«Die aktuellen Entwicklungen in der Milchproduktion werfen ein Schlaglicht auf eine zunehmende Diskrepanz zwischen den theoretisch festgelegten Preisen und der Realität für die Milchproduzenten», ist man bei Faire Märkte Schweiz (FMS) sicher. Das gehe aus einer Analyse hervor, die zeigt, wie weit die Praxis von den offiziellen Richtpreisen der Branchenorganisation Milch (BOM) abweiche.

Die Lage ist angespannt

«Die Lage in der Landwirtschaft, insbesondere in der Milchproduktion, ist angespannt», heisst es in einem Schreiben von FMS. Die wirtschaftliche Situation der Produzenten sei belastend, und die Entlohnung für ihre harte Arbeit stehe in einem eklatanten Missverhältnis zur Realität. Nach einer Buchhaltungsauswertung von Agroscope liege der Arbeitsverdienst pro Stunde bei einem mittleren Milchbetrieb in der Hügelzone/Bergzone I bei lediglich Fr. 10.70, ohne Berücksichtigung der Direktzahlungen.

AboWiesenmilchproduzentinnen auf dem Gang zur Weide. Welche von ihnen wird wohl in den B-Milch-Kanal liefern? «Unverständlich für uns Bauern», sagt IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder. MilchmarktB-Milch + IP-Suisse < A-MilchSamstag, 9. März 2024 Laut FMS empfinden die Bauern die jüngst vermeldete Erhöhung der Milchpreise als Farce: Denn effektiv erhielten sie viel weniger. FMS führte daraufhin eine unabhängige Untersuchung durch. Eine Übersicht über die Milchpreisabrechnungen verdeutliche die Diskrepanz zwischen den theoretischen Richtpreisen und den tatsächlich ausbezahlten Preisen. «Bei den konventionellen und IPS-Produzenten liegen die ausbezahlten Preise zwischen 11 und 20 Rappen unter dem offiziellen A-Richtpreis. Der monetäre Verlust gegenüber dem A-Richtpreis: zwischen 14 und 25 %», schreibt FMS und fordert eine Schliessung der Kluft zwischen Theorie und Realität. «FMS fordert die Abnehmer auf, ihre Milchpreise zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die ausbezahlten Preise dem von der BOM kommunizierten Richtpreisniveau entsprechen.»

SMP kennt die Sachlage bestens

Neu ist die Erkenntnis von Faire Märkte Schweiz nicht. Das bestätigt auf Anfrage auch Stephan Hagenbuch, Direktor der Schweizer Milchproduzenten: «Das mit dem A-Richtpreis franko Rampe und dem ausbezahlten Produzentenpreis ab Hof ist in der Tat eine sehr alte Geschichte», sagt er. Dazwischen liege ein Transport von offiziell 3,6 Rp. und mehr. Hinzu komme zudem der Umstand, dass verschiedene Abnehmer eine Mischung von A- und B-Milch abrechnen. «Nicht alle am Markt sind zudem imstande, den A-Richtpreis umzusetzen, das ist eine Tatsache», weiss Hagenbuch.

«Alle möchten A-Milch liefern»

Für ihn ist nachvollziehbar, dass alle Produzenten am liebsten nur A-Milch liefern möchten. Das wäre bei vollständigem Grenzschutz besser möglich, erklärt er und erinnert daran, dass dieser einem politischen Entscheid vor bald 20 Jahren zum Opfer fiel.

Im Bereich des realisierten Stundenlohns auf Milchbetrieben hat Stephan Hagenbuch eine deutliche Ansage: Hier bestehe noch viel Luft nach oben. Und: «Selbstverständlich kämpfen wir jeden Tag für einen besseren Milchpreis. Zuerst müssen wir aber die geplante A-Richtpreisanpassung am 1. Juli 2024 umsetzen.»

«B-Milch-Lieferung muss freiwillig werden»

Faire Märkte Schweiz fordert Transparenz bei der Milchpreiskalkulation und verlangt von den Abnehmern, ihre Milchpreiskalkulationen transparent zu gestalten. Zudem solle es keine Lieferungspflicht für «Dumping-Milch» geben. «FMS fordert eine Überarbeitung der Standardmilchkaufverträge, um sicherzustellen, dass die Lieferung von B-Milch freiwillig ist», heisst es weiter.