Man habe Daten des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen analysiert, schreibt Public Eye in einer Reportage. Die Zahlen stammt aus dem Jahr 2017, neuere seien nicht verfügbar. Die Kontrolle umfasste damals 1940 Produkte aus dem Ausland, die «aufgrund eines Verdachts oder risikobasiert» ausgewählt worden seien.
In 10 Prozent der importierten Lebensmittel
Laut Public Eye fand das BLV in 10 Prozent aller 2017 kontrollierten importierten Lebensmittel Rückstände von Pestiziden, die in der Schweiz verboten sind. Werden die erst kürzlich verbotenen Wirkstoffe Carbendazim, Chlorpyrifos und Chlorothalonil in die Rechnung mit einbezogen, steigt der Anteil auf fast 20 Prozent.
Was ist mit Schweizer Produkten?
Zu den Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln aus Schweizer Produktion gibt es vom BLV aktuelle Zahlen von 2019. Es handelt sich um eine Vorstudie, in der 155 Proben von importierten wie auch inländischen Produkten untersucht wurden.
Zwar wurden in dieser Vorstudie sowohl in Import- wie auch Schweizer Lebensmitteln Rückstände von Pestiziden festgestellt, sie lagen aber bis auf zwei Ausnahmen (Chlorpyrifos in importiertem Fisch, Biphenyl in Schweinefett schweizerischer Herkunft) unter dem jeweiligen Rückstandshöchstgehalt.
Das BLV betont in den Schlussfolgerungen:
- Die Vorstudie sei wegen der geringen Anzahl Proben nicht repräsentativ
- Unter Einbezug der vom Labor angegebenen Unsicherheiten der Messungen seien auch die beiden oben erwähnten Lebensmittel mit überschrittenen Grenzwerten «bei üblicher Anwendung der Bestimmungen als konform beurteilen«
- Auch wenn Rückstandshöchstgehalte überschritten würden, sei dies «nicht zwingend» ein Gesundheitsrisiko. Die Mehrheit dieser Werte seien weit unter der aus toxikologischer Sicht gefährlichen Konzentration angesetzt
- Auch eine Mischung mehrerer Pestizid-Rückstände sei keine Gefahr, solange die Konzentrationen jeweils unter den Höchstwerten lägen
Teilweise über den Grenzwerten
In einem Fünftel der Proben von Importware mit Rückständen überstiegen deren Konzentrationen gemäss Public Eye die gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Das entspricht etwas mehr als zwei Prozent aller im Rahmen der Studie «auf Verdacht oder risikobasiert» kontrollierten Lebensmittel.
Werden zu hohe Rückstände festgestellt, ergreifen die kantonalen Vollzugsbehörden Massnahmen. Wenn nötig werden Importeure oder Hersteller angezeigt, zitiert Public Eye das BLV.
Zwei Drittel enthalten Rückstände in geringer Menge
Für in der Schweiz nicht (mehr) zugelassene Wirkstoffe gilt 0,01 Milligramm pro Kilo als Grenzwert in Lebensmitteln. Früher war das die tiefste messbare Konzentration, mittlerweile können weitaus geringere Mengen nachgewiesen werden.
Der Grenzwert ist trotz verbesserter Analysetechniken derselbe geblieben. Ein Lebensmittel kann also Pestizid-Rückstände enthalten und trotzdem als konform gelten.
Laut Public Eye traf das auf zwei Drittel der 2017 geprüften Lebensmittel zu.
SBV kritisiert Wettbewerbsverzerrung
Der Schweizer Bauernverband sei besorgt um die Gesundheit der Konsumenten wie auch der betroffenen landwirtschaftlichen Arbeiter in den Produktionsländern. Dass im Ausland Lebensmittel unter weniger strengen Vorschriften als in der Schweiz produziert und anschliessend hierzulande billiger als im Inland Hergestelltes verkauft werde, sei Wettbewerbsverzerrung.
Aus der Schweiz und zurück in die Schweiz
Public Eye betont eine gewisse Ironie: Viele der am häufigsten in importierten Lebensmittel gefundenen Wirkstoffe würden nämlich vom Basler Agrochemie-Konzern Syngenta produziert und teilweise aus der Schweiz exportiert.
Kritik an der «Doppelmoral»
Um die Doppelmoral im Umgang mit hochgefährlichen Wirkstoffen zu beenden, müssten diese nach Meinung von Public Eye «endlich weltweit vom Markt genommen werden».
In diesem Zusammenhang wird auch erwähnt, dass das BLV «auf Begehren» eine Einfuhrtoleranz festlegen kann. Dann gelten für bestimmte Produkte höhere Grenzwerte für Pestizid-Rückstände. Dies mache man beispielsweise für Wirkstoffe, die wegen ihrer Risiken für den Anwender in der Schweiz verboten seien. Public Eye schreibt, solche Einfuhrtoleranzen würden meist vom europäischen Recht übernommen und kämen auf Druck der Pestizid-Hersteller zustande.