Ende Oktober wurde im bernischen Zollikofen am Inforama Rütti, der landwirtschaftlichen Schule des Kantons Bern, das nationale Kompetenzzentrum der Melktechnik, das Melkforum, eingeweiht. Rund 700 Teilnehmer(innen) werden fortan jährlich an den Kursen und Führungen im Melkforum erwartet.
Dort, wo sich früher der alte Melkraum der landwirtschaftlichen Schule befand, steht heute in vier Räumen die neuste Melktechnik der verschiedenen in der Schweiz vertretenen Melksystem-Hersteller bereit. Möglich wurde dies durch die Unterstützung der Branche.
Die ganze Branche steht hinter dem Branchenstandard
Das Forum wird in partnerschaftlicher Zusammenarbeit durch die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) und durch das Inforama, das Kompetenzzentrum für Bildung, Beratung und Tagungen des Kantons Bern, geführt.
Unter der Leitung von Andreas Niederhäuser, welcher jahrelang selbst in der Melktechnik aktiv war, führt die HAFL im Auftrag des Schweizerischen Landmaschinen-Verbandes (SLV) die Aus- und Weiterbildung der Melktechniker(innen) durch. Diese beruhen auf einem einheitlichen Branchenstandard, welcher durch die unterzeichnenden Organisationen und Firmen entwickelt und festgelegt wurde. Zum ersten Mal seit seiner Einführung im Jahr 2006 wurde dieser jüngst durch die HAFL aktualisierte Standard heuer von allen Branchenvertretern und der Milchindustrie unterzeichnet. «Jetzt steht die ganze Branche hinter dem Branchenstandard, damit die Qualität der Schweizer Milch auf einem hohen Niveau gehalten und das Tierwohl miteinbezogen werden kann», so der SLV.
«Das Melkforum setzt ein wichtiges Signal zur Milchproduktion»
Die Ausbildung der Kursteilnehmer am Melkforum wird sehr vielfältig gestaltet. Neben den Grundlagen der Milchproduktion werden die Themen Fruchtbarkeit und Klauengesundheit behandelt. Die Ausbildungsblöcke beinhalten auch Arbeitssicherheit, Verhalten beim Kunden und Elektrotechnik. Die umfassende Ausbildung mit theoretischer und praktischer Abschlussprüfung ist laut Niederhäuser in Europa und vielleicht sogar weltweit einzigartig. Neben der Aus- und Weiterbildung der Melktechniker(innen) übernimmt die HAFL zudem die Bearbeitung aktueller Fragestellungen aus der Praxis. «Das Melkforum setzt ein wichtiges Signal zur Milchproduktion», so Niederhäuser.
Zentrale Plattform für die Branche von besonderer Wichtigkeit
Am Inforama werden die Kurse unter der Leitung von Andreas Salzmann, Milchproduzentenberater bei Casei, durchgeführt. Es handelt sich um überbetriebliche Kurse der landwirtschaftlichen Lehrlinge zu Hygiene und Qualitätssicherung bei der Milchgewinnung. Dazu kommen die Beratung bei Problemen mit der Hygiene und der Qualität in der Milchgewinnung und die Beratung zur Käseproduktion. Eine zentrale Plattform für die Melktechnik und die Milchwirtschaft ist für die Branche von besonderer Wichtigkeit. Die Kooperation zwischen dem Inforama und der HAFL sowie dem SLV und der Milchproduktions- und Käsereiberatung Casei vereint diese Anforderungen.
Aufgrund des breiten Bildungs-, Beratungs- und Forschungsangebots festigt sich das Melkforum als nationales Kompetenzzentrum und Treffpunkt für die Melktechnik. «Für den Kanton Bern ist die Aus- und Weiterbildung in der Land- und bäuerlichen Hauswirtschaft wichtig. Das Melkforum untermauert diese Bedeutung», betont Christoph Ammann, Regierungsrat des Kantons Bern, an der Eröffnungsfeier in Zollikofen.
