Die Holzschnitzerei gehört neben der Bauernmalerei zu den bedeutenden künstlerischen Traditionen der bäuerlichen Kultur im Appenzellerland und im Toggenburg. Allerdings ist die Schnitzerei nicht annähernd so bekannt wie die Tafelmalerei. Zu Unrecht, wie eine Ausstellung veranschaulicht.
Sammler Hans-Rudolf Merz
Das Appenzeller Volkskunde-Museum stellt die grösste Ostschweizer Privatsammlung mit Senntümern (Alpaufzügen) ins Zentrum seiner aktuellen Sonderausstellung «Geschnitztes Appenzeller Brauchtum». Diese ist vom 16. Juni 2022 bis zum 22. Januar 2023 im Museum in Stein AR zu sehen.
Im Zentrum steht die grösste Ostschweizer Privatsammlung von alt Bundesrat Hans-Rudolf Merz, wie das Museum mitteilt. Sie umfasst Senntümer bekannter Schnitzer und einer Schnitzerin aus der Mitte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Die Schnitzenden sind oder waren alle selber in der Landwirtschaft tätig und haben sich ihr Kunstwerk selbst beigebracht.
Jede(r) hat einen eigenen Stil
Die Kunst der Senntumsschnitzerei besteht darin, das traditionelle «Öberefahre» möglichst lebendig ins Holz zu bringen. Oft abends am Tisch sitzend, fertigen kräftige, von der bäuerlichen Arbeit gezeichnete Hände aus Holzrohlingen filigrane Figuren, die zum Schluss noch bemalt werden: Kühe, Geissen, Schweine und den «Bläss», Ziegenbub und -mädchen, die Sennen, den Stierführer, den Bauern und vielleicht gar noch den «Ledi» (pferdegezogener Materialwagen) sowie den Sauwagen. Das Motiv ist dasselbe, aber jeder und jede Schnitzende hat einen eigenen Stil.
Geschnitzte Landsgemeinde
Einen weiteren Schwerpunkt der Privatsammlung bilden die Arbeiten des Herisauers Jakob Müller (1922–2005). Er schnitzte nicht nur Senntümer, sondern auch die Landsgemeinde oder die Silvesterkläuse.