Auf eine kleine Ernte im letzten Jahr folgte heuer eine Grossernte: Rund 4'600 Tonnen Tafelzwetschgen haben die Obstbauern 2018 gepflückt – so viele wie noch nie.
Zwei Gründe haben zur Rekordernte geführt: Zum einen waren die Bäume heuer "ausgeruht", weil sie im letzten Jahr in vielen Regionen wegen des Frosts nur wenige oder gar keine Früchte trugen. Zum anderen herrschten heuer ideale Bedingungen: trocken-warmes Wetter, viel Sonne sowie ein geringer Krankheits- und Schädlingsdruck. "Die Zwetschgen waren in diesem Jahr von ausgezeichneter Qualität", freut sich Obstbauer Hansruedi Wirz, Präsident des Produktezentrums Kirschen/Zwetschgen des Schweizer Obstverbands/Swisscofel.
Dass die Erträge derart üppig ausfielen, hat selbst die Branche überrascht. "Wir haben gewusst, dass die Schätzung zu tief angesetzt war, dass wir aber derart weit daneben lagen, hätten wir nicht gedacht", erklärt Wirz. Und noch etwas war in diesem Jahr aussergewöhnlich: Die Zwetschgen waren besonders gross. "Noch nie hatten wir in einer ersten Ernte-Hälfte so grosse Kaliber wie heuer", sagt Beat Gisin, Geschäftsführer der Landi Reba.
Schwierige Vermarktung
Die Vermarktung von derart vielen Zwetschgen gestaltete sich schwierig – aus mehreren Gründen. So waren die ersten Sorten bereits Mitte Juli reif, aussergewöhnlich früh. Was bedeutete: Der Start der Ernte fiel mitten in die Ferienzeit. Dämpfend auf die Nachfrage wirkte sich auch aus, dass die Bäume in Privatgärten voller Zwetschgen waren. "Viele Privatpersonen konnten nicht nur den eigenen Bedarf selber decken, sondern auch noch Bekannte mit Zwetschgen versorgen. Das ging zulasten der Verkäufe im Detailhandel", so Obsthändler Gisin. Dazu kommt die grosse Konkurrenz im Ladenregal: "Die Früchtepalette im Sommer hat in den letzten Jahren massiv zugenommen, das spüren wir", ergänzt Obstbauer Wirz.
Immerhin: Einen Pflückstopp musste die Branche trotz Rekordernte nicht verhängen. Der Export von Zwetschgen ins Ausland hätte zwar den Heimmarkt entlasten können, aufgrund des höheren schweizerischen Preisniveaus seien Ausfuhren aber nicht möglich gewesen, gibt Gisin zu bedenken. Dazu kommt, dass auch im Ausland kein Zwetschgenmangel bestand.
Druck auf Preise
Für die Konsumenten bedeutete die Grossernte, dass sie von zeitweise äusserst tiefen Zwetschgenpreisen profitieren konnten, weil der Detailhandel teils hohe Aktionsrabatte gewährte. Die Obstbauern erhielten im Gegenzug tiefere Preise ausbezahlt. Das hat dem Vernehmen nach zu Unmut geführt, auch weil aus Produzentensicht die Zwetschgen zu wenig präsent waren in den Läden.
Obstbauer Wirz entgegnet auf die Kritik: "2018 war ein Extremjahr. Noch nie mussten wir so viele Zwetschgen vermarkten. Mir wäre ein höherer Preis auch lieber gewesen, aber Menge mal Preis gibt auch ein Resultat. Am Schluss können wir froh sein, wenn wir alle Zwetschgen verkauft haben."
Die Ernte ist zwar abgeschlossen, im Detailhandel sind Schweizer Zwetschgen bis voraussichtlich Mitte Oktober erhältlich.
Michael Wahl, lid