Die Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürichs und Pro Natura Zürich planen im Naturschutzgebiet «Drumlinlandschaft Zürcher Oberland» ein grösseres Aufwertungsprojekt. Auf dem Gemeindegebiet von Wetzikon sollen rund 14 000 m³ Boden abgetragen werden, um artenreiche Ried- und Magerwiesen zu schaffen.

Was stört Sie daran, dass die Zürcher Fachstelle Naturschutz und Pro Natura das Naturschutzgebiet Drumlinlandschaft Zürcher Oberland aufwerten?

Martin Streit: Wir sind nicht gegen die Aufwertung von Flächen in Naturschutzgebieten, wie es der Kanton Zürich im Falle der Drumlinlandschaft plant. Wir prangern jedoch den Umgang mit der Verwertung des Bodens an. Geht es um Abhumusierung, wird die Bodenverwertung meist privaten Unternehmen übertragen. Diese Firmen haben laut den gesetzlichen Vorgaben unbelastete Böden zur Bodenverwertung der Landwirtschaft zuzuführen. Wir bezweifeln, dass das immer der Fall ist. Für die Firmen ist es lohnender, diese Erde dem Gartenbau zuzuführen oder Firmen, die Sackerde herstellen.

Gibt es diesbezüglich keine Aufsichtspflicht?

Theoretisch schon, mit Lieferscheinen – aber Papier ist ja bekanntlich geduldig, und 800 Lieferscheine zu kontrollieren, ist nicht realistisch. Wir gingen auch schon vor Ort und fragten die Lastwagenfahrer, wo sie die Erde abladen. Dabei wurden auch Deponien genannt. Wir haben die Fachstelle Naturschutz auch schon direkt gefragt, wo die abhumusierte Erde hingeht. Bis zur einigermassen befriedigenden Antwort dauerte es rund drei Monate. Ich muss davon ausgehen, dass die Fachstelle noch während den Bauarbeiten keine Übersicht hatte, was mit dem Boden passiert. Wir haben den Umgang mit Bodenverwertungen schon mehrfach mit der Fachstelle Naturschutz angesprochen. Aber leider ändert sich nichts.

Was sagen die Bewirtschafter zu den Plänen des Kantons?

Das Naturschutzgebiet Drumlinlandschaft ist im Eigentum von Kanton und Pro Natura. Ein kleiner Teil gehört zudem einer Privatperson. Die Flächen werden heute von Landwirten genutzt. Sie haben diese extensiven Wiesen auch für die Direktzahlungen angemeldet. Ich habe bei den betroffenen Bewirtschaftern nachgefragt. Sie haben zwar vom Projekt einmal gehört, kennen aber keine Details. Sie wissen nicht, welche Auswirkungen auf sie zukommen. Auch wurden sie als Direktbetroffene nicht über die öffentliche Auflage orientiert. Die Fachstelle Naturschutz unterlässt es zum wiederholten Mal, betroffene Bewirtschafter vorgängig, verständlich und zeitnah über Projektschritte zu informieren.

Können sich die Bewirtschafter dagegen wehren?

Die Landwirte haben drei Wochen Zeit für eine Einsprache. Bei Bedarf werden wir die Landwirte selbstverständlich unterstützen. Wir vom ZBV fordern für Projekte dieser Dimension, dass vor der Baubewilligung ein bewilligtes landwirtschaftliches Bodenaufwertungsprojekt vorliegen muss. Nur so kann garantiert werden, dass der fruchtbare Boden in der näheren Umgebung der Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung gestellt wird.

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Sind Abhumusierungen nicht generell abzulehnen, weil die Bauernfamilien mit überdurchschnittlich vielen Biodiversitätsförderflächen, Gründüngungen und Grünen Brücken dafür schauen, dass die Böden klimaresilienter werden?

Abhumusierung zur ökologischen Aufwertung innerhalb von Naturschutzflächen entspricht dem Grundsatz «Qualität vor Quantität». Diesem Grundsatz lebt auch der Zürcher Bauernverband nach. Sollen aber Fruchtfolgeflächen abhumusiert werden, wie es der Kanton Zürich leider auch plant, lehnen wir das entschieden ab. Beim Projekt Drumlinlandschaft kann man aber zu Recht hinterfragen, ob über 800 LKW-Fahrten für den Aushub aufgrund des CO²-Ausstosses ökologisch vertretbar sind.

«Kritik trifft nicht zu», sagt Katharina Weber von der Baudirektion

Auf Nachfrage der BauernZeitung nimmt Katharina Weber von der Medienstelle der Baudirektion des Kantons Zürich Stellung zum Vorwurf, die Bewirtschafter seien zu wenig informiert worden. «Wir weisen diese Kritik zurück, denn sie trifft nicht zu. Der Naturschutzbeauftragte hat im Auftrag der Fachstelle Naturschutz alle Bewirtschafter der Flächen des Kantons und von Pro Natura persönlich über das geplante Projekt informiert. Er hat ihnen dabei auch kommuniziert, dass die Wiederherstellung der Riedwiese Änderungen für die Bewirtschaftung bedeutet und dass die Bauarbeiten voraussichtlich in diesem Jahr stattfinden», schreibt Weber.

Zum Thema Bodenverwertung, präzisiert sie: «Dass der Boden für eine Aufwertung in der Nähe verwertet werden kann, ist der Idealfall. Allerdings muss dafür auch ein Aufwertungsprojekt in der Nähe zur gleichen Zeit zur Ausführung bereit sein, was nicht immer der Fall ist. Die rechtlich vorgeschriebene Bodenverwertung muss gewährleistet sein. Für Auflagen, die darüber hinausgehen, gibt es keine gesetzliche Grundlage.»

Auch prüfe der Kanton zurzeit die Möglichkeit, abgetragenen Boden seiner Bauprojekte für eigene Bodenaufwertungsprojekte zu nutzen. «Der Kanton strebt eine lokale Verwertung, möglichst in der Nähe des Abtragungsorts, an. In diese Richtung wirken auch die marktwirtschaftlichen Kräfte, denn kurze Transportwege kosten weniger. Ein Unternehmen, das den Boden in der Nähe verwertet, kann somit einen tieferen Preis offerieren», so Katharina Weber abschliessend.

Nora Hug, Co-Geschäftsleiterin von Pro Natura Zürich, vermerkt zur Aufwertung Drumlinlandschaft: «Die Leitung dieses Projekts liegt bei der kantonalen Fachstelle für Naturschutz. Gemäss unserer Wahrnehmung wurde das Projekt sehr fundiert geplant und die Massnahmen sind sinnvoll und zielführend.»