurden diese Diskussionen gegen Ende der 60er Jahre, wo über die künstliche Besamung Brown Swiss Genetik aus der USA in die Schweiz importiert wurde. Während sich die einen Züchter für einen Ankauf eines Stieres mit Brown Swiss Blut begeistern liessen, sprachen sich andere für einen reinen Original Braunviehstier aus. Mit dem Aufkommen der künstlichen Besamung in den 70er und 80er Jahren wurde die Stierenhaltung dann vielfach defizitär und der Genossenschaftsstier verlor an Bedeutung.
360 Tiere am Jubiläum
Heute haben sich die Wogen zwischen den Verfechtern der milchbetonten Brown Swiss Kuh und der Doppelnutzungsrasse Original Braunvieh (OB) geglättet. Nachdem um die Jahrtausendwende der Anteil vom OB seinen Tierpunkt erreichte, stieg in den vergangenen Jahren die Anzahl OB-Herdebuchttiere wieder kontinuierlich an. Bei der VZG Schwyz, oder besser gesagt dem heutige Viehzuchtverein Schwyz, liegt der Anteil der Doppelnutzungsrasse sogar bei rund 45 Prozent. Entsprechend hoch wird auch der Anteil OB an der 125-Jahr Jubiläumsschau des Viehzuchtverein Schwyz liegen.
Der 67-jährige Dominik Amgwerd bewirtschafte in Schwyz mit seiner Familie einen Landwirtschaftsbetrieb. Bereits in jungen Jahren interessierte er sich für die Viehzucht. Er setzte in seiner Zuchtarbeit insbesondere langlebigen Kuhfamilien. Einen besonderen Zuchterfolg konnte er mit seiner im Jahr 2002 geborenen Kuh Tabea feiern. Diese wurde über 20-jährig, war eine Zuchtfamilien- und dreifache Dauerleistungs-Kuh und produzierte rund 135 000 kg Milch. Dominik Amgwerd hat seinen Betrieb auf Anfang Jahr seinem Sohn Dominik Amgwerd Junior übergeben. Die Familie Amgwerd wird mit rund 25 ihrer Tiere an der Jubiläumsschau des Viehzuchtverein Schwyz ausstellen.