Wer für die Migros-Tochter Elsa Milch als Direktlieferant abliefert, muss bald höhere Anforderungen erfüllen. Am Donnerstagvormittag haben Lukas Barth und Stefan Gygli nach zweijähriger Vorarbeit die Details für die «nachhaltige Migros-Milch» bekanntgegeben. Die BauernZeitung hat in der Ausgabe vom 16. Februar bereits über die Lancierung berichtet.
Besonders brisant: Die Migros-Milchproduzenten müssen das Biodiversitäts-Punkteprogramm von IP Suisse übernehmen, eine Mitgliedschaft bei IP-Suisse ist hingegen nicht zwingend. Das Programm gliedert sich in freiwillige und zwingende Kriterien:
Raufutteranteil: Die Hälfte der Futterration für die Milchkühe muss aus Wiesen- und Weidefutter bestehen. 150 g Kraftfutter pro kg Milch sind maximal erlaubt.
Regionales Futter: Zusätzliches Futter soll standortangepasst produziert werden. Ausserdem sollen lange Transportwege vermieden werden. Bei einem Anteil von 90 % des gesamtbetrieblichen Grundfutters gibt es einen Nachhaltigkeits-Punkt.
Soja: Sofern Soja verwendet wird, muss es zwingend aus «verantwortungsbewusster Produktion» stammen. Der Nachweis kann beim Futtermittel-Lieferanten eingeholt werden.
Haltung: Es werden Haltungssysteme vorausgesetzt, die den Tieren Ruhe-, Bewegungs-, und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.
Namen: Jedes Kalb muss einen Namen bekommen. Als Quelle gilt der TVD-Eintrag.
Biodiversität: Jeder Milchproduzent leistet einen Beitrag zur Förderung der Biodiversität. Der Nachweis erfolgt aufgrund der Biodiversitäts-Punkte von IP-Suisse, wobei mindestens 13 Punkte erreicht werden müssen.
Antibiotika: Die Reduktion der prophylaktischen Antibiotika, wie Trockensteller etc., gehört im neuen Programm zu den freiwilligen Massnahmen.
Produzenten haben mitgewirkt
Bei der Entwicklung des Programms hat Elsa mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, Produzenten sowie Tierschutz- und Umweltschutzorganisationen zusammengearbeitet.
In einem Pilotprojekt wurde dann auch die Umsetzung der höheren Standards auf 37 Betrieben geprüft. Milchproduzent Charles Albert Schafroth war Teil dieses Pilotprojekts. In der von Migros verschickten Medienmitteilung sagt er: «Wir sind uns bewusst, dass sich die Schweizer Milch von der ausländischen für den Konsumenten unterscheiden muss, und dass ihre Vorteile klar kommuniziert werden müssen.»
Seit diesem Frühjahr sollen die Milchproduzenten der Migros die neuen Richtlinien schrittweise umsetzen. Dabei ist noch nicht klar definiert, wie hoch der Preiszuschlag für die Teilnahme am Programm ausfallen wird. Klar ist nur, dass die Elsa-Direktlieferanten den Anfang machen, das Punktesystem aber auch auf Drittlieferanten ausgeweitet werden soll.
Vor allem gut kommuniziert
Die Migros positioniert sich damit als «starker Partner der Landwirtschaft» und will mit dem Programm die Schweizer Milch als Produkt stärken.
Bei einer näheren Betrachtung der Kriterien wird aber deutlich, dass ein durchschnittlicher Milchbetrieb wenig anpassen muss. Jede Schweizer Milchkuh erhält im Schnitt nicht nur 50 sondern 70% Raufutter. Ausserdem schreibt die Tierverkehrsdatenbank (TVD) Tiernamen vor. Auch das ist also schon Standard. Die Migros leistet jedoch einen grossen Beitrag in der Kommunikation der Vorteile der heimischen Milchproduktion.
Anders sieht das bei der nachhaltigen Soja aus. Die Elsa-Lieferanten müssen (oder können) dort tatsächlich Neuland betreten. Dass ausserdem Anreize für die Antibiotika-Reduktion geschaffen werden, ist löblich.
Nadine Baumgartner