Der Klimawandel bedroht alle. Daher sind auch in Sachen Klimaschutz alle gefordert. Aus diesem Gedanken heraus wurden nach den "Parents for Future" bereits die "Scientists for Future", die "Entrepreneurs for Future" und jetzt eben die "Farmers for Future" gegründet. Sie alle möchten die Schüler- und Schülerinnenproteste des "Fridays for Future" unterstützen.
Fridays for Future
Man könnte die "Fridays for Future" als Über-Organisation der Klimastreik-Bewegungen sehen. Inspiriert von der Schwedin Greta Thunberg ziehen Schülerinnen und Schüler jeweils Freitags durch die Strassen, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren, satt in die Schule zu gehen. Das Motto dabei stammt ebenfalls von Thunberg: wieso sollte man für eine Zukunft lernen, die es vielleicht bald nicht mehr geben könnte?
Höhere Ziele als Verbände
Bisher gibt es zwei Gruppen unter dem Namen "Farmers for Future". Eine wurde von einen Bio-Demeter-Verband gegründet (siehe weiter unten).
Auf ihrer Website beschreibt sich die zweite "Farmers for Future"-Gruppe als Bäuerinnen und Bauern, Gärtner, Agrarunternehmer, Angestellte, SoLawis (solidarische Landwirtschafts-Gruppen) und weitere Akteure aus dem landwirtschaftlichen Sektor. Sie hätten sich höhere Ziele gesetzt, als sie von bestehenden Verbänden und Institutionen vertreten würden:
- Wir bekennen uns zu einem bodenschonenden, humusaufbauenden, pestizidfreien, vielfältigen Anbau, der mit natürlichen Vorgängen agiert, statt gegen sie.
- Wir begegnen den Herausforderungen der Klimakrise mit wissensbasierter, selbstbestimmter bäuerlicher Landwirtschaft.
- Wir wollen die Menschenrechte und insbesondere die Rechte der kleinbäuerlichen Strukturen sichern und ausbauen.
- Wir bekennen uns zu dem von Fridays for future verkörperten Grundsatz der Klimagerechtigkeit: Wir müssen so leben, wie wir es auch von allen anderen Menschen auf dem Planeten ermöglichen können.
Andere "...for Future"-Gruppen
Bei den "Fridays for Future" sind in erster Linie Schülerinnen und Schüler beteiligt. Um ihre Unterstützung für die Bewegung und die jüngere Generation auszudrücken, wurden diverse weitere Gruppen mit ähnlichen Namen gegründet:
- "Scientists for Future": Wissenschaftler, die mit ihrer Arbeit die Anliegen der Klimabewegungen unterstützen.
- "Parents for Future": Die ältere Generation bzw. tatsächlich die Eltern der Streikenden, die sich mit ihren Nachkommen solidarisieren.
- "Entrepreneurs for Future": Unternehmerinnen und Unternehmer, die bereits Klimaschutz betreiben und sich für weiteren Fortschritt in diesem Bereich einsetzen.
- "Artists for Future": Die Gruppe ist bisher vor allem auf dem sozialen Netzwerk Facebook aktiv, führte aber auch schon ein Solidaritätskonzert durch.
- "Cyclists for Future": Das Fahrrad als umweltfreundlicher Ersatz fürs Auto ist die Botschaft dieser Bewegung. Die Radfahrer wollen den Klimastreikenden durch ihre Aktivitäten zeigen, dass sie das Anliegen verstanden haben.
"Es richtig gut machen" für eine lebenswerte Welt
Gemäss diesen "Farmers for Future" darf heute das wirtschaftliche Denken nicht mehr im Vordergrund stehen. Um eine lebenswerte Welt für die Zukunft zu sichern, müsse man den Ackerbau und die Waldwirtschaft "richtig gut" statt ein bisschen weniger schlecht machen. Daher ist das erklärte Ziel der Bewegung, klimaverbessernd zu wirken. Klimaneutral oder -freundlich sei bei Weitem zu wenig.
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Der Klimaschutz werde nicht ohne eine ökologische und ressourcenschonende Landwirtschaft funktionieren, so die "Farmers for Future"
"Ambitionierte und lohnenswerte Massnahmen"
Zur Umsetzung dieses Ziels wurde eine ganze Liste Massnahmen zusammengetragen:
- sukzessiver Bodenaufbau durch Humuswirtschaft. Die Idee ist, durch eine dickere organische Bodenschicht die Fruchtbarkeit der Scholle zu verbessern und zu erhalten. Der Birchhof in Oberwil-Lieli AG hat in der Permakultur einen Weg gefunden, etwa durch Mulchen den Humus aufzubauen.
