Die Genossenschaft Bio Käserei Prättigau verarbeitet seit 2015 im damals neu erstellten Produktionsbetrieb in Pragg-Jenaz Geissen- und Schafmilch. Die Käserei erhielt aufgrund der Ergebnisse einer Studie, welche 2010 vom Kanton Graubünden in Auftrag gegeben wurde, finanzielle Unterstützung für den Neubau. Die Verfasser der Studie gingen damals davon aus, dass bei der Verarbeitung von Geissen- und Schafmilch zu Weichkäse eine hohe Wertschöpfung generiert werden kann. In dem vorgezeichneten Szenario wurde davon ausgegangen, dass jedes Jahr einige Vollerwerbsbetriebe im Kanton Graubünden in die Geissen- und Schafmilchproduktion einsteigen würden. Zwar haben die Produkte bei verschiedenen Kunden einen festen Platz im Sortiment und die Käserei steht inzwischen auf einem soliden Fundament, doch steht der Betrieb dennoch vor einer ungewissen Zukunft. Denn uns fehlt die Milch!
Die Zahlungsbereitschaft ist am Limit
Warum stellen keine neuen Betriebe auf Geissen- oder Schafmilchproduktion um? Die Haltung von Kleinwiederkäuern wird wirtschaftlich gesehen zunehmend unattraktiver. Obwohl die Produkte am Markt eigentlich gefragt und etabliert sind, ist die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden für Produkte aus silofreier Biobergmilch am Limit, die steigenden Kosten lassen sich nicht mehr ausreichend decken.
Milchproduktion mit Kleinvieh im Berggebiet ist in vielerlei Hinsicht intensiv – sowohl vom Arbeitsaufwand her wie auch von der Fütterung der Tiere. Ganz besonders unter Bio-Knospe-Bedingungen und dazu noch silofrei. Dazu kommt die oft fehlende Alpungsmöglichkeit. Das bedeutet, dass die Tiere ganzjährig auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche gehalten werden müssen und trotzdem keinen Weide-RAUS-Beitrag vom Bund erhalten. Die Grossraubtierproblematik setzt der Situation noch die Krone auf.
Die Situation bei der Geissenmilch ist bedeutend zugespitzter als bei der Schafmilch. Möglicherweise, weil bei der Geissenmilch noch die Vermarktung der Gitzi dazu kommt. Im Vergleich zur Rindviehhaltung hinkt die Kleinviehhaltung immer hinten nach, nicht zuletzt, da das unternehmerische Risiko unter den aktuellen Bedingungen unvergleichbar höher liegt. Zwar wurde vom Schweizer Ziegenzuchtverband und einzelnen Detailhändlern sehr viel unternommen und auch einiges erreicht. Doch in der aktuellen Situation, mit der Inflation und dem generellen Kaufkraftverlust, sind die Verkaufsmengen aber gerade bei diesen speziellen Produkten im Hochpreissegment wieder deutlich gesunken.
In der Öffentlichkeit geniessen Schafe und Ziegen viel Sympathie. In Fachkreisen ist die grosse Bedeutung der Kleinwiederkäuer für die Biodiversität unbestritten. Nun würde es noch namhafte wirtschaftliche Anreize brauchen, damit wieder vermehrt Schafe und Geissen gemolken werden können. Die Bio Käserei Prättigau erachtet es als zielführend, dass die öffentliche Hand, beispielsweise über Beiträge des Kantons, für die erhöhten Produktionsrisiken bei den Kleinwiederkäuern im Berggebiet aufkommt.
Zur Person
Martin Büchi ist Präsident der Bio Käserei Prättigau. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.
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