Nach vier Jahren und über 16 Sessionen ist nun ein neues Parlament in anderer Zusammensetzung am Ruder. Es, genauer gesagt der Nationalrat, wird gleich am ersten Tag der diesjährigen Wintersession über die Motion Friedli beraten. Sie verlangt eine Verschiebung der Pflicht zu 3,5 Prozent Biodiversitätsflächen im Ackerbau (Acker-BFF) um ein Jahr auf 2025 und ist im Ständerat bereits angenommen worden.
«Jetzt ist es zu spät»
Das Inkrafttreten dieser Vorschrift wenige Wochen vor dem geplanten Datum zu stoppen, stösst auch innerhalb der Landwirtschaft auf Widerstand. Bio Suisse und IP-Suisse haben sich beide dagegen ausgesprochen, da sich viele Landwirt(innen) bereits auf die Acker-BFF eingestellt und entsprechende Massnahmen getroffen hätten. «Jetzt ist es zu spät», so die Meinung der Labelorganisationen.
Der Bundesrat lehnt die Verschiebung der 3,5 Prozent ebenfalls ab und stellt gleichzeitig in Aussicht, die Umsetzung und die Praxistauglichkeit der Massnahmen 2024 zu evaluieren, den Handlungsbedarf und – falls nötig – Anpassungen zu prüfen.
Umstrittene Getreide-Importe
Ähnlich umstritten wie die Motion Friedli ist jene von Ständerat Hansjörg Knecht (SVP, AG). Sie will vereinfacht gesagt eine Regelung für den Import von Weizen wieder einführen, die es erlaubt, via die Stärkeproduktion importiertes Getreide auch zu vermahlen. Die kleine Kammer und auch die Getreidebranche haben sich dafür ausgesprochen. Letztere argumentiert, damit könnten die einheimischen Mühlen besser ausgelastet werden und man vermeide einen Konkurrenzkampf ums Getreide, der in Preisdruck für die einheimischen Getreideproduzenten münden würde. Die Gegner der Vorlage sehen nicht ein, warum quasi durch die Hintertür legal billiges Korn importiert werden soll. Die Wintersession wird zeigen, wie die Meinung des Nationalrats in dieser Sache aussieht.
Der grosse Streit ums Geld
Viel Einigkeit herrscht in der Landwirtschaft hingegen in der gemeinsamen Ablehnung der bundesrätlichen Sparpläne. Er will das Budget auf Kosten des Agrarsektors zusammenstreichen, da in der Bundeskasse ein Lock klafft. Es liegen mehrere Anträge dazu auf dem Tisch. Zuletzt hat die Finanzkommission des Nationalrats gefordert, der Landwirtschaft knapp 70 Millionen Franken mehr zuzusprechen. Die zusätzlichen Mittel sollen den Direktzahlungen, dem Erhalt Schweizer Tierrassen und dem Herdenschutz zugutekommen. Auch geht es um einen Nachkredit, ebenfalls für Herdenschutzmassnahmen. Für die Debatte im Nationalrat rechnet man mit stundenlangen Beratungen.
Bienen und Kirschessigfliege
Die Motion «Sicherung der Insektenbestäubung, insbesondere durch Wild- und Honigbienen» kann auf breite Unterstützung hoffen. Jedenfalls trugen 77 Nationalrät(innen) den Vorstoss mit und es waren damit fast alle Parteien vertreten. Die Motion beauftragt den Bund mit verschiedenen Massnahmen, vom Monitoring und Schutz von Bienen über Förderungen bis zu gesetzlichen Grundlagen.
Mit unerwünschten Insekten beschäftigt sich ein Vorstoss von Peter Hegglin (FDP, ZG). Er will, dass der Bundesrat wirksame Bekämpfungsmethoden namentlich gegen Kirschessigfliege und die asiatische Hornisse schweizweit zulässt. Ausserdem sei das «Zuständigkeitswirrwar» zwischen den Bundesämtern zu klären. Beide Motionen gehen zur Erstbehandlung in den Ständerat.
Ein neuer Anlauf
Mit dem durchgehenden Ausbau der A1 auf sechs Spuren und der Biodiversitäts-Initiative sind zwei gut bekannte Geschäfte auf dem Sessionsplan. Bei der Biodiversitäts-Initiative ist insbesondere der indirekte Gegenvorschlag von Interesse. Der Nationalrat hatte mehrmals versucht, ihn durchzubringen und die Vorlage zu diesem Zweck auch abgespeckt. Die vorberatende Kommission der Kleinen Kammer liess sich davon nicht umstimmen. Der Ständerat muss nun entscheiden, ob der Kompromiss doch noch zu Stande kommt. Er wird sich nach der Zustimmung in der grossen Kammer auch mit dem Autobahn-Ausbau beschäftigen.