Dass sie dereinst im glarnerischen Schwanden einen eigenen Betrieb haben würden, hätten die Solothurnerin Simone Burki und der Thurgauer Samuel Bommeli wohl vor ein paar Jahren nicht gedacht. Die studierte Umweltingenieurin und der gelernte Landschaftsgärtner kamen 2008 ins Glarnerland. Hier gingen sie auch z Alp, zuerst auf eine Schafalp, später auf eine Kuhalp.

Diese Ziegenrasse gibt es hier selten

Die beiden liebäugelten in der Zwischenzeit mit einem eigenen Betrieb. Fündig wurden sie schliesslich praktisch vor der Haustüre: Mittlerweile Eltern von Marvin, Orell und Lina, konnten Burki und Bommeli 2020 in Schwanden den Ziegenbetrieb Grüt übernehmen. Der Biohof gehörte einem Bauern, den sie bereits kannten und der nun ins Pensionsalter gekommen war. Haus, Stall und Käserei waren bereits vorhanden.

Mit dem Betrieb hat die Familie auch eine Herde von rund 60 Milchziegen übernommen. Diese besteht vor allem aus zwei Rassen, der Anglo-Nubischen Ziege sowie der Gämsfarbigen Gebirgsziege. Während es sich bei letzterer um die häufigste Schweizer Geiss handelt, ist die Anglo-Nubische Ziege eine hierzulande seltene Rasse. Sie ist ursprünglich aus englischen und afrikanischen Landschlägen entstanden. Die Tiere sind mehrheitlich braun mit hellen Flecken, typisch sind zudem die hängenden Ohren und die Ramsnase. «Anglo-Nubier weisen einen besonders guten Milchgehalt auf, die Milchleistung ist jedoch eher bescheiden», stellt Simone Burki fest. Um diese zu verbessern, halten sie einen reinrassigen Gämsfarbigen Ziegenbock, während zur Förderung der Fleischleistung ein Ziegenburenbock die Herde aufmischt.

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Jeden Vormittag in der Käserei

Jährlich werden etwa 20 Jungtiere für die Nachzucht ausgewählt. Die restlichen rund 80 Gitzi pro Jahr werden in einer lokalen Metzgerei geschlachtet. Das Gitzifleisch kommt frisch und tiefgefroren in den Verkauf, das Fleisch alter Geissen wird dagegen zu Würsten, Salsiz und Trockenfleisch verarbeitet.

Die Käserei mit dem 350-Liter-Kupferkessi ist das Metier von Simone Burki. Hier verbringt sie die Vormittage abwechselnd damit, Ziegen- und Kuhmilch zu verarbeiten. Aus der Milch ihrer Ziegen, an einem Tag kommen etwa 80 Liter zusammen, entsteht eine ganze Palette von Produkten: der Halbhartkäse «Fryberg», ein Schimmel-Weichkäse, Frischkäse, Quark, Joghurtdrink sowie verschiedene Sorten Glace. 2021 wurden 9324 kg Milch für den Frybergkäse verkäst und 1925 kg Milch für Frischprodukte.

Die Geissen sind von klein auf anhänglich

Zudem produziert die studierte Umweltingenieurin jeden zweiten Tag «Schwander Chäs» aus Biokuhmilch eines Nachbarbetriebs. «Käsen macht mir Spass», sagt sie. «Dabei probiere ich gerne Neues aus.» So hat sie beispielsweise kürzlich einen Reblochon hergestellt, dieser besteht aus besonders fetthaltiger Kuhmilch.

Beim Besuch fällt auf, wie zahm die Ziegen sind: Wer auf die Weide kommt, wird sofort von den Tieren umringt, die sich ein paar Streicheleinheiten abholen wollen. «Sie sind von klein auf so anhänglich, weil wir die Gitzi von Hand mit Kuhmilch aufziehen», so die Bäuerin. Die ersten Monate verbringen die jungen Geissen in einem separaten Gehege beim Stall.

Das Gebüsch wird zuerst gefressen

Von den 18 Hektaren ist der grösste Teil von verschiedenen Eigentümern gepachtet. So kommt es, dass das Land in eher kleine Parzellen in der Umgebung aufgeteilt ist. «Die Weiden befinden sich zumeist an Hang- und Steillagen, was die Bewirtschaftung mit Maschinen anspruchsvoll macht», sagt Bommeli, der ursprünglich Landschaftsgärtner gelernt hat. Doch die Ziegen nehmen einen Teil dieser Arbeit ab. Alle paar Tage wechseln sie auf eine neue Weide. Dabei kommen die Tiere auch ihrer Aufgabe als Landschaftspflegerinnen nach: Hat sich auf einer Parzelle Gebüsch breit gemacht hat, wird dieses bevorzugt gefressen. Abends kehren die Ziegen jeweils zurück in den Stall, wo auch der moderne Melkstand steht, den Samuel Bommeli und Simone Burki nach der Hofübernahme angeschafft haben.

Für mehr Energie Futterrüben angebaut

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Das Landwirtepaar hatte anfangs gehofft, dass die Ziegen mit dem Raufutter auskommen würden. «Doch die Wiesen sind zu karg. Daher mussten wir einen Kompromiss eingehen», so Bommeli. «Für zusätzliche Energie bauen wir nun Futterrüben an und geben während der Winterfütterung auch Vollmaiswürfel.»

Der Wolf, der überall in der Gegend von sich reden macht, ist auch auf dem Ziegenbetrieb Grüt ein Thema. «Risse gab es noch keine. Doch der Herdenschutz ist komplizierter geworden», sagt Simone Burki. «Kürzlich haben wir hohe Netze und ein stärkeres Weidezaungerät gekauft. Das war früher nicht nötig gewesen.»

Der Selstbedienungshofladen «Hüsli»

Zum Betrieb gehören zwei weitere Standbeine: Vor rund zehn Jahren konnten Simone Burki und Samuel Bommeli vom Kanton ein Stück Land von rund 25 Aren übernehmen. Darauf pflanzten sie Reben einer pilzresistenten Sorte. Die Ernte verkaufen sie mehrheitlich als Tafeltrauben. Zudem pflanzen die beiden im Frühling Gemüse- und Blumensetzlinge an. Die Vermarktung der Hofprodukte läuft hauptsächlich über den Selbstbedienungs-Hofladen «Hüsli» und Detailhandelsgeschäfte in der Region. Erhältlich sind sie zudem zweimal wöchentlich am Stand eines befreundeten Marktfahrers. Und ungefähr viermal jährlich lässt es sich die Familie nicht nehmen, ihr Sortiment persönlich an Märkten zu präsentieren. «Die Nachfrage nach Ziegenprodukten ist konstant gut», stellt Simone Burki fest.

Weitere Informationen: ziegenbetrieb-gruet.ch