Schäden durch Baumwanzen sind in den letzten Jahren in der Landwirtschaft immer mehr zu einem Thema geworden. «Die einheimischen Baumwanzen sorgen jedoch kaum für wirtschaftliche Schäden», sagte Urs Müller an einer Informationsveranstaltung am Versuchsbetrieb Obstbau im thurgauischen Güttingen. Bei den Schädlingen handelt es sich vielmehr um invasive Arten wie die Marmorierte Baumwanze.

Erstmals aufgetaucht ist diese 2004 beim Chinagarten in Zürich. «Man geht davon aus, dass die Tiere zusammen mit Pflanzen, die für den Garten bestimmt waren, aus China eingeschleppt worden sind», so Müller, Leiter des Versuchsbetriebs.

Trockene Jahre haben zur Verbreitung beigetragen

Anfänglich wurde die Marmorierte Baumwanze in Städten wie Zürich und Basel nachgewiesen, hauptsächlich auf Trompeten- und Blauglockenbäumen, bei denen es sich ebenfalls um invasive Arten handelt. 2017 tauchte sie erstmals auch im Kanton Thurgau auf. Gerade hier fand das Insekt ein Eldorado: Sowohl die Larven in den fünf Entwicklungsstadien wie auch die ausgewachsene Wanze ernähren sich mit Vorliebe von Früchten und Gemüse. Dabei stechen sie mit ihrem Rüssel in die Frucht und injizieren gleichzeitig einen Stoff, der das Fruchtfleisch flüssiger macht.

In der Folge entstehen steinige Zellverbände. Beeren, Früchte und Gemüse werden dadurch unverkäuflich. «Wirtschaftlich bedeutende Schäden wurden bisher an Birnen, Zucchetti, Peperoni und Auberginen festgestellt», stellte Urs Müller fest. Die eher trockenen letzten Jahre hätten zudem die Verbreitung weiterer Wanzenarten begünstigt. So etwa der Rotbeinigen Baumwanze, die eigentlich im Wald heimisch ist. 2018 kam es im Thurgau weit verbreitet zu Wanzenschäden. «Praktisch alle Birnen waren zerstochen», sagte Müller. «Uns war klar, dass es schnell Lösungen braucht.»

Mehr Wissen ist gefragt

Um Baumwanzen zu bekämpfen, braucht es umfassendes Wissen über ihre Biologie. Daher hat das BBZ Arenenberg, unter anderem in Zusammenarbeit mit Agroscope, Grundlagen wie etwa Eiablage, Lebenszyklen und Fressgewohnheiten untersucht. «Dies war jedoch nicht so einfach, weil Wanzen sehr agil und schwierig zu fangen sind», hielt Urs Müller fest. Dies sei insofern auch ein Problem, da Wanzenschäden nur schwer einer bestimmten Art zugeordnet werden können. Hier hilft es, wenn man weiss, in welchen Lebenszyklen sich eine Wanzenart im Verlauf des Jahres befindet.

Mit ihrem Chitinpanzer sind Wanzen sehr robust. Die Angriffsfläche für die Bekämpfung ist daher relativ klein. Diese ist praktisch nur bei den Larvenstadien 1 und allenfalls 2 möglich. Die zurzeit zugelassenen Insektizide sind nur zu maximal 50 Prozent wirksam. «Es hat sich gezeigt, dass derzeit ein Mix aus verschiedenen Massnahmen am wirksamsten ist», so Müller. Bereits wurden Erfahrungen mit alternativen Strategien gemacht:

Netze:Werden die Seitennetze von Obst- und Beerenkulturen mit Insektennetzen verstärkt, kann so der Wanzeneinflug reduziert werden. Nachteil: aufwendig.

Lockmittel: Es gab schon Versuche, die Marmorierte Baumwanze mit Mais oder Peperoni anzulocken und auf diese Weise vom Obst abzuhalten. Nachteil: aufwendig.

Nützlinge: Wie die Marmorierte Baumwanze wurde auch ihr Parasit, die Samuraiwespe, eingeschleppt. Sie hat sich bereits in Teilen der Schweiz ausgebreitet. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die Population Marmorierter Baumwanzen in den letzten zwei Jahren teilweise zurückgegangen ist. Die Samuraiwespe gezielt auszusetzen ist jedoch nicht erlaubt, da die Folgen nicht abzuschätzen sind.

Fallen: Bisher mangelte es an der Wirksamkeit von Fallen, weil die Wanzen den Weg wieder herausfinden. Zurzeit laufen nun in Güttingen Versuche mit Kieselgur, welches die Insekten lähmt. Erste Resultate sind erfolgversprechend.