Seit gut einem Jahr betreuen Claudia und Alois Renggli auf ihrem herrlich gelegenen Stubenhof hoch über Ebikon LU Mastkälber. In Zeiten, in denen sogar Kalbermäster im Berggebiet auf Milchablieferung umstellen, wagte Familie Renggli den Schritt in diesen anspruchsvollen Betriebszweig. Die Milch ihrer rund 18 Original-Braunvieh-Kühe liefern sie allerdings immer noch ab, die mittlerweile 100 Mastkälber werden mit Pulvermilch getränkt.

Kälberbetreuer, nicht Kälbermäster

Alois Renggli bezeichnet sich und seine Frau Claudia aber nicht als Kälbermäster, sondern als Kälberbetreuer. Diese Bezeichnung hat auch ihre volle Berechtigung: Dreimal täglich gehen sie zu zweit in die beiden neben dem Kuhstall stehenden Kälberställe und beobachten ihre Tiere genaustens. «Krankheiten frühzeitig zu erkennen, ist das A und O bei der Gesundheit von so jungen Tieren», betont Alois Renggli. Entdecken die beiden Betriebsleiter Auffälligkeiten, reagieren sie schnell. Ist die Diagnose klar, behandeln sie die Kälber selber. Bei Unklarheiten kontaktieren sie ihren Tierarzt und senden diesem bei Bedarf auch einmal einen Kurzfilm des auffälligen Tieres. Eine gute Kommunikation mit dem Tierarzt sei für eine gute Tiergesundheit und damit für wenige Verluste absolut entscheidend. Ebenso wichtig sei, dass der behandelnde Tierarzt auch die nötige Erfahrung mit Mastkälbern habe. Da gebe es grosse Unterschiede. 

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Kurz vor Weihnachten 2022 stallten Rengglis auf Anregung von Tochter Linda, die in ihrer Ausbildung zur Landwirtin mit der Munimast in Kontakt kam, die ersten gut 40 Kälber ein. «Der Schritt in diesen Betriebszweig erforderte doch etwas Mut, da wir kaum Erfahrung in der Betreuung von zugekauften Kälbern hatten. Dazu wurde auch die Liquidität des Betriebes beansprucht», erinnert sich Alois Renggli zurück. Die Barzahlung der Kälber und auch die Rechnung für das Milchpulver strapazierte die Betriebskasse.

Bestehende Gebäude nutzen

«Glücklicherweise hatten wir mit dem ehemaligen Pferdestall und dem alten Rinderstall zwei bestehende Gebäude, die ohne grosse Investitionen zu gut funktionierenden Kälberställen für je 50 Tiere umgebaut werden konnten», so Renggli weiter. Die einzige grössere Anpassung waren die aus Sandwichpaneelen bestehenden Auslauf-Abdeckungen. Somit gibt es keine Weide-RAUS-Beiträge mehr. Dafür hätten sich das Stallklima und die Tiergesundheit stark verbessert.

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Auch wenn Claudia und Alois Renggli erst seit gut einem Jahr Mastkälber betreuen, haben sie sich schon viel Wissen angeeignet. Dank Tierärzten, Futtermittelberatern, Händlern und auch mittels Weiterbildungen konnten sie sich in die Kälbermast vertiefen. Entscheidend für sie als Mastbetrieb sei der Lebensstart der Kälber auf den Geburtsbetrieben. Es seien dort keine Sonderbehandlungen der Kleinsten nötig, aber eine frühe und ausreichende Versorgung mit Biestmilch sei ein absolutes Muss. Auch danach müssten die Kälber mit guter und genügend Milch versorgt werden. «Kälber, die schnell 80 kg schwer sind, bringen dem Geburts- und auch dem Mastbetrieb nur Positives.»

Imageschaden wegen Schlachtung von Jungkälbern vermeiden

Kämen die Tränker als alte, grossgewachsene, aber magere Kälber auf seinen Betrieb, würden diese ihren Rückstand bis zur Schlachtung selten aufholen. Noch mehr Mühe hat Alois Renggli mit Kälbern, die von den Geburtsbetrieben mit gut drei Lebenswochen geschlachtet würden. «Dieses Verhalten kann für unsere Branche nicht nur zu einem grossen Imageschaden führen, bei meinem Besuch in einem Schlachthof musste ich feststellen, dass dies auch für die Schlachthof-Angestellten eine sehr undankbare Arbeit ist.» Die Schweiz sei nun einmal ein Milchland mit vielen Kühen und entsprechend vielen Kälbern. Die ganze Branche sei damit gefordert, dass mit diesen ethisch korrekt umgegangen werden könne. Alois Renggli wünscht sich auch von der Lebensmittelbranche zusätzliche Anstrengungen in der Vermarktung. Kalbfleisch dürfe nicht nur ein exklusives Produkt für die gehobene Gastronomie sein. «Mehr Kreativität und trendige Produkte aus Kalbfleisch wären da gefragt.»

Innovation in Vermarktung notwendig

Die ersten vier Wochen nach der Ankunft auf dem Stubenhof werden die Kälber noch intensiver betreut als danach. Der Bestandestierarzt mache erst eine Eingangskontrolle. Da werde entschieden, ob eine Medizinierung nötig sei. Erfahrungsgemäss sei dies infolge der zahlreichen Kälber mit Krankheitssymptomen beim Einstallen unumgänglich. Alle Tiere würden zudem mittels Nasenimpfung gegen Rindergrippe behandelt. Sehr wichtig sei natürlich auch, dass die Tiere sofort viel Pulvermilch aufnehmen würden. «Bevor am Liefertag nicht das letzte Kalb genug Milch aufgenommen hat, gehen wir nicht ins Bett», erklärt Bäuerin Claudia Renggli.

Positives Fazit

Die Kälbermast sei zwar eine aufwendige Arbeit und könne gerade bei Tiergesundheitsproblemen auch belastend sein, dennoch zieht Familie Renggli nach gut einem Jahr und über 300 gemästeten Tieren ein positives Fazit. «Wir hatten zwar total sechs Tierverluste und beim zweiten Mastdurchgang infolge von stockendem Absatz einen Verlust zu verkraften. Dafür gab es aber auch schon Mastdurchgänge, bei denen wir unseren Aufwand mit 230 Franken pro Tier gut decken konnten», zieht Alois Renggli ein erstes Fazit.

Betrieb Stubenhof
 
Betriebsleiter Claudia und Alois Renggli

Ort Ebikon LU auf 530 m ü. M.
Fläche 19 ha LN, davon 2 ha Weizen und 1 ha Mais
Viehbestand 18 Milchkühe und 15 Jungtiere, 100 Mastkälberplätze
Arbeitskräfte Betriebsleiter Claudia und Alois Renggli, Tochter Linda und Aushilfen bei Arbeitsspitzen