Um die Landwirtschaft ökologischer zu gestalten, sind griffige Massnahmen und klare Zielvorgaben gefragt. So sieht etwa der Absenkpfad Nährstoffe der AP 22+ vor, dass die Stickstoff- und Phosphor-Verluste aus der Landwirtschaft bis 2030 um 20 Prozent gesenkt werden. Bei der Frage, wo man ansetzen kann und welche Fortschritte verzeichnet werden können, kommen Agrarumwelt-Indikatoren zum Einsatz.

Daten von Betrieben sind aussagekräftiger

Beim Umweltmonitoring gibt es einerseits Daten, die auf nationaler Ebene gesammelt werden und andererseits solche, die direkt von Betrieben stammen. Schweizweite Zahlen wie etwa die Verkaufsstatistiken von Pflanzenschutzmittel (PSM) sind zwar flächendeckend verfügbar, sagen aber nichts darüber aus, was in der Praxis geschieht. Welche Mengen kommen bei welchen Kulturen zum Einsatz? Solche Angaben braucht es etwa, um das Risiko für Gewässerorganismen berechnen zu können, das von den einzelnen PSM ausgeht. Schliesslich ist das Risiko neben der Toxizität des Wirkstoffs z. B. auch eine Frage der Menge, die überhaupt aufs Feld bzw. in die Umwelt gelangt. Praxisdaten, erfasst auf Betrieben, liefert ZA-AUI.

15 Indikatoren und 300 Betriebe

Insgesamt beschäftigt sich Agroscope im Rahmen der «Zentralen Auswertung von Agrarumweltidikatoren», kurz ZA-AUI, mit  folgenden Indikatoren:

  • Stickstoff-Bilanz und potenzielle Stickstoffverluste
  • Phosphor-Bilanz und Phosphorgehalt der Böden
  • Ammoniak- und Treibhausgasemissionen
  • Energieverbrauch und -effizienz
  • Einsatz und aquatisches Risiko von PSM
  • Bodenbedeckung, Erosion, Schwermetallbilanz und Humusbilanz
  • Biodiversität

Landwirtinnen und Landwirte beeinflussen diese Indikatoren stark, in dem sie Entscheidungen für ihren Betrieb fällen. Das macht die Betriebsdaten aus der Praxis so wertvoll, bringt aber auch ein Problem mit sich: Es gibt in der Schweiz lediglich 300 Betriebe, die freiwillig bei der ZA-AUI mitmachen und beispielsweise Zahlen aus dem Feldkalender in anonymisierter Form zur Verfügung stellen. Das entspricht ungefähr einem Prozent aller Höfe und der ganzen landwirtschaftlichen Nutzfläche. Eine kleine, nicht repräsentative Stichprobe, die eine zentrale Rolle in der Untersuchung und Überwachung von Umweltwirkungen spielt, die Agrarpolitik mitbestimmt und die auch für den Agrarbericht herangezogen wird. Wie aussagekräftig ist das?

Beschränkt hochrechenbar, aber wertvoll

«Es ist korrekt, dass die Stichprobe im Vergleich zur gesamten Schweizer Landwirtschaft klein und nicht repräsentativ ist», räumt Anina Gilgen ein. Sie ist bei Agroscope für ZA-AUI verantwortlich. Das schränke die Aussagekraft in der Tat ein. Dies insbesondere, wenn es um Unterschiede in den Indikatoren je nach Region, Betriebstyp oder Kultur geht. 

Die kleine Stichprobe ist auch der Grund dafür, dass es im Agrarbericht keine Angaben zum PSM-Einsatz im Bio-Anbau oder dem Gemüsebau gibt – hierzu hat es unter den ZA-AUI-Betrieben schlicht zu wenig Beispiele. Für besser repräsentierte Kulturen wie Kartoffeln oder Getreide verrechnet man die Aufwandmenge je nach Wirkstoff mit der Anzahl Spritzungen pro Jahr und der gesamten Anbaufläche schweizweit, um einen nationalen Überblick über den PSM-Einsatz zu gewinnen.

Eine Ergänzung zu nationalen Daten

Laut Anina Gilgen ergänzen sich Indikatoren auf nationaler Ebene und auf Betriebsebene. Während erstere robuste Aussagen für die ganze Schweiz liefern, können letztere Unterschiede zwischen Betriebstypen und Regionen aufzeigen. Das zeigt sich etwa bei der Schwermetallbilanz: Betriebe mit grosser Tierdichte (mehr als 2 GVE pro ha) tragen im Schnitt deutlich mehr Kupfer in den Boden ein als solche mit weniger Tieren pro Fläche. Mit diesem Wissen kann die gezielte Suche nach den Gründen beginnen, wieso dem so ist und wieso manche Betriebe mit hoher Tierdichte trotzdem wenig Schwermetalle in den Boden eintragen.

Die Weiterentwicklung ist geplant

Die Probleme, die durch die kleine Stichprobe bei ZA-AUI auftauchen, aber auch die aufwändige Datenerhebung für Betriebsleitende und Treuhandstellen sowie die (hohen) Gesamtkosten für die Entschädigung der beteiligten Betriebe durch das Bundesamt für Landwirtschaft haben dazu geführt, dass nun eine Weiterentwicklung geplant ist.

Wie genau diese aussehen soll, dazu kann Anina Gilgen noch keine detaillierten Angaben machen. «Grundsätzlich sollen bereits verfügbare Daten so gut wie möglich genutzt werden, um zusätzliche Datenerhebungen weitestgehend zu vermeiden», erklärt sie. So will man beispielsweise auf AGIS zurückgreifen oder auf Quellen von anderen Bundesämtern als dem BLW. Auch die Fernerkundung (z. B. Satelliten- oder Drohnenaufnahmen) werden eine wichtige Rolle spielen, führt die Wissenschaftlerin aus. Was Chancen durch die Digitalisierung angeht, müssten erst noch Fragen zum Datenschutz geklärt werden 

Mehr über ZA-AUI erfahren Sie auf der Website von Agroscope

 

Ökologische Leistungen ausweisen und optimieren

Das Agrarumwelt-Monitoring, zu dem ZA-AUI gehört, ist langfristig ausgelegt und liefert Zeitreihen, um die Wirkung agrarpolitischer Massnahmen zu überprüfen. Zwar erhalten die 300 beteiligten Landwirtinnen und Landwirte eine Rückmeldung zu ihren Daten, das Ziel ist aber nicht primär die Information der Betriebsleitenden, sondern der Politik. 

Auch positive Umweltwirkungen messen

Anders sieht es beim neuen Agroscope-Forschungsprogramm Indicate aus. Damit sollen Indikatoren sowohl für positive als auch negative Umweltwirkungen von Landwirtschaftsbetrieben entwickelt werden. Die Idee ist es, etwa die Wirkung auf Biodiversität, Bodenqualität oder Stickstoff-Emissionen eines einzelnen Hofs digital messbar und für den Landwirt oder die Landwirtin einsehbar zu machen. So liefert Indicate eine Möglichkeit, Zielkonflikte sowie Verbesserungsmöglichkeiten im Betriebsmanagement aufzuzeigen.

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Im Rahmen des Projekts Indicate wird nun während vier Jahren mit der Swiss Future Farm in Tänikon als Modellbetrieb an diesen Indikatoren gearbeitet. Die Ergebnisse dürften auch in die Weiterentwicklung von ZA-AUI einfliessen.