Mit 48 von insgesamt 61 Hektaren LN ist der Ackerbau ein starkes Standbein von Christoph Hagenbuchs Betrieb. Die 2,5 Hektaren Gerste sind eine Premiere für ihn. Und dass es sich um Braugerste handelt, hat einen Grund: «Die Regionalität beim Schweizer Bier beschränkt sich in der Regel auf das Wasser und die Arbeit», bedauert er. Dabei seien die Voraussetzungen für den Anbau im Inland gegeben, so der Vizepräsident des Bauernverbands Aargau und Aargauer Grossrat.

Mälzerei in die Region holen

Das gleiche Ziel verfolgt die IG Mittellandmalz. Der Verein ­bildet eine Plattform für Produzenten und Brauereien. Laut ­Geschäftsführer Dominik Füglistaller wurden im Erntejahr 2019 vorerst 30 Hektaren Braugerste kultiviert. Zu Malz verarbeitet wurde das Korn allerdings in Deutschland. «Unsere Vision ist es, in der Region eine Mälzerei zu bauen», erklärte er an der Medienorientierung zum Thema. Dazu gehörte auch die Besichtigung der Kleinbrauerei «Drüüklang» in Oberlunkhofen. Seit 2016 produzieren hier drei Hobbybrauer eine Jahresmenge von 12 000 Litern, verteilt auf fünf Sorten.

Vom Feld ins Bier ist das Ziel

Dem Familienbetrieb der Hagenbuchs ist ein Restaurant angegliedert. «Hier setzen wir auf das Konzept ‹vom Feld auf den Teller›. Zusammen mit der örtlichen Brauerei streben wir das Gleiche nun beim Bier an», sagt Christoph Hagenbuch. Als weiteres Argument führt er die Fruchtfolge an. Bei den Kartoffeln etwa hält er eine Anbaupause von sechs bis sieben statt der vorgeschriebenen drei Jahre ein. «Auf unserem stark diversifizierten Betrieb ist die Gerste eine willkommene zusätzliche Kultur.» Die Braugerste hat er weder mit Fungiziden noch Insektiziden behandelt. Wegen der starken Verunkrautung war zur Ertragssicherung lediglich der Einsatz von Herbizid notwendig.

Bei guten Bedingungen wirft das 2,5 Hektaren grosse Feld eine Ernte von zehn Tonnen Braugerste ab. Daraus werden rund 6,5 Tonnen Malz gewonnen, das ergibt 36 000 Liter Bier.

«Fünf bis sieben Rappen pro Stange müssten doch drinliegen.»

Das wäre gemäss Dominik Füglistaller von der IG Mittellandmalz der Mehrpreis für Malz aus Schweizer Gerste.

Import ist viel billiger

Dominik Füglistaller bezeichnet das Mälzen als wichtigsten Prozess beim Bierbrauen: «Ohne Malz kein Bier». Für die Brauereien in der Schweiz werden jährlich 70 000 Tonnen Malz ­importiert, vorwiegend aus Deutschland und Frankreich. Malz aus Schweizer Gerste ist gegenüber importiertem bis zu viermal teurer. «Umgerechnet auf eine Stange macht das aber nur 5 bis 7 Rappen aus», meinte er. «Das muss doch drinliegen.»

2000 ha wären nötig

Auf den 40 000 Hektaren Fruchtfolgefläche des Kantons Aargau wird lediglich auf 3000 Hektaren Gerste angebaut, und zwar fast ausschliesslich Futtergerste. Um den Malzbedarf der rund 70 Regional- und Kleinbrauereien im Kanton zu decken, wäre eine Anbaufläche von 2000 Hektaren Braugerste notwendig, rechnete Hagenbuch vor.

Von der Initiative angetan ist Landwirtschaftsdirektor Markus Dieth. Er sicherte dem Projekt die Unterstützung der Abteilung Landwirtschaft und des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg zu. «Regionalität ist heute ein ganz wichtiger Faktor.» Ein Bier mit Schweizer Wurzeln könne dazu beitragen, Landwirtschaft erlebbar zu machen. Deshalb hofft er, dass der Idealismus Früchte trägt. «Die Grundvoraussetzungen dazu sind vorhanden», sagte er.

 

Besondere Anforderungen

Für eine Tonne Braugerste erhält der Produzent zwischen 91 und 103 Franken, wie IG-Geschäftsführer Dominik Füglistaller ausführte. Das ist rund dreimal so viel wie der Erlös für Futtergerste. Allerdings gelten für Braugerste auch besondere Anforderungen: Das Korn muss grösser als 2,5 Millimeter sein und einen Proteingehalt zwischen 9,5 und 11,5 Prozent aufweisen. Daher werden in aller Regel zweizeilige Sorten angebaut.

Bei der Ernte 2019 von 30 Hektaren Anbaufläche ver­fehlten 7 von 24 Standorten die Qualitätsanforderungen. Aus diesem Grund mussten 37 von insgesamt 147 Tonnen Vollgerste zu Fut­tergerste deklassiert werden.

Die IG Mittellandmalz führt in enger Zusammenarbeit mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen Sortenversuche durch. Sie organisiert den Anbau, kontrolliert die Qualität und berät Landwirtinnen und Brauereien. Für die Verarbeitung zu Malz eignen sich Sommer- und Wintergerste. «Die Wintergerste ist deutlich einfacher zu führen und ertragsstabiler», meinte Füglistaller dazu.

In diesem Jahr verleiht ein Projekt von IP-Suisse den Bestrebungen der IG Mittellandmalz zusätzlichen Schub: 17 Produzenten bauen auf
52 Hektaren Braugerste an. Es ist ein «Chäferli-Bier» geplant, das voraussichtlich 2021 auf den Markt kommt.