Während der Aufzuchtphase generieren Rinder für ihre Halter keine Erlöse, stossen aber bereits Emissionen aus. Eine längere Nutzungsdauer verbessert daher die Effizienz der Milchproduktion hinsichtlich Klimawirksamkeit und Wirtschaftlichkeit, heisst es in einem Bericht von Agroscope und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Heute werden laut den Forschenden Kühe in der Schweiz generell zu wenig lange genutzt.
Landwirte entscheiden nicht unabhängig
Agroscope und FiBL sind der Frage nachgegangen, weshalb Schweizer Milchkühe vor dem ökonomischen und ökologischen Optimum geschlachtet werden. Zwar würden die Landwirt(innen) letztlich diese Entscheidung treffen, dabei gehen sie aber nicht unabhängig vor: «Ihre Entscheidungen werden von strukturellen Rahmenbedingungen beeinflusst», stellen die Autoren fest. Diese Rahmenbedingungen wiederum entstehen durch das Zusammenwirken verschiedener Akteure in der Milchbranche.
Von Tierarzt bis Detailhandel
Die Studie hat anhand von Interviews zusammengetragen, wer auf welche Art zu einer längeren Nutzungsdauer von Milchkühen in der Schweiz beitragen könnte bzw. wo in dieser Hinsicht Ressourcen vorhanden wären.
Zuchtverbände: Informationen über Züchtung, Daten über Kühe, Rassenentwicklung, Zusammenarbeit mit Tierärzten und Genetikern, Zuchtwerte und Auszeichnungen.
Verwaltung: Monetäre Instrumente, Vorschriften, TVD.
Tierärzt(innen): Wissen über Herdengesundheit, Vertrauen der Klienten, Zusammenarbeit mit Zuchtverbänden.
Landwirt(innen): Wissen über Produktion und die eigenen Kühe.
Ausbildung: Wissen über Herdenmanagement und Züchtung.
Beratung: Wissen über Rinder- und Kälbergesundheit, häufiger Kontakt zu Landwirten (z. B. Besamer).
Molkereien und Detailhandel: Milchpreise.
Jeder glaubt, wenig bewirken zu können
«Obwohl alle Akteursgruppen mehr der weniger starke Möglichkeiten zur Beeinflussung der Nutzungsdauer haben, haben sie den Eindruck, als Einzelne keinen Einfluss nehmen zu können», so die Beobachtung der Forschenden. Aus diesem Grund sei keine schnelle Änderung der durchschnittlichen Nutzungsdauer zu erwarten.
Beschleunigend wirken könne aber ein Zusammenschluss von Landwirt(innen), die gemeinsam bessere Rahmenbedingungen für eine längere Nutzungsdauer fordern. Aktuell würden z. B. die Verordnung zur Verwendung von Antibiotika und die Regelungen bzw. Preisreduktionen für hohe Zellzahlen in der Milch tendenziell in die andere Richtung wirken. Dasselbe gilt gemäss Studie für hohe Fleischpreise, zusätzliche Kosten für eine tierärztliche Beratung zur Herdengesundheit und der Fokus auf den Zuchtfortschritt von Seiten Landwirten und Zuchtverbänden.
Es bräuchte alle gleichzeitig
Weil sich der finanzielle Vorteil einer längeren Nutzungsdauer nur durch eine komplexe Analyse zeigen lässt, halten die Forschenden einen Zusammenschluss von Landwirten wie oben beschrieben für unwahrscheinlich. Zu einer raschen Verlängerung der Nutzungsdauer von Milchkühen könnte es ihrer Meinung nach nur dann kommen, wenn alle relevanten Akteure gleichzeitig ihre Bemühungen verstärken.