Seit September finden Kurse am Melkforum statt
Seit September werden nun am Melkforum die Grund- und Weiterbildungskurse in der Melktechnik durchgeführt. Den Startschuss machten die beiden Grundkurse der Servicetechniker(innen) in Deutsch und Französisch. Jeder Melktechniker muss einmal in seiner Karriere eine zehntägige Grundausbildung mit anschliessender theoretischer und praktischer Prüfung absolvieren. Weiter besuchen die Melktechniker, solange sie in der Melktechnik tätig sind, alle drei Jahre mindestens einen Tag lang eine Weiterbildung. Die Grundkurse werden von Andreas Niederhäuser zusammen mit Referent(innen) der HAFL am Forum durchgeführt. Die Kurse zur Weiterbildung werden an der HAFL und am Forum von internen und externen Dozenten und Expertinnen geleitet.
Einstellung der Anlage nach den örtlichen Gegebenheiten
Die Teilnehmenden des September-Kurses besuchten die Suisselab AG, welche die Analyse aller Schweizer Milchproben vornimmt. Bei der Führung erhielt die Gruppe einen vertieften Einblick in die Analyse der verschiedenen Milchproben. Zudem besorgte Niederhäuser bei einem Metzger eine Zitze und schnitt diese mit den Teilnehmenden auf. So konnten die Praktiker sehen, wie der Schliessmuskel aufgebaut ist.
Die hochwertige Ausstattung des Melkforums erlaubt es, den Unterricht direkt an den Geräten durchzuführen. Die einzelnen Geräte können demontiert und miteinander verglichen werden. So ist es zudem möglich, eine Anlage zu reinigen. Durch die Möglichkeit verschiedener Konfigurationen können die Dozenten den Teilnehmenden direkt Beispiele einer guten und schlechten Reinigung zeigen. Die Teilnehmenden können sich anschliessend an der richtigen Einstellung versuchen.
«Das ist dann auch die Einstellung an der Front. Eine solche Anlage in einem Bauernhaus oder auf der Alp zu installieren, ist immer wieder anders. Die Herausforderung liegt darin, die Anlage perfekt nach den örtlichen Gegebenheiten einzustellen. Das wird hier geübt», so Niederhäuser.
Die einzige Maschine, die der Kuh etwas entzieht
Laut Andreas Niederhäuser wolle man am Melkforum sowohl den Lehrlingen aus der Landwirtschaft bei den überbetrieblichen Kursen als auch den Melktechniker(innen) eine Top-Ausbildung gewährleisten. «Der Kurs ist nicht gratis, die Firmen zahlen etwas dafür. Und die Teilnehmer müssen, wenn sie nach diesen zehn Tagen zurück in die Firmen kommen, zeigen, dass sie im Kurs etwas gelernt haben. Die Zeit, die die Teilnehmer hier verbringen, soll lehrreich sein.»
Ziel sei es, die Kurse interessant und praxisorientiert zu gestalten. Auch praktische Melkarbeit bei umliegenden Betrieben ist Teil des Kursprogrammes. Aber natürlich gehört auch die Theorie dazu. Die Teilnehmer müssten wissen, wie eine Kuh funktioniere und weshalb sie Milch gebe und weshalb nicht. «Die Melktechnik ist die einzige Maschine, die der Kuh etwas entzieht», vergegenwärtigt Niederhäuser. Wenn die Teilnehmer(innen) den Kurs abschliessen würden, dann müssten sie am nächsten Tag in der Lage sein, einen Service selbstständig durchzuführen. «Wenn die Techniker nach einem Arbeitstag ins Auto steigen und vom Hof fahren, dann ist es in erster Linie ein Lebensmittel, das mithilfe der Technik gewonnen wird», betont der Fachmann. Für den Landwirt sei es von grosser Bedeutung, dass die Technik tadellos funktioniere. Falls nicht, habe dies bedeutende Konsequenzen.