Erste Kartoffelkäfer sind in die Felder eingeflogen, tätigen ihren Reifungsfrass und paaren sich. «Mancherorts erfolgte bereits die Eiablage», sagt Sonja Basler vom Strickhof. Angesichts des aussergewöhnlich frühen Befalls ist dieser Tage schon mit den ersten Larven zu rechnen. Während der Käferfrass für die jungen Stauden keine Gefahr darstelle, gelte es, bei den Larven rechtzeitig bei überschrittener Schadschwelle – 30 % der Pflanzen mit Larven oder Eigelegen oder 1–2 Herde pro Are – einzugreifen. «Idealerweise kontrolliert man ab dem Käfereinflug an zehn Stellen jeweils fünf benachbarte Pflanzen auf Eier und Larven», rät Basler.
Verstärkter Druck
Wie die Kultur selbst stammt der Kartoffelkäfer ursprünglich aus Nordamerika. Heisses Sommerwetter und milde Winter kommen dem Schädling entgegen. Bei anhaltend hohen Temperaturen sind bis zu drei Käfergenerationen pro Jahr möglich. Dass dies 2023 der Fall war, hält Sonja Basler für gut möglich. «Der letztjährige grosse Befall zusammen mit dem einmal mehr milden Winter verstärkt den Druck in diesem Jahr ziemlich sicher», sagt die Expertin. Um die Kartoffelkäfer im Zaum zu halten, dürften Spritzungen kaum zu umgehen sein – zumal die Forschung zu ihren natürlichen Feinden bisher noch wenig fortgeschritten ist. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) arbeitet mit einem Projekt zu alternativen Regulierungsmethoden des Kartoffelkäfers in diesem Bereich. «Es sind einige Organismen bekannt, die Kartoffelkäfer schädigen», schreiben die Verantwortlichen im «Bioaktuell». Im Feld habe man etwa Wespen, Heuschrecken und Wanzen beim Frass von Kartoffelkäferlarven beobachtet, es bestehe aber noch grosser Forschungsbedarf.
Forschungsbedarf zu natürlichen Feinden
Als bekannte indirekte Massnahme gilt gemäss FiBL – neben Abstand zum letztjährigen Kartoffelfeld, der Wahl früher Sorten und Vorkeimen – das Bekämpfen von Durchwuchskartoffeln. Dies, damit einzelne Stauden in anderen Felder nicht zu Reservoirs für die ungestörte Vermehrung der Käfer werden. Für die direkte Bekämpfung des Kartoffelkäfers in Kartoffeln sind mehrere Wirkstoffe zugelassen, teilweise aber nur mit einzelbetrieblicher Sonderbewilligung. 2023 zeigten spinosadhaltige Pflanzenschutzmittel (PSM) eine mangelhafte Wirkung. Sonja Basler nennt einige mögliche Gründe: «Die starke UV-Strahlung, eine sehr starke Wachsschicht bei den durch Hitze und Trockenheit gestressten Pflanzen sowie die fehlende Beigabe von Netzmitteln könnten die Wirkung beeinträchtigt haben.» Laboruntersuchungen der Firma Omya in Zusammenarbeit mit dem Strickhof hätten aber immerhin keine Resistenzen zutage gefördert. Um dies zu überprüfen, sind 2023 Kartoffelkäfer und Eier auf Feldern mit schlechter Wirkung der PSM Audienz und Elvis eingesammelt worden. Um der Bildung von Resistenzen vorzubeugen, wird aber nach wie vor empfohlen, beide Mittel nur einmal pro Saison einzusetzen.
«Es könnte die starke UV-Strahlung gewesen sein.»
Sonja Basler, Strickhof, über Gründe für die schlechte Wirkung von Spinosad 2023.
