«Wer ist der Hauptkonkurrent im Detailhandel?» Diese Frage stellte Stefan Meierhans am Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach BL. Dort referierte der Preisüberwacher zum Thema «Was ist die Herausforderung der Landwirtschaft in der gegenwärtigen Marktstruktur?» Oft stelle er diese Frage auch direkt einzelnen Detailhändlern. Zum Beispiel Migros oder Coop. Und da bekomme er stets die gleiche Antwort: «Es ist der Einkaufstourismus. Und zwar auch für die deutschen Detailhändler wie Lidl und Aldi, die in der Schweiz Fuss gefasst haben», so Meierhans. Oft sei es dem Konsumenten wohl egal, woher das komme, was er da als Fertigprodukt konsumiere. «In meinem Verständnis ist es den Konsumenten nicht wirklich wichtig, welcher Schinken jetzt genau im Weggli ist, oder woher das kommt, was da auf der Pizza ist», so der Preisüberwacher.
Relativ grosser Grenzschutz
Relativ rasch geht Stefan Meierhans in seinen Ausführungen zum Grenzschutz über und dort scheint seine Haltung klar. «Wir haben nach wie vor einen relativ grossen Grenzschutz in der Schweiz.» Da stelle sich die Frage wer davon profitiere. «Der Bund hat Zolleinnahmen im dreistelligen Millionenbereich», weiss der Preisüberwacher. Aber auch die vor- und die nachgelagerten Stufen würden vom System profitieren. Jene, die Produktionsmittel verkaufen, aber auch der Detailhandel könnten indirekt vom Grenzschutz profitieren.
Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gehen drei Viertel der Einnahmen aus dem Grenzschutz an vor- und nachgelagerte Betriebe. Also blieben nur 25% beim Bauern. Anders sehe es bei den Direktzahlungen aus. Diese würden zu 100% beim landwirtschaftlichen Produzenten landen. «Das sind OECD-Zahlen und nicht meine», relativiert Meierhans seine Einstellung und kommt zum Schluss, «dass wir marktverzerrende Renten haben und die volkswirtschaftliche Effizienz der gegenwärtigen Marktsituation höchst zweifelhaft ist».
Bauern sind nicht einverstanden
Mit seinen Ansichten im Bereich des Grenzschutzes zeigen sich die anwesenden Landwirte in Sissach nicht einig. Die Importe seien zu billig und ein fallender Grenzschutz werde dafür sorgen, dass gewisse Produktionszweige komplett verschwinden werden. In diese Kerbe schlägt auch der Bauernverbandspräsident Markus Ritter, der zwar am Anlass nicht anwesend war, aber zusammen mit Meierhans zur Schule ging, wie dieser am Anlass berichtet. Sie hätten auf dem Pausenplatz allerdings nicht über die Landwirtschaftspolitik diskutiert, erinnert sich der Preisüberwacher schmunzelnd. Für ihn steht fest: «Ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir konstruktiv über das geltende Marktsystem nachdenken.» Für ihn sind die 10 Milliarden Franken, die mit Einkaufstourismus jedes Jahr durch Schweizer im Ausland ausgegeben werden, Anreiz genug, um das geltende System zu überdenken.
2000 Beschwerden pro Jahr
Stefan Meierhans bekommt jährlich rund 2000 Beschwerden aus der Bevölkerung. Zum Beispiel: «Können Sie mir sagen, wieso der spanische Apfel so teuer ist?» Da stelle sich auch für ihn unweigerlich die Frage, wie verlässlich der Konsument in seiner Geisteshaltung sei? «Die neuen Zahlen der Fluggesellschaft Swiss zeigen, dass letztes Jahr viel mehr geflogen wurde, als das Jahr zuvor. Ja, was will er jetzt dieser Konsument», fragt Meierhans und erinnert an die Klimabewegung. Oder anders gefragt: «Wenn die Konsumenten am Montagnachmittag um vier Uhr im Aldi sind, stehen dann die Arbeitsbedingungen der Bauern und die kleinstrukturierte Landwirtschaft noch im Zentrum, oder was ist dann wichtig?»
Auch Stefan Meierhans zieht am Dienstagnachmittag in Sissach die Bauern in die Verantwortung, auf die Konsumenten zuzugehen. «Ihnen obliegt die Holpflicht, und zwar das abzuholen, was dem Konsumenten Kummer bereitet.» Der Beitrag des Preisüberwachers für die Landwirtschaft sei, die Bauern, wie alle anderen, kostenseitig zu entlasten und zu unterstützen. Für alle anderen Anliegen sei er aber nicht zuständig.