Das «Jagdgesetz» heisst eigentlich Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel. Sein Zweck ist daher nicht nur, die Jagd zu regulieren. Es geht genauso um den Schutz wildlebender Tiere. In der Zweckformel des Gesetzes steht aber auch, dass die durch Wildtiere verursachten Schäden an Wald und Landwirtschaft auf ein tragbares Mass zu begrenzen seien. Diese Zielsetzung macht einen Spagat nötig zwischen Umweltschutz, Landwirtschaft und Jagd. Entsprechend viel Gesprächsstoff liefert das Jagdgesetz und nach drei Motionen und einem Postulat läuft nun die Teilrevision davon. Es melden sich die üblichen Akteure zu Wort.
Bestandesregulierung statt einzelner Abschüsse
Am meisten zu reden gibt ein Artikel, der auf Grund der Motion von Stefan Engler (CVP Graubünden) neu eingefügt werden soll. Damit soll die Bestandesregulierung geschützter Tierarten erlaubt werden, wobei Wolf und Steinbock explizit miteingeschlossen sind. Bisher war nur der Abschuss einzelner Individuen gesetzlich zugelassen. Der Bundesrat hat im Sinne des Schutzes gefährdeter Tierarten vorgesehen, dass dies nur möglich sein soll, falls ein «grosser Schaden» droht oder eine «konkrete Gefährdung» besteht.
Nach dem die Urek (Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie) des Nationalrates darüber beraten hat, sieht der Vorschlag anders aus: Bereits «verhaltensauffällige» Tiere gefährdeter Arten sollen gejagt werden dürfen. Dies, auch wenn keine Schutzmasssnahmen ergriffen worden sind. Ein Bündnis verschiedener Umweltverbände (ProNatura, BirdLife und WWF) tut seinen Unwillen kund; damit seien «Abschüsse auf Vorrat» möglich. Die Grünen pflichten dem bei.
Wer entscheidet über einen Abschuss?
Ein weiterer Zankapfel ist, dass die Entscheidungsgewalt über einen Abschuss bei den Kantonen alleine liegen soll. Die Zustimmung des Bundes wäre dazu nicht mehr nötig. Vorgeschrieben ist lediglich eine «Anhörung des Bundesamts für Umwelt». Es ist bekannt, dass Wolfsgegner und -befürworter sich in bestimmten Kantonen ballen. So nahm im Februar die Urner Bevölkerung eine symbolische Initiative des kantonalen Bauernverbandes an: Dem Kanton wurde die Verfassungskompetenz zur Bestandsregulierung von Grossraubtieren erteilt (was bereits gesetzlich so geregelt ist und keinen Effekt in der Praxis hat, daher der reine Symbolwert dieser Initiative). Typischerweise sind es die betroffenen Kantone, die den Wolf strenger regulieren wollen. In Zukunft könnte es also für einen Abschuss ausreichen, wenn man sich innerhalb eines Kantons und nicht auf Bundesebene einig ist.
Zu "regulierende" Arten
Auch dem Bundesrat soll ein Alleingang ermöglicht werden: Vorgeschlagen ist, dass er alleine neue Tierarten zur Liste der zu «regulierenden» hinzufügen kann. Eine Absprache mit dem Parlament wäre nicht mehr nötig. Dazu gibt es ebenfalls Kritik von Umweltverbänden. Man befürchtet, gefährdete Arten könnten durch diese Kompetenzkonzentration zum «Spielball einzelner Nutzergruppen» werden.
Einen Wolf zum Abschuss freizugeben, könnte also deutlich einfacher werden. Ein Referendum von grüner Seite (Umweltverbände und die grüne Partei) ist bereits in den Startlöchern, falls der Nationalrat in der kommenden Beratung keine Anpassungen vornimmt. Ob damit allen drei Zielbereichen des «Jagdgesetzes» genügend Rechnung getragen wird, kann und wird diskutiert werden.
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