- Pflanzenkohleherstellung mittels Pyrolyse zur Gewinnung von Elektroenergie, zur Bodenverbesserung durch Einbringen der Kohle in Kompostprozesse und zum effektiven, dauerhaften Binden von CO2 aus der Atmosphäre. Im Flaachtal wurde kürzlich eine neue Pyrolyse-Anlage eröffnet, die Pflanzenkohle daraus wird etwa von den dortigen "Klimabauern" für gesündere Kühe und bessere Böden eingesetzt.
- Nutzung effizienter naturnaher Anbausysteme wie Agroforst, weite Fruchtfolgen, Zwischen- und Mischfruchtanbau. Beim Agroforst im Ackerbau profitiert beispielsweise Gemüse von den kühleren Verhältnissen unter den Baumreihen und ist zusätzlich besser vor Wind und Trockenheit geschützt.
- wirkliche Schließung der Nährstoffkreisläufe durch Rückführung organischer Masse und Nährstoffe insbesondere in Bezug auf die Abwasserwirtschaft
- drastische Reduzierung der Nutztierhaltung mit dem mittelfristigen Ziel der Nutztierfreiheit. Neben ethischen und gesundheitlichen Gründen spricht insbesondere die extrem schlechte Klimabilanz der "Tierprodukteerzeugung" gegen ein "weiter so wie bisher". Der Schweizer Milchbauer Toni Kathriner ging diesen Weg und wandelte seinen Betrieb in einen Lebenshof um. Seine Begründung: er konnte mit der Ausnutzung seiner Tiere nicht mehr leben.
Rahmenbedingungen fehlen
Für die Umsetzung obiger Massnahmen fehlten bisher die politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, ist der Website der "Farmers for Future" zu entnehmen. Daher wolle man sich nun vernetzen und progressive Kräfte der Landwirtschaft ins Boot holen.
Ähnliche Ansätze und ein grosser Unterschied
Auch die Bio-Demeter-"Farmers for Future" haben eine ganze Liste von Massnahmen, die aber stärker auf die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland und weniger auf direkte landwirtschaftliche Methoden fokussiert:
- Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung durch die eine flächengebundene Tierhaltung
- Etablieren einer Stickstoffstrategie zur Reduzierung der Lachgasemissionen
- Förderung der CO2-Bindung durch Humusaufbau in den landwirtschaftlichen Böden
- Die CO2-Besteuerung betrifft auch den synthetischen Stickstoffdünger
Nachhaltigkeits-Abgabe auf Importe von Eiweißfuttermittel - Ausrichtung der gesamten EU-Agrarzahlungen (GAP) auf eine klimaschonende, umweltschonende und tiergerechte Landwirtschaft
- Ausweitung des Ökolandbaus als bewährtes und zertifiziertes Verfahren für eine umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft. Das 20 % Ökolandbau-Ziel der Bundesregierung muss baldmöglichst erreicht werden
- Förderung eines nachhaltigen Konsums und Stoppen der Lebensmittelverschwendung
- Schutz von Mooren und nachhaltige Nutzung von Grünland und Wäldern
- Weitere Erforschung sowie Etablierung besonders klimafreundlicher Verfahren wie Agroforstwirtschaft, reduzierte Bodenbearbeitung ohne Einsatz von Totalherbiziden, optimierte Fruchtfolgen, standortangepasste Bio-Pflanzenzüchtung und Nährstoffrecycling
- Stärkung klimafreundlicher gesunder Ernährung, etwa durch Bio-Essen in Einrichtungen der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung
Streitpunkt Nutztier-Haltung
Im Gegensatz zur Bio-Demeter-Gruppe wünscht sich die zweite "Farmers for Future"-Gruppierung langfristig eine Landwirtschaft ohne Nutztiere. Daher ist eine umfassende Argumentation und Quellensammlung auf ihrer Website zu diesem Streitpunkt geplant.
Eine Schweizer Studie zur Nachhaltigkeit der Milchproduktion kam zum Schluss, dass in Sachen Flächen- und Nahrungsmittelkonkurrenz besonders der Standort des Betriebs entscheidend sei.
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