Schweizerinnen und Schweizer wollen keine gentechnisch veränderten Produkte. So argumentiert der Schweizer Bauernverband und auch das Bundesamt für Umwelt kam bereits zu diesem Schluss. Das mag einmal so gewesen sein, mittlerweile scheint sich das Blatt aber gewendet zu haben. Vielleicht auch unter dem Einfluss der Pflanzenschutz-Debatte rücken die möglichen Vorteile von gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) in den Vordergrund. Ganz verschwunden sind die Bedenken aber nicht, wie eine repräsentative Umfrage von gfs.bern im Auftrag von Swiss Food (Bayer und Syngenta) zeigt.
Bei Genom-Editierung überfordert
Das Gentech-Moratorium geniesst unter den 1010 Befragten breite Unterstützung und eine Mehrheit (79 Prozent) würde eine weitere Verlängerung begrüssen. Gezielt nach der Akzeptanz für Genom-Editierung (z. B. mit der Genschere Crispr-Cas) gefragt, geben aber gemäss gfs.bern 45 Prozent der Teilnehmenden an, nicht antworten zu können. 22 stimmen dem Einsatz dieser Technologie in der Landwirtschaft zu, 33 sind dagegen.
Unabhängig davon erhält die gezielte Züchtung resistenter Pflanzen eine hohe Zustimmung von 79 Prozent. Führt man beides zusammen, schneidet die Gentechik plötzlich gut ab.
Akzeptanz steigt mit der Erklärung
Nach einer kurzen Erklärung der Genom-Editierung als Technologie, die das Züchten von beispielsweise krankheitsresistenten Pflanzen erleichtert, sahen sie 65 Prozent der Teilnehmenden als nützlich für die Landwirtschaft an. Die Ablehnung sank auf 17 Prozent, während 18 Prozent die Nützlichkeit dieser Methoden weiterhin nicht beurteilen wollten.
Die Unsicherheit wird auch bei der Frage sichtbar, ob das Gentech-Moratorium für die Genom-Editierung gelten solle. 45 Prozent sind dagegen, 39 Prozent dafür und 16 Prozent sagen, sie würden sich zu wenig gut damit auskennen.
Nützlich, nicht trendy soll es sein
In der Umfrage wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezählt, wie die Genom-Editierung eingesetzt werden könnte. Dabei gab es die stärkste Zustimmung für konkrete Krankheitsresistenzen (z. B. Äpfel gegen Feuerbrand) oder wenn dadurch weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssten. Auch Anpassungen an den Klimawandel wie Halmverkürzungen oder die Anreicherung mit Nährstoffen für Grundnahrungsmittel in Entwicklungsländern fanden Anklang.
Je weiter sich die Vorschläge aber von aktuellen Problemen entfernten, desto mehr sank die Zustimmungsrate. Zwar gab es noch immer 57 Prozent für einen Salat, der nach dem Schneiden weniger schnell braun wird und 52 Prozent für glutenreduzierten Weizen. Ein koffeinfreier Kaffee mit tollem Geschmack dank Gentechnik überzeugte dann aber 61 Prozent der Teilnehmenden nicht mehr.
Hin und hergerissen
Nach der Umfrage zu urteilen befinden sich Schweizerinnen und Schweizer also in einer Zwickmühle zwischen Ablehnung der Gentechnik und dem Wunsch nach resistenten Sorten respektive weniger Pflanzenschutzmitteln. Unsicherheit und Vorsicht sind gross. 61 Prozent sind der Meinung, man könne die Chancen und Risiken auch später beurteilen und das Moratorium damit noch vier Jahre verlängern.
Inwiefern der Abstimmungskampf um die Agrar-Initaitive in dieser Sache seine Spuren hinterlassen hat, lässt sich nur schwer abschätzen. Aber immerhin anerkannten 90 Prozent der Befragten, dass die Schweizer Pflanzenproduktion verschiedenen Risiken wie Klimawandel, Schädlingen sowie Krankheiten ausgesetzt ist – und 70 Prozent verstehen, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden müssen.
Generell zufrieden mit der Landwirtschaft
Zu Beginn der Umfrage von gfs.bern wurde die Sympathie gegenüber der Landwirtschaft untersucht. 78 Prozent der Teilnehmenden sind demnach (sehr) zufrieden mit der Arbeit von Schweizer Bäuerinnen und Bauern. 21 Prozent sind ganz generell oder eher unzufrieden. «Insgesamt kann die Schweizer Landwirtschaft mit Unterstützung aus der Bevölkerung für ihre Anliegen rechnen und dementsprechend agieren», so das Fazit des Marktforschungsinstituts.
Im Lager der Unzufriedenen lassen sich folgende Trends ausmachen:
- Männer sind eher unzufrieden mit der Landwirtschaft als Frauen (25 versus 17 Prozent).
- Personen mit höherer Bildung sind rund doppelt so häufig unzufrieden wie Menschen mit mittlerer oder tiefer Bildung ( 30 Prozent versus 16 Prozent).
- Je weiter rechts sich eine Person einordnet, desto höher ist die Zufriedenheit mit der Landwirtschaft.
- Die Symathisant(innen) der Grünen sind knapp mehrheitlich unzufrieden (51 Prozent).
- In der Deutschschweiz ist die Zufriedenheit mit 76 Prozent tiefer als in der Romandie (81 Prozent) oder dem italienischen Sprachraum (83 Prozent).