Subventionen – das Wort tönt nach Bedürftigkeit. Als Landwirt(in) hört man es deshalb, verständlicherweise, nicht gerne. Besonders vor den Abstimmungen im Juni ist es aber oft gefallen. Als Definition von Subventionen im Duden steht: «zweckgebundener, von der öffentlichen Hand gewährter Zuschuss zur Unterstützung bestimmter Wirtschaftszweige».
Um den Unterschied von Subventionen und Direktzahlungen (DZ) zu verstehen, muss man in die Geschichte der Agrarpolitik eintauchen. Aber um es gleich vorweg zu nehmen: Auch DZ sind eine Art von Subventionen.
Dahinter stehen historische Gründe
Der höchste Anteil bei den DZ ist der Versorgungssicherheitsbeitrag. «Das ist eigentlich die Grundlage der ganzen schweizerischen Landwirtschaftspolitik», sagt der Ökonom Mathias Binswanger im Interview. Vor dem Ersten Weltkrieg habe man vor allem bei Getreide die Produktion in der Schweiz mehrheitlich aufgegeben und auf Importe gesetzt. Während des Krieges entstand aber eine Knappheit. Man habe sich dann zum Ziel gesetzt, dass sich sowas nicht wiederholen dürfe und die Schweiz bis zu einem gewissen Ausmass unabhängig bleiben müsse, sagt er.
Interview: «Die Landwirtschaft in der Schweiz zu erhalten, ist ein Entscheid gegen den Markt»
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Was ist der Unterschied zwischen Direktzahlungen und Subventionen?
Mathias Binswanger: Direktzahlungen sind nicht an ein Produkt gekoppelt. Ursprünglich hat man gewisse Produkte, zum Beispiel Milch, subventioniert. Die Idee der Direktzahlungen ist, dass man nicht im Markt ins Preissystem eingreift, sondern stattdessen direkte Zahlungen an die Betriebe macht. Direktzahlungen sind genau genommen aber auch Subventionen. Nur sind sie heute so begründet, dass jeder Zahlung eine Leistung entgegensteht.
Die Schweizer Landwirtschaft erhält ungefähr drei Milliarden Franken pro Jahr in Form von Direktzahlungen, rentiert die Landwirtschaft denn nicht?
Rein wirtschaftlich gesehen: Nein. Weil man fast alle landwirtschaftlichen Produkte viel billiger im Ausland kaufen kann. In der Schweiz ist die Wertschöpfung in der Landwirtschaft um die 30 000 Franken im Jahr, im Finanzsektor beispielsweise sind es 300 000 Franken im Jahr, also zehnmal mehr. Dass wir die Landwirtschaft in der Schweiz erhalten, ist eigentlich ein Entscheid gegen den Markt. Aber aus guten Gründen! Wegen der Versorgungssicherheit, des Erhalts der Kulturlandschaft, der Biodiversität, des Tierwohls und so weiter.
Warum hört man als Landwirt oder Landwirtin das Wort «Subventionen» nicht gerne?
Der Bauer oder die Bäuerin würde natürlich gerne von den Produkten leben, die er oder sie erzeugt. Nur ist das nicht möglich, weil die Landwirtschaft in der Schweiz nicht mehr konkurrenzfähig wäre, wenn wir sie dem Markt überlassen würden. Die Produkte wären zu teuer.
Was würde passieren, wenn es keine Direktzahlungen mehr geben würde?
Dann würde die Landwirtschaft schnell verschwinden. Dies, weil die ganz grosse Mehrheit der Landwirtschaftsbetriebe nicht überleben könnte ohne Subventionen.
Die Schweiz gibt im Vergleich mit anderen Ländern mehr Geld aus für die Landwirtschaft, warum?
Das stimmt. Aber man sollte die Schweiz mit Ländern vergleichen, die eine ähnliche Topografie haben und ähnliche Preise haben. Japan und Norwegen in etwa sind solche Länder und diese haben ein ähnlich hohes Niveau an Subventionen. Man kann die Schweiz nicht mit den Niederlanden vergleichen, wo es flach ist und man riesige Betriebe hat. In einer Berglandwirtschaft braucht es mehr Subventionen, weil man weniger produktiv ist.
Ist in der Bevölkerung zu wenig bekannt, was dieBauernbetriebe alles leisten?
Ja, sicher. Es ist auch zu wenig bekannt über die Marktsituation. Für die Konsumentin oder den Konsumenten sieht es vielleicht so aus, als bekäme der Bauer viel Geld vom Staat und er müsse dann selbst noch viel für die Lebensmittel zahlen im Vergleich zu anderen Ländern. Die Realität ist aber, dass der grösste Teil der Wertschöpfung bei den Lebensmitteln nicht mehr auf dem Bauernhof erzielt wird, sondern im Handel. Ein immer kleinerer Teil vom Franken, der eine Konsumentin für Lebensmittel ausgibt, landet tatsächlich beim Bauern oder bei der Bäuerin. Das gilt ins-besondere auch für Biopro-dukte.
Kritik an der Subventionspolitik
Jahrelang wurde die Landwirtschaft unter anderem mit produktgebundenen Subventionen unterstützt. Diese führten aber zu Überschüssen (z. B. Milch). Mit der Kontingentierung konnte dieses Problem mehr oder weniger gelöst werden, aber die Subventionspolitik in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern wurde von der WTO (damals Gatt) zunehmend kritisiert.
Die DZ kamen in den Neunzigerjahren ins Spiel, wo wegen dieses äusseren Drucks mit der Einführung des Ökologischen Leistungsnachweises die Subventionen nicht mehr an die Produkte gekoppelt wurden, sondern an die Fläche oder Tierzahl. Ein weiterer Schritt war die Einführung der AP 14–17. Mit ihr stellte man fortan die Zahlungen in Zusammenhang mit bestimmten Leistungen wie z. B. der Erhaltung der Kulturlandschaft. In der Statistik des Bundes laufen die DZ unter Subventionen.
«Subventionen sind nichts Schlechtes»
«Subventionen sind nichts Schlechtes», hält Bernard Lehmann fest. Er hat zuerst beim SBV, dann als Professor für Agrarökonomie an der ETH Zürich und schlussendlich als Direktor des BLW die ganze Entwicklung mitgeprägt. «Die Unterstützung der Landwirtschaft ist gewollt und wurde so demokratisch entschieden.»
Landwirtschaft und Ernährung machen etwa 4,2 % der Gesamtausgaben des Bundes aus. Dazu gehören die DZ, die Produktions- und Absatzförderung sowie die Grundlagenverbesserung und Sozialmassnahmen.