Seit der Coronaviruspandemie ist der Eiermarkt aus dem Lot geraten: Sowohl 2020 als auch 2021 war die Nachfrage nach Konsumeiern im Detailhandel aufgrund der ausserordentlichen Lage stark erhöht und die Schweizer Eierproduzentinnen und Eierproduzenten waren zum Teil nicht mehr in der Lage, die Nachfrage zu decken. Insbesondere 2020 mussten deshalb deutlich mehr Eier importiert werden, da die hiesige Eierproduktion kurzfristig nicht erhöht werden konnte.
Berg- und Talfahrt im Eiermarkt
Mittel- und längerfristig steigerten die Produzenten die Zahl der Legehennen aber und bauten die Produktion aus, um die überdurchschnittlich hohe Nachfrage zu befriedigen. Seit dem Ende der Pandemie verkauft der Detailhandel aber deutlich weniger Eier und seitdem eilt die zuvor erhöhte Produktion der Nachfrage voraus. Um die Lager abzubauen, werden überschüssige Eier aufgeschlagen und zu Eiprodukten verarbeitet sowie weniger Verarbeitungseier importiert. Ausserdem versuchen die Eivermarkter mit längeren Leerzeiten, einer Reduktion der Tierzahl im Stall bis hin zu Vertragskündigungen auf die Überproduktion und die angespannte Marktlage zu reagieren.
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Massnahmen kommen teuer zu stehen
So wurden laut der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten GalloSuisse 2022 im Rahmen der Marktentlastungsmassnahmen des Bundes total 55,7 Millionen Konsumeier zu Eiprodukten verarbeitet oder in Aktion verkauft. «Die Menge ist – wie bereits im vergangenen Jahr – so hoch wie noch nie», erklärt GalloSuisse-Geschäftsleiter Raphael Zwahlen. Gemessen an der Gesamtproduktion seien knapp 5 Prozent der Eier aufgeschlagen oder verbilligt worden und da Eier in noch nie dagewesenem Ausmass aufgeschlagen oder verbilligt wurden, habe auch der Kredit, um die Kosten auszugleichen, bei Weitem nicht ausgereicht. Der für die Aufschlagaktionen gesprochene Kredit von 1,5 Millionen Franken sei um gut 2,4 Millionen Franken überschritten worden. In der Folge wurden die auszubezahlenden Beiträge bei den Produzentinnen und Produzenten gekürzt – und zwar je Gesuchsteller um 61,8 Prozent.
Der Kredit für Verbilligungsmassnahmen von 500’000 Franken für Aktionen wurde ebenso überschritten – es fehlten knapp 102’000 Franken. Hier mussten die auszubezahlenden Beiträge deshalb je Gesuchsteller um 16,9 Prozent gekürzt werden.
Eierproduktion nur minim rückläufig
Das neue Ausmass der Marktentlastungsmassnahmen habe sich exemplarisch in der ersten Aufschlagaktion vom 22. April bis 27. Mai 2022 widerspiegelt, sagt Raphael Zwahlen. «In dieser Aktion wurden sage und schreibe 16,3 Millionen Eier aufgeschlagen – über zweieinhalb Mal mehr als 2021 als 6,4 Millionen Eier aufgeschlagen wurden», erläutert er. Ausserordentlich hoch seien die saisonalen Überschüsse auch in der zweiten Aufschlagaktion gewesen, welche vom 5. August bis 21. Oktober 2022 dauerte. In diesem Zeitraum seien 27,4 Millionen Eier aufgeschlagen worden. Zum Vergleich: In der Vorjahresperiode wurden laut GalloSuisse 21,4 Millionen und im Jahr 2020 gar «nur» 11,9 Millionen Eier aufgeschlagen.
Zwar liege die Inlandproduktion letztes Jahr gemäss Schätzung des Kompetenzzentrums der schweizerischen Geflügelwirtschaft Aviforum in Zollikofen mit 1’131 Millionen Eiern um 14,2 Millionen Eiern und damit 1,24 Prozent tiefer als im Vorjahr. «Dennoch vermochte der Markt nicht ausgeglichen zu werden und dies trotz verlängerter Leerzeiten, reduzierter Tierzahlen und gar Kündigungen von Produktionsverträgen», erklärt Raphael Zwahlen.
Aufschlags- und Verbilligungsaktionen
Bei einem saisonalen übermässigen Angebot können von den zuständigen Stellen für den Eiermarkt im Rahmen der rechtlichen Vorgaben in der Eierverordnung befristete Verwertungsmassnahmen – sogenannte Marktentlastungsmassnahmen – beschlossen werden, um Preiseinbrüche zu verhindern. So richtet der Bund pro aufgeschlagenem und verbilligtem Ei einen Beitrag aus. Die Organisation der Marktentlastungsmassnahmen für Eier erfolgt durch das Bundesamt für Landwirtschaft.
Besserung kommt schleppend
Bei 1,1 Milliarden Eiern pro Jahr legen Schweizer Hühner im Schnitt über 3 Millionen Eier pro Tag. Hochgerechnet haben die Hühner in der Schweiz letztes Jahr also nur an fünf Tagen keine Eier gelegt. Massnahmen wie verlängerte Leerzeiten oder weniger Tiere im Stall scheinen also erst bedingt zu wirken. So würden die Vereinbarungen zu den verlängerten Leerzeiten zwischen sogenannten ABOs – Abnehmerorganisationen, in denen Produzenten mit gleichem Abnehmer zusammengeschlossen sind – und Abnehmern und Händlern gemacht und könnten der Marktlage situativ angepasst werden. Und es gebe keine Hinweise, dass den Massnahmen nicht Folge geleistet würde, sagt der GalloSuisse-Geschäftsleiter.
Ausserdem sei auch die Vorlaufzeit von rund 1,5 Jahren entscheidend, meint Raphael Zwahlen: «Bis eine Erhöhung oder Reduktion der Eierproduktion vollständig abgeschlossen ist, dauert es über ein Jahr.» So wurde die Planung für die diesjährige Eierproduktion bereits 2021 gemacht und bezieht nicht nur die Legehennenbetriebe mit ein, sondern auch die Brütereien. «Bis die Anpassungen auf allen Ebenen greifen, dauert es darum seine Zeit», erklärt der GalloSuisse-Geschäftsführer. Und grundsätzlich würden die Marktentlastungsmassnahmen ja bereits Wirkung zeigen – wenn auch langsam. Laut «Kükenstatistik» des Aviforum, in der unter anderem erhoben wird, wie viele Küken zu Legehennen ausgebrütet werden, sei die Produktion auch für 2023 rückläufig. «Der Härtetest folgt dann aber in den traditionell absatzschwachen Sommermonaten», meint Raphael Zwahlen abschliessend.