In den Ladenregalen liegen meist wenige, allseits bekannte Apfelsorten. In der Schweiz gibt es aber deutlich über 1000 verschiedene Sorten. Und gerade die alten, meist vergessenen Sorten sind weit mehr als nur Nostalgie. Sie sichern mit ihrer genetischen Vielfalt die Züchtungen der Zukunft, die an Klimaveränderungen, Schädlinge, Krankheiten und weitere äussere Einflüsse angepasst sein müssen.
Alte Sorten erhalten und nutzen
Der Erhalt und die Beschreibung von solchen alten Sorten sind deshalb wichtig. Ohne Erhalt sind die Genressourcen für immer verloren, ohne Beschreibung ist nicht bekannt, wie und ob die alten Sorten eingesetzt werden können. Aus diesem Grund ist in der Schweiz die Apfel-Kernsammlung gestartet worden. Es geht dabei nicht um Apfelkerne, sondern um eine Kernsammlung (Core Collection).
Während 6 Jahren werden dazu an drei verschiedenen klimatischen Standorten in der Schweiz ausgesuchte Apfelsorten angebaut. Dabei werden die Äpfel auf ihre Eigenschaften hin untersucht. Welche Eigenschaften weist die Frucht auf? Sind sie resistent oder tolerant gegen Pflanzenkrankheiten? Solche Fragen sollen Aufschluss darüber geben, wie die alten Sorten genutzt werden können.
Die Zucht von Apfelsorten ist aufwändig. Äpfel sind selbststeril, d.h. sie können sich nicht selbst befruchten, sondern benötigen den Blütenstaub einer fremden Sorte. Pflanzt man die Kerne eines daraus entstehenden Apfels, hat er deshalb nicht mehr dieselben Eigenschaften wie die Ursprungssorte. Um eine Sorte zu erhalten und zu vermehren, muss diese deshalb gepfropft (veredelt) werden. Bei den daraus entstehenden Bäumen handelt es sich um Klone. Bis eine neue Sorten Früchte hervorbringt, dauert es mehrere Jahre.
Aus 3000 wurden 1300
Um die Core Collection zu erstellen, wurden 3125 Apfelsorten in der Schweiz gesammelt. Über molekulare Marker wurde festgestellt, dass eine grosse Anzahl davon Duplikate sind, wie es in der Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau heisst. Es handelt sich also um dieselben Sorten, die unter verschiedenen Namen bekannt sind. Übrig blieben gut 1300 Sorten, die mittels Verwandtschaftsanalysen in 330 Gruppen unterteilt wurden. Aus jeder Gruppe wurde eine Sorte für die Kernsammlung ausgewählt. Zusammen mit ausgewählten Referenzsorten umfasst die Sammlung damit 358 Sorten.
Um die Sorten unter verschiedenen klimatischen Bedingungen zu untersuchen, sind sie auf drei Standorte verteilt. In Grabs SG ist die Obstbauernfamilie Vetsch für die Sammlung zuständig, in Conthey VS Agroscope und der Kanton Wallis, in Wädenswil die ZHAW. In Wädenswil werden die Äpfel biologisch bewirtschaftet. Gepflanzt wurden die Sorten in Wädenswil und Grabs im Jahr 2019, in Conthey 2020.
Effizientere Züchtung erhofft
In einer ersten Phase untersuchen die Betreuerinnen und Betreuer die Sorten auf ihre Frucht- und Baumeigenschaften (phänotypische Merkmale). In einer zweiten Phase wird betrachtet wie resistent und tolerant die Sorten gegenüber Schädlingen und Krankheiten sind. Im sechsten und letzten Jahr des Projektes werden hochauflösende Erbprofile aller angepflanzten Sorten erstellt. Laut SZOW erlauben es diese Profile, molekulare Marker zu finden, die zusammen mit den gewünschten Eigenschaften vererbt werden. Damit sollen die Effizienz der Selektion in der Apfelzüchtung gesteigert werden können und so rasch als möglich neue Sorten bereit stehen.
Finanziert wird das Beschreibungsprojekt vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), angesiedelt ist es bei der Professur Molekulare Pflanzenzüchtung der ETH Zürich.