Mit einem Patent sichert sich Syngenta die exklusiven Rechte auf gegen die weisse Fliege resistente Peperoni. Und daran wird sich nichts ändern, denn der Einspruch von 32 Organisationen auf 27 Ländern aus dem Jahr 2014 wurde gestern vom Europäischen Patentamt (EPA) abgelehnt.
Gentech-freie Züchtungen nicht patentieren
Das breite Bündnis hinter der Einsprache, zu dem unter anderem Public Eye und Swissaid gehören, betont in einer Mitteilung den rechtlichen Widerspruch im Entscheid des EPA, der nach zähen Verhandlungen gefallen sei. Denn die Resistenz in der Peperoni von Syngenta sei durch gewöhnliche Züchtung aus einer wilden jamaikanischen in eine kommerzialisierbare Peperoni eingekreuzt worden. Produkte aus herkömmlicher, sprich Gentech-freier Züchtung dürften nicht patentierbar sein, ist man sich einig. Das habe auch der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation (EPO) 2017 klargestellt.
Über 300 weitere Patente könnten folgen
2020 habee das EPA selbst in einem Grundsatzentscheid – nach jahrelangen Forderungen von NGOs, Zuchtverbänden und dem EU-Parlament – festgestellt, dass Patente auf konventionell gezüchtete Tiere und Pflanzen nicht zulässig sind, heisst es weiter. Nach Auffassung der Beschwerdekammer gelte dies aber nur für Patente, die nach dem 1. Juli 2017 eingereicht worden sind. Da Syngenta seine Peperoni bereits 2013 unter Schutz stellen liess, ist dieses Patent in der Logik der Beschwerdekammer nicht anzufechten – und das EPA könnte in den nächsten Jahren laut Public Eye, Pro Specie Rara und ihren Mitstreitern rund 300 hängige Patente gutheissen, «die es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte». Einmal erteilt, seien sie noch Jahre gültig und kommerziell nutzbar.
Züchtung neuer Sorten erheblich behindert
Im Fall der Syngenta-Peperoni heisst das, dass Züchter(innen) nicht mit der natürlichen Resistenz arbeiten dürfen, ausser sie erwerben bei dem Konzern eine entsprechende Lizenz. Die Entwicklung neuer Sorten wird auf diese Weise gefährlich ausgebremst, so die Kritik. Züchter(innen) könnten nun nicht mehr davon ausgehen, frei mit dem Material von wilden Nutzpflanzen-Verwandten arbeiten zu können. «Dieser Entscheid ist ein grosser Rückschlag, insbesondere für kleinere und mittlere Züchtungsunternehmen», wird Noémi Uehlinger von der Sativa Rheinau AG in der Mitteilung zitiert.
Die Lücken müssen geschlossen werden
Die lange Rechtsunsicherheit bis zur erstinstanzlichen Verhandlung der Einsprache gegen das Peperoni-Patent sieht das Bündnis als weiteren Skandal. Allerdings gehe das Problem weit über die Peperoni hinaus, denn es würden immer mehr Patentanträge z. B. auf natürlich auftretende Mutationen eingereicht. «Allein im Dezember 2022 erteilte das EPA mindestens vier solche Patente auf Braugerste, Melonen, Tomaten und sogar Löwenzahn», heisst es in der Mitteilung. Daher müssten die Vertragsstaaten im EPO-Verwaltungsrat die Regeln präzisieren, damit Patentanwälte keine Lücken mehr ausnutzen können, so die Forderung.