Das schlechte Wetter war dieses Jahr in aller Munde und stellte unter anderem den Acker- und Gemüsebau vor grosse Herausforderungen. Auch die Schweizer Zuckerrüben sind dieses Jahr nicht so gut gewachsen wie in anderen Jahren: Die Aussaat sei noch normal verlaufen, allerdings hätten die kalten Frostnächte im Frühling die noch jungen Pflanzen beeinträchtigt und im Juli habe die Nässe zu Wachstumsstillstand und wegen überschwemmter Felder zum Teil sogar zu Totalausfällen geführt, erklärt Guido Stäger, CEO der Schweizer Zucker AG: «Das Wetter war aber nicht durchwegs schlecht für die Rüben – im Vergleich zu den Vorjahren mit starker Trockenheit war dieses Jahr etwas ausgeglichener, in praktisch allen Regionen aber dennoch zu nass.»
Die Nässe habe sich in der Folge stark auf den Ertrag und den Zuckergehalt ausgewirkt. Der schöne Herbst habe zwar noch einiges kompensieren können, insbesondere sei der Zuckergehalt noch angestiegen. Im Vergleich zum oft gesunden und kräftigen Kraut, konnten bei der Ernte darunter dann aber doch nur mittelmässig grosse Rüben ausgegraben werden. Immerhin hatten die Rübenpflanzerinnen und -pflanzer dieses Jahr weniger mit Viröser Vergilbung oder dem Syndrome Basses Richesses (SBR) zu kämpfen – der Krankheitsdruck bei den Zuckerrüben war allgemein weniger ausgeprägt als in anderen Jahren.
Unterdurchschnittliche, aber keine miserable Ernte
Nach diesem herausfordernden Sommer rechnet die Schweizer Zucker AG nun mit einer leicht unterdurchschnittlichen Ernte für dieses Jahr. Während der aktuellen Zuckerrübenkampagne wurden bisher gut 600’000 Tonnen Rüben verarbeitet. Die im Werk in Frauenfeld angelieferten Rüben wiesen im Durchschnitt 17 Prozent Zuckeranteil auf – ein Prozent mehr als die in Aarberg verarbeiteten Rüben. Gemäss aktuellen Schätzungen soll es schlussendlich rund 210’000 Tonnen Zucker geben. «Angesichts der schwierigen Wachstumsbedingungen ist das gar kein so schlechtes Ergebnis», meint Guido Stäger. Trotzdem übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich: In der Schweiz werden jährlich rund 320’000 Tonnen Zucker gebraucht. Die Schweizer Zucker AG kann davon rund zwei Drittel abdecken, der Rest muss mit Importen abgedeckt werden: «Importiert werden einerseits Rüben aus Deutschland, aber auch fertiger Zucker vorwiegend aus der EU», erklärt der CEO.
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«Wir brauchen mehr Rüben»
Die Anzahl der Rübenproduzentinnen und -produzenten hat in den letzten Jahren gelitten. 2021 waren es noch knapp 4’000 Schweizer Rübenpflanzerinnen und -pflanzer – knapp 300 weniger als noch im Vorjahr. Das hat selbstverständlich Auswirkungen auf die beiden Zuckerwerke. In beiden Werken könnten mehr Rüben verarbeitet werden, gibt Guido Stäger zu bedenken: «Die fehlenden Anbauflächen wirken sich auch auf die Produktivität der Fabrik aus – wir brauchen wieder mehr Rüben.» Die Schweizer Zucker AG unternehme viel, um die Landwirtinnen und Landwirte wieder vom Zuckerrübenanbau zu überzeugen. Die jetzt wieder bis 2026 gesicherten politischen Rahmenbedingungen würden helfen, da sie eine grosse Planungssicherheit garantierten und es sich auch finanziell wieder lohne, Rüben anzupflanzen. «Wir sind sehr froh, hat die Politik den Handlungsbedarf erkannt und die Stützungsmassnahmen für die Rübenpflanzer um weitere fünf Jahre verlängert – wir erhoffen uns dadurch auch, dass wieder vermehrt Zuckerrüben als Anbaukultur gewählt werden», meint Guido Stäger.
Bessere Rahmenbedingungen
Schweizer Zucker, der rund 30 Prozent nachhaltiger angebaut werde als Importzucker, sei gefragt und in Krisenzeiten sei es nie ein Fehler, den Selbstversorgungsgrad hochzuhalten, ergänzt der CEO weiter. Die aktuelle Preispolitik unterstützt dieses Vorhaben oder zeichnet zumindest einen positiven Trend: Der Zuckerpreis auf dem Weltmarkt und in der EU habe sich zusammen mit den meisten anderen Ackerfrüchten deutlich erholt, erklärt Guido Stäger. Das habe positive Auswirkungen auf den Verkaufspreis von Schweizer Zucker und die Interprofession Zucker habe deshalb auch beschlossen die Rübenpreise für 2022 um 4 Schweizer Franken pro Tonne Rüben zu erhöhen.
Daneben bleibe die Vereinbarkeit von nachhaltigem und ökologischem und trotzdem wirtschaftlichem Zuckerrübenanbau eine Herausforderung. Das Verbot des Insektizids «Gaucho» zur Saatgutbehandlung bleibt im Gegensatz zur EU in der Schweiz bestehen. Natürlich sei das Beizmittel «Gaucho» ein sehr effektives Mittel gewesen – jetzt gelte es aber nach vorne zu schauen und alternative Lösungen zu finden, wie die viröse Vergilbung mit ökologischeren Massnahmen angegangen werden könne, meint Guido Stäger: «Die Forschung läuft auf Hochtouren und wir sind optimistisch – wir alle wollen umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel, aber die Zuckerbranche muss auch wirtschaftlich arbeiten können.» Dazu gehöre auch, dass genügend Rüben wachsen und hier müsse der Hebel angesetzt werden. Das gelte sowohl für den Zuckerrübenbauern als auch für die Fabriken.
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