„Das vergangene Jahr hat uns den Klimawandel deutlich vor Augen geführt“. Mit diesen Worten eröffnete Vorstandsmitglied Jakob Widmer die 51. Mitgliederversammlung des Internationalen Mais- und Informationsrings (IMIR), die dieses Jahr in Aesch BL stattfand. Der Klimawandel begleitete die Anwesenden aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz durch die gesamte Tagung.
Hitze und Trockenheit kostet Ertrag
„Wir konnten 2018 mit einer frühen Saat starten, was sehr erfreulich war“, berichtete Jakob Widmer, der einen Ackerbaubetrieb in Rickenbach im Kanton Zürich führt. Doch habe der heisse und trockene Sommer spätestens im Herbst seine dunkle Seite gezeigt: „Aufgrund des langen, teils sehr heissen Sommers konnten wir bereits früh ernten. Doch die Gesamterträge lagen zehn bis 15 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten Jahre und das mit sehr grossen Schwankungen. Zudem waren die Trockensubstanzgehalte sehr hoch“, führte Widmer weiter aus. Daher stelle sich die Frage: „Was wird 2019 bringen?“
Mesurol steht auf der Kippe
Dieses Jahr wird die Mesurol-Beize sicher ein wichtiges Thema für die Maisproduzenten sein, betonte Hubert Sprich, IMIR-Geschäftsführer aus Deutschland. Wie bekannt steht die Zulassung der Maisbeize gegen Insekten und Vogelfrass auf der Kippe. „Es ist noch unklar, ob Mesurol im Laufe dieses Jahres in Deutschland und der Schweiz verboten oder eventuell doch verlängert wird“, so Sprich. Doch für die anstehende Saat stehe vorerst nichts im Wege. Welchen Herausforderungen sich Maisbauern dieses Jahr stellen müssen, könne man nicht prognostizieren.
Zucht gegen Trockenstress
„Wir sehen einen klaren Trend zu trockenem und heissem Wetter“, berichtete Pascal Schopp, Maiszüchter der KWS in Einbeck (D). Man müsse mit mehr Dürre, mehr Hitze und extremeren Schwankungen rechnen. Anhand einer Karte von Südwestdeutschland demonstrierte Schopp wie sich das Klima seit 1960 veränderte. Zwischen 1960 und 1990 zeigte sich durchschnittlich weniger Trockenstress als heute. „In den letzten paar Jahren spielt Trockenstress allerdings eine zunehmend wichtigere Rolle“, so Schopp. In 80 Jahren müsse man mit einem Temperaturanstieg von bis zu 3°C rechnen. Die Maispflanzen reagierten vor allem in der Blüte sensibel auf Trockenstress. In diesem Stadium wird die Befruchtung verzögert oder gar gestört, erklärte der Saatgutspezialist. Grundsätzlich muss man bei der Züchtung aber unterscheiden, wie die einzelnen Hybridsorten auf Hitze und Wassermangel vor, während und nach der Blüte reagieren, um den Ertrag bei extremen Klimabedingungen möglichst stabil zu halten. Bis allerdings trocken- und hitzestresstolerante Sorten auf den Markt gelangen, vergehen sieben Jahre. „Züchter müssen also bereits jetzt schon wissen, was sie in sieben Jahren auf den Markt bringen“, so Schopp. Im vergangenen Jahr brachte die KWS erste trocken- und hitzetolerante Maissorten mit einer um 5% höheren Ertrags-Stabilität in Süd-Ost Europa (Rumänien, Ungarn, Kroatien, Bulgarien) unter der Bezeichnung CLIMA CONTROL3 auf den Markt.
Mehr Intelligenz ab 2020
Die Zukunft bringt uns nicht nur Wetterextreme, sondern auch intelligentere Systeme, diese prognostizierte Florian Abt, vom Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg und Verantwortlicher für das Datenmanagement bei der Swiss Future Farm. „Zukünftig werden autonome Maschinen mit selbstlernender Sensorik über den Acker fahren. Sie werden Krankheiten früh erkennen und Düngemittel effizienter einsetzen.“ Das wäre laut Abt ab zirka 2020 zu erwarten. Dennoch bringen diese Maschinen auch grössere Herausforderungen mit sich. Landwirte müssen mehr dokumentieren, die Vernetzung der Geräte und Maschinen muss problemlos funktionieren, die Betriebsmittelkosten werden steigen und man wird auf externe Dienstleister angewiesen sein.
Vieles was derzeit diskutiert wird ist noch nicht praxisreif, so Abt. Als Beispiel nannte er die teilflächenspezifische Stickstoffdüngung mit digitalen Verfahren. Ziel ist eine genaue N-Applikation und ein automatisiertes Monitoring des Stickstoffsbedarfs mittels Luftbild-, Satellitenbild und Felddaten. Damit möglichst viel Stickstoff durch die Pflanzen fixiert und möglichst wenig über Auswaschung und Denitrifikation in die Umwelt verloren geht. Allerdings sieht Herr Abt bis zur Praxiseinführung hier noch weiteren Forschungsbedarf. Praxisreif sind aus seiner Sicht Verfahren zur teilflächenspezifischen Maisaussaat. Hier wurde auf der Swiss Future Farm in Tänikon TG bereits die ersten Geräte mit hydraulischer Schardruckregelung, die den Schardruck entsprechend der Bodenverhältnisse für jede Reihe automatisch und individuell anpassen, erfolgreich geprüft. Auch im Bereich des Digitalen Datenmanagement werden grosse Fortschritte gemacht. Die Dokumentation, Auswertung und Zusammenlegung von Betriebsdaten zur deutlich effizienteren Anbau-, Arbeits- und Maschinenplanung steht ebenfalls kurz vor der Praxisreife, wobei das Datenmanagement auch vor dem Hintergrund von Wetterextremen ständig weiterentwickelt werden muss, konstatierte Florian Abt.
„Bis diese komplexen digitalen Systeme die Breite der Betriebe erreichen, vergeht noch einiges an Zeit. Aktuell zerbrechen sich viele Bauern stärker den Kopf, was das Wetter dieses Jahr für die Landwirtschaft mit sich bringt. Ich wünsche uns allen für 2019 gleichmässige Niederschläge und eine optimale Temperaturverteilung“, sagte Jakob Widmer zum Abschluss der diesjährigen Tagung des Mais- und Informationsrings.
Katrin Erfurt und Dr. Hubert Sprich