Betriebsspiegel Ober Fringeli
Name: Stefan und Birgit Kündig
Ort: Bärschwil SO
Höhenlage: ca 700 bis 900 m.ü.M.
Zone: Bergzone BZ II
Viehbestand: Bisher 250 Mutterschafe und 15 Mutterkühe, Umstellung auf 30 Mutterkühe (Grauvieh)
Jahrzehntelang prägten die Schafe der Kündigs die Landschaft auf dem Ober Fringeli hoch über dem 800-Seelen-Dorf Bärschwil im Solothurner Schwarzbubenland. «Zeitweise hatte Bärschwil fast mehr Schafe als Einwohner», erinnert sich Stefan Kündig, der den Schafbetrieb von seinem Vater übernommen hat. Doch seit einigen Jahren setzt der Luchs der Schafhaltung zu. Und nun ist auch der Wolf in der Nordwestschweiz angekommen. «Im Frühling hatten wir mit den Lämmern noch 500 Schafe hier oben», sagt Kündig. Die letzten 30 Lämmer werden in diesem Herbst geschlachtet. Ab dem nächsten Jahr gibt es auf dem Fringeli nur noch Mutterkühe.
Probleme mit Beratung
Ein Herdenschutzkonzept sei nach den aktuellen Vorgaben nicht umsetzbar, sagt Kündig. Die Zusammenarbeit mit der Fachstelle Herdenschutz der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) sei schwierig. Die Fachleute wollten die Wanderwege verlegen und grosse Zäune errichten. «Wir hätten hier eine Festung bauen müssen», sagt Kündig. Der freie Weidegang im Winter wäre nicht mehr möglich gewesen. «Es wäre ein unsäglicher Aufwand geworden», sagt Kündig. «Ich hätte zusätzliches Personal anstellen müssen.»
Und auch noch dann wären die Schafe seiner Meinung nach nicht wirklich sicher gewesen. «Die Raubtiere sind einfallsreich und lernen schnell», sagt Kündig. Die Zäune seien nicht einmal für einen Hund ein Hindernis, sagt Kündig dazu. «Es gibt schon einen Grund, warum sie im Tierpark beim Wolfsgehege nicht solche Zäune verwenden.»
Hundebisse vermeiden
Dabei waren Kündigs am Anfang interessiert am Herdenschutz. Doch auf Herdenschutzhunde mussten sie lange warten. In der Zwischenzeit stiegen die Anforderungen – auch wegen Konflikten mit Wanderern, wie sie in anderen Regionen beobachtet wurden. «Die BUL will Hundebisse auf jeden Fall vermeiden», sagt Birgit Kündig. Das mache die Situation auf dem Fringeli schwierig: «Wir haben hier sieben Kilometer Wanderweg.»
Chance für Hirten
Schwierig sei auch die Anerkennung der Risse. «Man wird nicht ernst genommen», sagt Stefan Kündig. «Die Experten haben kein Ohr für die Beobachtungen der Leute, die hier leben.» Auch wenn er selbst die Schafhaltung aufgibt, sieht Stefan Kündig aber auch in der jetzigen Situation noch eine Zukunft für die Schafzucht in der Schweiz. Für gute Hirten biete sich sogar eine Chance, sagt Kündig. «Es gibt nicht so viele gute Hirten, und diese kennen ihren Wert», sagt er. Um ihren Lohn zahlen zu können, brauche es Herden mit mindestens 800 Schafen und die entsprechende Fläche.
In Neuseeland gelernt
Kündig hat schon als Kind Schafe gehütet. Dann war er den ganzen Tag mit dem Hund draussen, kam abends mit dem Pony nach Hause. Nach der Schule machte er eine Lehre als Zimmermann und ging danach reisen. Später ging es nach Neuseeland. Dort sammelte er Erfahrungen in der Schafschur. «Mein Ziel war es, zu den Besten zu gehören», erinnert sich Kündig. «Ich wollte nur scheren, sieben Tag die Woche.»
Stall umgebaut
Zurück in der Schweiz arbeitete er als Schäfer und im Sommer als Alphirt. Die Jahre mit den Tieren im Freien haben ihn geprägt. «Aus Hirtensicht willst du einfach nicht, dass den Tieren etwas passiert», sagt er. So gesehen habe die Aufgabe der Schafzucht nun auch etwas Gutes: «Jetzt kann ich wieder schlafen, ohne immer daran zu denken, dass draussen etwas sein könnte.» Es sei ein Vernunftentscheid gewesen, sagt Birgit Kündig. «Aber es tut uns schon auch weh.» Doch Kündigs wollen vorwärts blicken. Der umgebaute Laufstall für die Mutterkühe steht bereit, gebaut mit viel Eigenleistung. Auch das Altersguthaben der Kündigs floss in den Umbau. «Zum Glück haben wir mit den Mutterkühen neben den Schafen ein zweites Standbein aufgebaut», sagt Birgit Kündig. Ein Teil des Fleisches geht als Natura- Beef in den Labelverkauf, der Rest wird direkt vermarktet.
Ob sie mit den Mutterkühen nun Ruhe haben, ist nicht sicher. «Wenn Rudel kommen, werden auch Kälber und Kühe angegriffen», weiss Kündig. Er geht aber davon aus, dass der politische Druck wächst: «Schafe haben in der Schweiz keine Lobby – Kühe schon.»
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