Die Deutschen kennen Roggen von Schwarzbrot und Pumpernickel, die Schweizer(innen) eher aus dem Wallis. Dort, in Eschmatt, betreibt eine Stiftung ein Zentrum «zur Erhöhung des Stellenwerts des Roggens als wertvolles, gesundes Lebensmittel in der Schweiz» und will die Bevölkerung über die Vorteile dieses Korns informieren. Zum Angebot gehören diverse Veranstaltungen, eine Bäckerei, ein Restaurant und ein Hotel.
Natur- und Kulturerbe rund um den Roggen
Eschmatt ist noch aus einem zweiten Grund quasi ein Roggen-Mekka: Der gemeinnützige Verein Erlebniswelt Roggen engagiert sich seit genau 20 Jahren für Erhalt, Aufwertung und Weiterentwicklung des Natur- und Kulturerbes rund um den Roggen. Zu erwähnen sind z. B. die Ackerterrassen oberhalb des Dorfes, die einst als Kornkammer für die Bevölkerung dienten und nun dank dem Verein vor der Verbuschung bewahrt werden. Auf einem Grossteil der Fläche weiden heute Nutztiere, doch in Zusammenarbeit mit Pro Natura Wallis sind vor drei Jahren wieder einige Roggenäcker entstanden.
Getreide mit dem geringsten Wasserbedarf
Es gibt einiges, was für den Anbau von Roggen spricht. Die Gesellschaft für Pflanzenbauwissenschaften e. V., die das Getreide zur Kulturpflanze des Jahres 2023 gekürt hat, nennt folgende Vorteile:
- Im Vergleich mit anderen Getreidearten geringster Wasserbedarf während der Hauptwachstumsphase.
- Verglichen mit Weizen um 25 Prozent bessere Wassernutzungseffizienz.
- Ausgeprägtes Wurzelsystem verbessert die Nährstoffaufnahme.
- Keimt bei niedrigen Temperaturen, verträgt starke Fröste.
- Weniger empfindlich auf bodenbürtige Fruchtfolge-Krankheiten als Weizen.
- Weniger Ertragsverluste durch Blattkrankheiten, da ein grosser Teil der Photosynthese über Halm und Ähren erfolgt.
Fluffig wird es nicht
Zum Backen ist Roggen dafür umso anspruchsvoller. Das Korn enthält deutlich weniger glutenbildende Proteine, die beim Weizen für einen dehnbaren und elastischen Teig sorgen. Wie es beim Verein Schweizer Brot heisst, macht der hohe Gehalt an Schleimstoffen einen Teig aus Roggenmehl plastisch und verleiht ihm eine feuchte Oberfläche. Nur mit Sauerteig lasse sich aus Roggen ein Brot backen, das dann aber gut haltbar ist. Das Walliser Roggenbrot AOP enthält gemäss Definition auch einen gewissen Anteil Weizenmehl (maximal 10 Prozent) und hat eine rissige Oberfläche sowie einen säuerlichen Geschmack. Auch Lebkuchen gelingen mit dem speziellen Mehl.
Eine Nische im Schweizer Markt
Roggen wurde 2022 nach Angaben von Swissgranum in der Schweiz auf insgesamt 1854 ha angebaut, wovon 408 ha in Bio-Qualität. Die Erntemenge belief sich im vergangenen Jahr auf 10’500 Tonnen. Davon landet laut der Branchenorganisation aber jeweils ein Teil im Futterkanal, 2022 waren es 1855 Tonnen.
Die Nachfrage nach Roggen ist in der Schweiz gering, heisst es in einem Merkblatt der Liebegg. Vor der Aussaat sei daher unbedingt die Abnahme zu klären. IP-Suisse vermarktet laut Website rund 3'500 Tonnen Roggen pro Jahr. Da Sauerteigbrote im Trend liegen sei der Bedarf an dieser Getreideart «grösser als auch schon».