Weiterhin ist das Ausmass der Waldbrände und der Luftverschmutzung in Indonesien gross. 2019 wurden viele Feuer in Regen- und Torfwäldern beobachtet, ja sogar Palmölplantagen brannten. Es ist schwierig, die illegale Abholzung zu stoppen. Es passiert auch, dass mit Bulldozern gerodet wurde, dann geschah nichts mehr, keine Pflanzungen, kein Arbeitsverdienst für die Einheimischen, aber der Wald ist weg und jemand verdiente daran.
Verifizierbare Daten fehlen
Die Regierung hat die Bewilligungen für Palmölplantagen zwar eingefroren, aber es fehlt an Transparenz, deshalb kann die Wirksamkeit kaum beurteilt werden. Und Korruption ist weiterhin ein Hauptproblem in Indonesien.
Anfang 2020 erhöhte das Landwirtschaftsministerium die offizielle Fläche der Palmölplantagen um zwei Millionen Hektaren, so dass heute 16 381 959 Hektaren ausgewiesen werden. Die Daten stammen von Satellitenaufnahmen; sie müssten am Boden verifiziert werden. Es fehlen detaillierte öffentlich zugängliche Karten und konkrete Angaben über die einzelnen Plantagen.
Landrechte nicht verbrieft
Weil die Landrechte der einheimischen Bevölkerung nicht verbrieft sind, wird ihnen Land oft einfach weggenommen, wenn sie sich nicht vehement wehren. Es wird ihnen Arbeit in Aussicht gestellt, doch längst nicht immer halten sich die Firmen an die Versprechen. Hinzu kommt, dass kritische Leute, besonders Journalisten, bedrängt oder gar verhaftet werden, wie im aktuellen Fall des Journalisten Philip Jacobson, einem preisgekrönten Redaktor der Nachrichtenagentur Mongabay.
Laut der Vereinigung für unabhängige Journalist(innen) in der Hauptstadt Jakarta schreckt das Militär nicht vor Einschüchterungsversuchen und Gewalt gegen kritische Medienschaffende zurück. Nach dem Rücktritt des langjährigen Staatschefs Suharto kam es trotz Reformen nicht zum Wandel in den Medien. Sie werden von Oligarchen beherrscht, die eng mit der Politik verbunden sind. Präsident Joko Widodo hat seine diesbezüglichen Wahlversprechen nicht eingehalten. Seine Amtszeit ist geprägt von Verletzungen der Medienfreiheit. Selbstzensur ist daher weit verbreitet.
«Nachhaltig» sagt wenig
Das Wort «nachhaltig» sagt wenig. Wenn Politiker von Nachhaltigkeit reden, reden sie gleichzeitig von Wachstum, was konkret in diesem Fall heisst: Wachstum der Plantagen, Abholzung von Sekundärwäldern, denn diese machen mindestens die Hälfte der heutigen Wälder in Indonesien aus, sie sind aber nicht geschützt. Eine Kontrolle der Forderungen dürfte zudem illusorisch sein. Es dürften höchstens punktuell Veränderungen möglich sein, wenn die Schweizer Behörden wirklich genau hinschauen. Das wäre aber ein Tropfen auf den heissen Stein. Daten und Ressourcen für ein solches Unterfangen fehlen heute.
Schutz für Sekundärwälder
Es müssten auch die Sekundär- und Torfwälder geschützt werden. Die einheimische Bevölkerung lebt bzw. lebte im Regenwald und veränderte ihn, betrieb auch nachhaltige Agroforstwirtschaft, etwa verbunden mit der Nutzung von Kautschukbäumen. Solche Wälder sind sehr artenreich und bringen trotzdem Erträge wie kostbare Nüsse, Früchte, Gemüse, Kautschuk und Viehfutter. Sie gelten aber als Sekundärwälder, welche abgeholzt werden dürfen, da nur die Primärwälder geschützt sind.
Die einheimische Bevölkerung hat Torfböden nie bewirtschaftet, schlicht aus dem Grund, weil sie diese nicht drainieren konnte. Das wurde erst möglich mit internationaler Hilfe: Mit grossen Baggern wurden Schneisen in die Wälder geschlagen.