Novodor trotzt Verzicht
«Wichtig ist, nicht zu früh gegen die Kartoffelkäfer zu behandeln», betont Sonja Basler und erinnert an die Bekämpfungsschwelle. Spinosad wirkt gegen Larven und adulte Käfer, das auch für Bio zugelassene Novodor auf Basis des Bakteriums Bacillus thurgensiensis ausschliesslich gegen junge Larven und beide haben keine Wirkung auf Kartoffelkäfer-Eier. «Spinosad hat nützlingsschonende Eigenschaften und kann wie Novodor ohne Sonderbewilligung eingesetzt werden», sagt die Fachfrau. Vor der Beantragung einer Sonderbewilligung für ein PSM mit einem anderen Wirkstoff müsse eine Behandlung mit einem dieser beiden Mittel erfolgen, ergänzt sie. IP-Suisse empfiehlt seinen Produzenten das teurere Novodor, das auch im Produktionssystembeitrag (PSB) für den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel erlaubt ist. «Wenn das Mittel auf junge Larven eingesetzt wird und danach zwei Tage ‹gfrässiges› Wetter herrscht, dann ist die Bekämpfung erfolgreich», sagt Sonja Basler. In diesem Fall würden die Kosten durch den PSB (800 Franken/ha) und den Labelzuschlag kompensiert, zitiert sie einen Tastversuch von IP-Suisse. Ein anders biologisches Mittel ist NeemAzal mit einem Wirkstoff aus den Kernen des tropischen Neembaums, das gemäss Andermatt Biocontrol in die Blätter eindringt. Es wäre somit weniger gefährdet, vom Regen abgewaschen zu werden, kostet aber knapp dreifmal so viel wie Novodor und ist im PSB nicht erlaubt.
Tipps für den Einsatz von Spinosad
Sonja Basler nennt folgende Punkte für die Produkte Audienz und Elvis:
Zeitpunkt: Möglichst alle Larven geschlüpft (keine Wirkung auf Eier).
Wassermenge: Ausreichend gross, 350-500 l/ha je nach Laubvolumen.
Korrekte Dosierung: Bewilligte Aufwandmenge bei 50 ml/ha.
Zugabe von Netzmittel: Heliosol (0,8–1 l/ha) oder Sticker (0,15 l/ha).
Tageszeit: Vorzugsweise spätabends oder frühmorgens.
Vorsicht: Bei unbefriedigender Wirkung bitte sofort Kontakt mit der Fachstelle Pflanzenschutz aufnehmen.
Tipps für den Einsatz von Novodor
Der Hersteller Andermatt Biocontrol gibt folgende Hinweise:
Zeitpunkt: Sobald die meisten Larven schlüpfen, gegen die jungen Larven (1,5 – 3 mm, mit einem schwarzen Hinterkopf)
Wassermenge: 400 bis 600 l/ha.
Korrekte Dosierung: 4–5 l/ha (1. Behandlung), 5 l/ha (8–10 Tage später für zweite Behandlung sowie für allfällige weitere).
Zugabe von Haftmittel: CropCover CC-1000 (gegen Abwaschen durch Regen, 1-2 l/ha).
Tageszeit: Abends (schützt vor UV-Licht, grösste Frasstätigkeit der Larven nachts), idealerweise zwei Tage vor Regen.
Vorsicht: Mischung mit Fungiziden möglich, beim Einsatz von Kupfer Novodor erst unmittelbar vor dem Ausbringen hinzufügen.
Felder kontrollieren
Nach Herstellerangaben nehmen Kartoffelkäferlarven Novodor beim Fressen auf, was einen sofortigen Frassstopp bewirke. «Nach 3-5 Tagen sterben sie ab», schreibt Andermatt. Die Wirkung auf junge Larven sei am besten, sie nehme mit zunehmender Larvengrösse ab. Gemäss den technischen Informationen wirkt auch Spinosad optimal in frühen Entwicklungsstadien des Kartoffelkäfers (ohne Eier), «adulte werden miterfasst». In jedem Fall sind regelmässige Feldkontrollen sinnvoll, um mit der geeigneten Massnahme den richtigen Zeitpunkt zu erwischen.