Auch über 15 Jahre nach dem Bau des Alberswiler Pionier Milch Betriebs (APMB) 2008 sind die Dimensionen dieser Betriebsgemeinschaft (BG) noch immer eindrücklich: Diese umfasst 100 ha Land, davon sind 60 ha offene Ackerfläche (30 ha Mais, 15 ha Weizen, 9 ha Raps, 5 ha Gerste). Hauptbetriebszweig ist die Milchwirtschaft mit rund150 Holstein-Kühen. Diese werden in drei Robotern gemolken, die jährliche Milchmenge umfasst gut 1,5 Mio Kilo Industriemilch für ZMP/Emmi.
Hofübergaben stehen an
Zweites Standbein ist seit 2015 aufgrund der damaligen Unsicherheiten bei der Milchwirtschaft die Pouletmast. Im 1100 m2 grossen Stall werden in 8,5 Umtrieben Hühner für die Bell gemästet. «Pro Umtrieb wachsen hier 40 t Pouletfleisch», erklärt Sepp Häfliger, einer der vier Partner. Bewirtschaftet wird die Gemeinschaft durch drei Betriebsleiter und einen teilzeitlich tätigen Partner sowie einen Mitarbeiter, insgesamt rund 350 Stellenprozente. «Aber wir schaffen mehr als gemäss Normalarbeitsvertrag», sagt Sepp Häfliger und lacht.
Nun stehen die vier – bei der Gründung 2008 waren es noch fünf – Partner der Betriebsgemeinschaft in den nächsten Jahren vor der Pensionierung. Häfliger ist mit 59 Jahren der Zweitälteste. Bereits Anfang 2024 startete der Generationenwechsel, Sepps Sohn Ueli wird als neuer Gesellschafter einsteigen, «dann werde ich zum Mitarbeiter». In den nächsten Jahren steht auch bei den weiteren Partnern die Nachfolgeregelung an.
Anspruchsvoller Übergang
«Nun müssen wir schauen, dass wir die BG so erhalten und weiterführen können.» Heute seien die Partner ein eingespieltes Team, die Übernehmer müssten sich nun neu finden. Es gebe im Rahmen des Generationenwechsels nun viele offene Fragen und Herausforderungen. Häfliger erwähnt beispielhaft den Umgang mit der Arbeitsbelastung und Mitspracherechte der Jungen.
Geprüft wird auch eine Investition in eine landwirtschaftliche Biogasanlage. Die Wirtschaftlichkeit müsse aber zusammen mit den Nachfolgern noch vertieft geklärt werden.
Interdisziplinäre Beratung
Die APMB war deshalb sehr offen und interessiert, als sie von Agridea als Musterbetrieb für einen Weiterbildungskurs für Berater angefragt wurden. Zwei Teams erarbeiteten Mitte Dezember einen Tag lang mögliche Lösungsvorschläge für die Betriebsübergaben, anstehende Investitionen und für die Weiterentwicklung der Betriebsgemeinschaft. Der zum dritten Mal durchgeführte Kurs FarmXchange setze auf interdisziplinäre Zusammenarbeit von Beraterteams, zumal die Fragen bei so komplexen Gebilden wie bei dieser BG sehr umfassend seien, meinte Gregor Albisser von Agridea.
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Nur zusammen stark
Die Betriebsleiter konnten dabei zu bearbeitende Themen selber eingeben. Am Abend präsentierten die beiden Teams ihre Vorschläge, diese wurden ihrerseits von einer Jury beurteilt. Sepp Häfliger schätzte es, dass auf individuelle Bedürfnisse eingegangen wurde, und die Berater hätten viele Impulse und Anregungen vermittelt, die nun von den Partnern weiter zu besprechen seien. «Wir fühlen uns abgeholt und bestärkt in unseren Vorstellungen.» Allerdings seien auch viele Fragen offen geblieben. Wichtig sei, dass die künftigen Hofnachfolger motiviert für die Übernahme seien. «Wir möchten zusammenbleiben, denn nur zusammen sind wir stark.»
Über 15 Jahre Erfahrung mit der Betriebsgemeinschaft
Zusammenarbeit gab es bei den Landwirten aus dem luzernischen Alberswil schon lange vor der heutigen Betriebsgemeinschaft. So wurden Maschinen gemeinsam angeschafft und 1999 bauten fünf Landwirte eine grosse Fahrsiloanlage und schlossen sich dafür zu einer Silogemeinschaft zusammen. Stichworte wie ungünstige Lage der Betriebe im Dorf, anstehende Investitionen, Existenzsicherung oder mehr Lebensqualität führten dann zur Idee, eine gemeinsame Milchproduktion an einem neuen Standort aufzubauen.
Das wurde mit Agridea in einer Machbarkeitsstudie näher untersucht. 2006 wurde eine Absichtserklärung für eine Betriebsgemeinschaft unterzeichnet, ein Jahr später nach Vorliegen aller Bewilligungen die APMB gegründet. Im August 2008 wurde der Neubau bezogen. Seither wurde laufend optimiert und durch die Pouletmast diversifiziert. Sie hätten mit der Betriebsgemeinschaft gute Erfahrungen gemacht, erzählt Sepp Häfliger. Anfänglich sei es zwar nicht einfach gewesen, aufgrund der grossen Komplexität dieser BG. «Heute möchte aber keiner zurück, es läuft gut, und auch wirtschaftlich sind wir gut aufgestellt.» Vor allem der Einstieg in die Pouletmast habe finanziell viel gebracht. Ohne Betriebsgemeinschaft wären sie heute wohl kaum mehr Bauern, aufgrund der Entwicklungen seither wären ihre damaligen Landwirtschaftsbetriebe heute nicht mehr existenzfähig. Mit der Gründung der BG hätten sie allerdings auch viel Eigenständigkeit aufgegeben und sich vertraglich eng aneinander gebunden, erzählt Häfliger.