Vor fast zwei Jahren hatte das Parlament die Agrarpolitik ab 2022 (AP 22+) auf Eis gelegt und eine Langzeitperspektive verlangt, die auch Themen wie Ernährungssicherheit und Food Waste beinhalten sollte. Der Bundesrat legte diesen Bericht im Sommer 2022 vor.
Der Ständerat stimmte der Agrarpolitik im Dezember 2022 zu, und auch die Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) unterstützt die Vorlage jetzt. Neue Klimaziele will sie den Bauern nicht setzen. Sie will die Auswirkungen der 2021 beschlossenen verschärften Vorschriften für den Einsatz von Pestiziden abwarten.
Anträge für Klima, Biodiversität und Klima
SP, Grüne und GLP hingegen wollen mit Minderheitsanträgen unter anderem einen Absenkpfad für Treibhausgase und einen Ausbaupfad für das Tierwohl ins Landwirtschaftsgesetz schreiben.
Die Landwirtschaft soll ihre Emissionen demnach gegenüber dem Stand von 1990 bis 2030 um 20 Prozent, bis 2040 um 30 Prozent und bis 2050 um 40 Prozent senken. Zudem will die Minderheit besonders tierfreundliche Produktionsformen fördern. Wirken die Massnahmen nicht genug, muss der Bundesrat spätestens 2030 handeln.
Auch Beiträge für besondere Leistungen für Biodiversität sowie an die Kosten der Beratung im Bereich Biodiversität lehnt die Mehrheit ab. Die rot-grüne Minderheit will auf der Linie des Bundesrates bleiben und diese Beiträge ermöglichen.
Beiträge an besonders klimafreundliche Betriebe oder die vom Bundesrat ebenfalls neu beantragten Gelder für die Förderung der Tiergesundheit lehnt die Mehrheit ebenfalls ab. Der Ständerat hatte die beiden Punkte aus der Vorlage gestrichen. Nach seinem Willen hat der Bundesrat festzulegen, welche Produktionsformen gefördert werden.
«Hörnerfranken» erneut auf dem Tapet
SP, Grüne und GLP wollen einen neuen Anlauf nehmen für einen «Hörnerfranken». Bei den Beiträgen an besonders tierfreundliche Grossvieh-Produktionsformen sollen die höheren Kosten für die Haltung behornter Tiere berücksichtigt werden. Erst im Herbst 2022 hatte der Nationalrat eine Motion für einen Hörnerfranken beerdigt.
Bei der Ernteversicherung will die Mehrheit den Bauern wie der Ständerat unter die Arme greifen. Der Bundesrat soll Beiträge von bis zu 30 Prozent an die Prämien privatwirtschaftlicher Ernteversicherungen bezahlen können. Voraussetzung ist, dass die Versicherung grossflächige Schäden wie Frost oder Trockenheit abdeckt. Die rot-grüne Minderheit lehnt diese Beiträge ab.
Einverstanden ist die WAK-N damit, Direktzahlungen an Landwirte an den persönlichen Sozialversicherungsschutz für regelmässig im Betrieb mitarbeitende Personen zu knüpfen. Das können zum Beispiel Ehegatten sein sowie Partnerinnen und Partner.
Umstrittene Mitsprache bei der Zulassung
Neu geregelt werden soll im Landwirtschaftsgesetz auch die Verbandsbeschwerde gegen die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Die WAK-N will die Mitspracherechte einschränken, um die Verfahren abzukürzen: Umweltverbände sollen nur bei erstmaligen Bewilligungen und bei gezielten Überprüfungen mitreden können.
SP, Grüne und GLP hingegen wollen dem Ständerat und dem Bundesrat folgen und die Mitspracherechte der Umweltverbände weiter fassen. Ergänzend zum Ständerat will die WAK-N zudem eine Bestimmung für den Einsatz von Nützlingen gegen Schädlinge ins Gesetz einfügen.
Die voraussichtlich mehrstündige Debatte zur AP 22+ beginnt am Mittwochnachmittag (8. März 2023). Auch am Donnerstagvormittag will sich die grosse Kammer noch Zeit für die Vorlage nehmen.