Hoher Schädlingsdruck
Der übliche Anbau von Palmöl in Indonesien kann nicht als nachhaltig bezeichnet werden. Allein schon der verbreitete Einsatz des Herbizids Paraquat ist bedenklich. Die Palmöl-Monokulturen stören den Wasserhaushalt und zerstören den Boden. Weil die meisten Böden durch die enormen Regenmengen ausgelaugt sind, müssen hohe Düngermengen eingesetzt werden.
Der Schädlingsdruck steigt mit der Dauer und Ausdehnung der Monokulturen. So sind für den Schutz der Palmölpflanzen immer mehr Pestizide nötig. Abwässer aus Palmölfabriken und Abschwemmung aus Plantagen verschmutzen das Trinkwasser der Einheimischen und schliesslich auch Flüsse und das Meer.
Agroforst wäre ein Ausweg
Inzwischen ist klar geworden, dass der Anbau auf Torf auch nicht wirtschaftlich ist. Deshalb wird mehr in die Hügel- und Berggebiete ausgewichen. Diese Böden enthalten praktisch keine Nährstoffe, sind sauer und ohne sehr viel Dünger wächst gar nichts, ausser sehr genügsame Gräser und Büsche.
Die hohen Niederschläge verwandeln Strassen oft in Morast. Fahrzeuge mit Erntegut bleiben stecken. In der Regenzeit verfault daher ein Teil der Ernte.
Wie könnte das Anbausystem verbessert werden? Ein nachhaltiges Anbausystem müsste von den Produzenten akzeptiert werden. Vorstellbar wären Plantagen mit Elementen der Agroforstwirtschaft, denn der Boden muss geschützt und der Wasserhaushalt verbessert werden.
Ausweichen ist schwierig
Doch wollen die Produzenten überhaupt etwas ändern, wo doch weltweit die Nachfrage nach Palmöl steigt, andere Absatzkanäle möglich sind und das schnelle Geld lockt? Wenn aber nicht bald auf wirklich nachhaltige Bewirtschaftung umgestellt wird, dann werden die Produktionsgrundlagen zerstört. Ausweichen auf andere Gebiete und Länder dürfte schwierig sein und der Verlust für Indonesien wäre gross.
Unternehmen wollen nachhaltigeres Palmöl
Barry Callebaut, Coop, Florin, Migros, M-Industrie, Nestlé Schweiz, Nutriswiss und Pro Fair Trade bündeln im Palmöl Netzwerk Schweiz ihre Kräfte, um Verbesserungen in der Palmöl-Wertschöpfungskette zu erzielen, wie das Netzwerk kürzlich mitteilte. Mit dem Zusammenschluss wollen die Akteure:
- Ausschliesslich nachhaltiges Palmöl und Palmkernöl für Lebensmittel importieren.
- Die Nachhaltigkeitsstandards weiterentwickeln und damit die Wirkung steigern.
- Bis ins Jahr 2025 die Rückverfolgbarkeit bis zum Produzenten (Plantage, Kooperative) sicherstellen.
- Innovationen anstossen und das Handlungsfeld erweitern. So will man auch andere tropische Fette und Öle wie z. B. Kokosöl nach Nachhaltigkeitskriterien auditieren.
Das Palmöl Netzwerk Schweiz werde regelmässig die Zielerreichung messen, die Öffentlichkeit über Fortschritte und Herausforderungen informieren, die internationale Vernetzung fördern sowie den Dialog mit der Zivilgesellschaft und der öffentlichen Hand suchen, heisst es. Eine Begleitgruppe mit Experten von Nichtregierungsorganisationen, Forschern und Bund soll die Um-setzung mitgestalten und Impulse geben. Als erste gemeinsame Aktivität wurde eine Studie zur Bewertung der etablierten Palmöl-Nachhaltigkeitsstandards in Auftrag geben.
Weitere Informationen: palmoelnetzwerk.ch