Die Kommunikation von Bio-Suisse hält sich beim Thema «Tierzucht» zurück. Allgemein setze man auf robuste Tierrassen, biete Samen von ausgewählten Biostieren an und versuche, die Entkoppelung der Produktionszweige Mast und Eier in der Hühnerzucht rückgängig zu machen, heisst es. Dass im Widerspruch dazu die überwiegende Mehrheit der auf Biobetrieben gehaltenen Nutztiere –vermutlich fast zwei Drittel der Milchkühe und wohl über 90% der Schweine und Hühner – aus einseitiger Hochleistungszucht stammt, ist den Biobauern nicht zu verargen. Wie alle Bauern sind auch sie starken wirtschaftlichen Zwängen unterworfen und das Angebot an spezifischen «Bio-Rassen» ist gering. Für diese Sachzwänge wird denn auch jedermann Verständnis haben.

«Aus den Augen, aus dem Sinn»

Unverständlich ist aber, weshalb Bio-Suisse das Spermasexing verbietet. Diese unschädliche und ethisch nicht zu beanstandende Technologie würde das Erzeugen unwillkommener männlicher Kälber einseitiger Hochleistungsrassen unnötig machen. Bio-Suisse lehnt das ab, lässt aber gleichzeitig zu, dass ein erheblicher Teil dieser unerwünschten Biokälber zu konventionellen Mastbetrieben abgestossen werden. Nach dem Motto «Aus den Augen, aus dem Sinn».

Unverständlich ist auch, weshalb Bio-Suisse die extreme Legehennen-Hochleistungszucht internationaler Geflügelzuchtunternehmen unterstützt. Deren Hybridtiere legen schon heute 300 und mehr Eier im Jahr und werden danach – ausgebrannt – geschlachtet. Ziel ist nun, die Legeleistung gar auf 400 bis 500 Eier zu erhöhen. Dabei ist es bereits heute extrem schwierig, die hohen Ansprüche solcher Tiere mit von Bio-Suisse zugelassenen Futtermitteln zu decken.

Drei bis vier Mal mehr Futter

Da der Verband darüber hinaus die Geschlechtserkennung im Ei ablehnt, müssen die männlichen Küken ausgebrütet und von den Biobauern ausgemästet werden. Eine fragwürdige Sache, denn diese zur Mast völlig ungeeigneten «Bruderhähne» benötigen drei bis vier Mal mehr Futter als konventionelle Masttiere. Entsprechend teuer und schwer verkäuflich im Laden ist ihr Fleisch. Die «ethische» Begründung von Bio-Suisse dafür ist Unsinn. Jede Güterabwägung würde den Transport der «Bruderhähne», deren Handling und Töten im Schlachthof als deutlich belastender für den Organismus bezeichnen als das Entsorgen eines Eies mit einem wenige Tage lang angebrüteten Ei.

Die bittere Wahrheit schleckt keine Geiss weg: Bio-Suisse setzt aus rein wirtschaftlichen Gründen auf Hochleistungs-Legehennen, obwohl für das Label «Bio» das Zweinutzungshuhn optimal wäre.