Rund 30 Personen fanden sich 5. Juni in Filzbach GL, hoch über dem Walensee, ein. Die einen hatten bereits einen Seminartag hinter sich, andere waren extra angereist, um sich den Film «Fair Traders» anzusehen. Der Film blickt auf die Karrieren von drei erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern in unterschiedlichen Stadien, die lokal, national und international tätig sind und denen Markt und Moral wichtig sind. Hauptprotagonisten sind Patrick Hohmann, Gründer der Remei AG, Sina Trinkwalder, Textilunternehmerin, und Biobäuerin Claudia Zimmermann.
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Ein reiner Bio-Hofladen
Der Film beginnt mit der Getreideernte auf dem Biohof von Familie Zimmermann in Küttigkofen SO. Claudia Zimmermann erzählt, dass sie sich in ihrem Beruf als Kindergärtnerin nicht mehr erfüllt fühlte. Als sie ihren Mann Matthias kennenlernte, entschlossen sie sich, den Betrieb seiner Eltern zu übernehmen. «Bio war für uns von Anfang an klar», sagt Claudia Zimmermann. Also stellten sie um.
Das Herzstück des Betriebes ist für die Bäuerin ihr Hofladen, der stark an einen Tante-Emma-Laden erinnert. Für dessen Aufbau verpfändete sie ihre Altersvorsorge. Das Sortiment ist rein biologisch. Vieles stammt vom eigenen Betrieb, aber längst nicht alles. Was Zimmermanns selbst nicht produzieren, kaufen sie bei Berufskollegen ein. Eine Frau aus dem Dorf bäckt für den Hofladen mit dem Mehl von Familie Zimmermann. «Für mich ist wichtig, dass der Bauer kostendeckende Preise hat», betont Claudia Zimmermann. Deshalb zahle sie ihren Lieferanten so viel, wie diese für eine kostendeckende Produktion benötigen. «Reich wird man mit dem Hofladen, ja mit dem Bauern, nicht», macht sie klar. Die wiedergewonnene Lebensfreude und das Gefühl, etwas Gutes für die Natur zu tun, würden dies aber mehr als wettmachen.
Wachgerüttelt
Sina Trinkwalder aus Augsburg (DE) hatte ihr Schlüsselerlebnis im Jahr 2010. Die Marketingfachfrau war im Zug auf der Rückreise von einem Geschäftstermin. Mit dabei hatte sie einen Stapel Hochglanzmagazine, die sie eigentlich gar nicht las und wegwerfen wollte. Ein Obdachloser sprach sie an, ob er die Hefte haben dürfte, seine Frau und er würden daraus den Weihnachtsschmuck basteln. «Ich war geschockt, dass wir in unserer Gesellschaft so weit gekommen sind», erzählt sie im Film. «Für mich war klar, ich muss etwas ändern. Ich wollte irgendetwas Relevantes für die Gesellschaft tun.»
Sie kündigte ihren Job und baute mit ihrem gesamten Privatvermögen, rund 2 Millionen Euro, in Augsburg ein Textilunternehmen auf. Sie trat mit dem Versprechen an, Leute ohne Chancen am Arbeitsmarkt bis zur Pension zu beschäftigen. Heute hat Trinkwalder 150 Angestellte und produziert unter der Marke «Manomama» Kleider und Rucksäcke aus gebrauchten Materialien, Reststoffen oder Biobaumwolle. Im Film spricht die Unternehmerin offen darüber, dass sie mehr als einmal kurz vor dem psychischen Zusammenbruch stand. «Ich stand vor dem Entscheid Scheitern oder Weitermachen.» Mit ihrer ehrlichen Art und ihrem starken Willen hat sie es geschafft, ihren Lebenstraum Realität werden zu lassen.
Der Biobaumwolle-Pionier
Der Schweizer Unternehmer Patrick Hohmann gilt im nachhaltigen Textilgeschäft als einer der Pioniere schlechthin. 1983 gründete er die Remei AG, ein Unternehmen, das die Produktion nachhaltiger Textilien aus Biobaumwolle koordiniert und den Produktionsprozess von A bis Z begleitet. Hohmann störte, dass 95 Prozent der Baumwollsamen gentechnisch verändert sind (sog. GVO-Saatgut). Das wollte er ändern und hat es getan. «Es war und ist ein steiniger Weg», erzählt er im Film. «Ich hatte viel Gegenwind, auch in der Schweiz. Also wurde ich still und habe mein Ding gemacht.»
Er baute gemeinsam mit lokalen Partnern vor Ort zwei Grossprojekte zur Produktion von Biobaumwolle mit dem Qualitätslabel «bioRe» in Indien und im ostafrikanischen Tansania auf. «Mein Ziel ist, möglichst viele Baumwollproduzenten vom biologischen Anbau zu überzeugen, ihnen zu zeigen, dass Bio nachhaltig und finanziell für sie Sinn macht.» Rückschläge musste Hohmann einige hinnehmen, auch heute noch. «Ein Tiefschlag war, als wir feststellten, dass unsere Biobaumwolle GVO enthielt», erzählt Hohmann. Dies passierte, weil es die Inder mit der Saatgutdeklaration nicht so genau nehmen. Die gesamte Ernte 2019 aus Indien muss in den konventionellen Kanal verkauft werden. «Das Schöne ist, dass wir nächstes Jahr wieder 100 Prozent Biobaumwolle aus Indien verkaufen können», freut er sich.
Hohmanns Engagement geht über die Baumwollproduktion hinaus. Die bioRe-Stiftung unterstützt den Infrastrukturaufbau in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Existenzsicherung und fördert die Partizipation der Bauerngemeinschaften. Man müsse eben auch die Menschen verstehen, sagt Hohmann. «Inder ticken anders als Europäer und Afrikaner ticken nochmals anders als die Inder.» Hohmann ging es nie ums Geld, es geht ihm um die Menschen und um die Natur.
Ihr Kampf geht weiter
Der Film hinterlässt beim Zuschauer Respekt für die drei Protagonisten. Respekt, weil– egal wie viele Steine ihnen in den Weg gelegt wurden – sie nie aufgehört haben, ihren Traum zu leben und dafür zu kämpfen. Anwesend an jenem Abend war Patrick Hohmann. Er ist sich bewusst, dass es noch ein weiter Weg zum Ziel ist, zu einem reinen Biobaumwollanbau. Sein Optimismus ist aber nach wie vor ungebrochen: «Nur eine gesunde Landwirtschaft führt zu einem gesunden Organismus», ist er überzeugt.