Ausgelassen springen die Geissen durch den Schnee. «Sie waren schon eine Zeit lang nicht mehr auf der Weide», sagt Seraina Pedrolini, die lächelnd zuschaut. Ihr gehören die rund 30 Tiere, genau genommen von jedem Tier die Hälfte. «Ich habe schliesslich den Bock gekauft», erklärt sie mit einem Augenzwinkern. «Die andere Hälfte der Herde gehört meiner Mutter.»
Seraina Pedrolini absolviert in Wildhaus SG auf einem Biobetrieb ihr zweites Lehrjahr als Landwirtin. «Das war so nicht geplant», erzählt die 18-Jährige. Doch auf dem Hof, auf dem sie ursprünglich alle drei Lehrjahre machen wollte, stimmte die Chemie nicht. Sie hielt das erste Lehrjahr durch, suchte und fand dann aber für die zwei übrigen Jahre neue Lehrstellen.
[IMG 1]
Liebte es, auf der Alp zu sein
Aufgewachsen ist die junge Frau ebenfalls in Wildhaus, in einer nicht bäuerlichen Familie mit zwei jüngeren Schwestern. «Doch die Landwirtschaft war mir immer nah», erzählt sie. Ihre Mutter ist Bauerntochter. Sie wuchs auf einem Betrieb auf, der oberhalb des Schwendisees liegt und heute von einem Onkel von Seraina geführt wird. Als Kind war sie oft dort. «Während meiner Schulzeit verbrachte ich praktisch die ganzen Sommerferien auf der Alp und wollte nicht heim.»
Als es um die Berufswahl ging, stand tiermedizinische Praxisassistentin zur Debatte oder Fachfrau Betreuung. Denn Seraina Pedrolini half früher ab und zu bei den Esel-Wanderungen mit, die der Letzihof in Wildhaus anbietet. Dort waren manchmal Menschen mit Beeinträchtigung dabei. «Das Thema interessiert mich bis heute.» Doch da sie auch gern draussen ist, entschied sie sich für eine Landwirtschaftslehre.
Steckbrief
Name: Seraina Pedrolini
Alter: 18 Jahre
Wohnort: Wildhaus SG
Lehrjahr: Im 2. Lehrjahr als Landwirtin EFZ
Ausbildungsbetrieb: Familie Schmid Forrer in Wildhaus SG
Geissen züchten als Hobby
Den Geissen gefällt es sichtlich, draussen herumzutollen. «Gais, Gais, Gais», ruft Seraina Pedrolini und lockt sie mit einem Becher Futterwürfel wieder zum Stall. Die Zucht von Burenziegen ist ihr Hobby. Die Fleischrasse stammt ursprünglich aus Südafrika und in der Regel haben die Tiere einen weissen Körper und einen braun-roten Kopf. «Ich züchte aber Red-Kalahari, so nennt sich die durchgehend rotbraune Fellfärbung. Doch wichtig ist mir vor allem, dass die Tiere gesund sind und es ihnen gut geht.»
Die Gitzi kommen nach rund einem Jahr zum Metzger. «Dann ist der Ertrag am höchsten.» Das Frischfleisch vermarkten Seraina und ihre Mutter selbst. Die Würste und Mostbröckli werden im Hofladen auf dem Betrieb des Onkels verkauft.
[IMG 2]
Schätzt selbstständiges Arbeiten
Vom Geissenstall geht es zum Lehrbetrieb mit Blick auf die umliegende Toggenburger Berg- und Talwelt. Der Biobetrieb Schmid-Forrer ist eine Betriebsgemeinschaft mit 34 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche rund 30 Milchkühen sowie Jungvieh. «Wir produzieren alles Futter selbst», sagt Seraina bei einem Stallrundgang. «Die Kälber ziehen wir für Bio-Weide-Beef auf.»
Sie schätzt es, dass sie auf dem Lehrbetrieb viele Arbeiten selbstständig angehen kann, etwa Kälber impfen. «Mir ist es dabei wichtig, dass die Tiere möglichst keinen Stress haben.» Tiergesundheit ist ihr ein grosses Anliegen. Neben der Geissenzucht bezeichnet sie die Klauenpflege als Hobby und sie möchte in diesem Bereich noch mehr dazu lernen. «Mit guter Klauenpflege kann man bei einer Kuh viel bewirken.» Gibt es noch weitere Hobbies, ausserhalb der Landwirtschaft? «Skifahren», ergänzt die Toggenburgerin. Im Winter ist sie für die Skischule Wildhaus aktiv und unterrichtet Kinder.
[IMG 6]
Gern bei den Kälbern
Der Rundgang führt zu den Kälbern, Seraina Pedrolinis Lieblingsplatz auf dem Hof. Sie liebe alle Tiere, sagt sie. Entsprechend ist Tierhaltung an der Berufsschule am landwirtschaftlichen Zentrum in Salez ihr Lieblingsfach. «Zur Tiergesundheit gehört auch gutes Futter, deshalb interessiert mich auch Ackerbau. Mechanisierung ist nicht so mein Ding.»
Bei «Lehrling des Jahres» mitzumachen, war für Seraina Pedrolini schnell klar. «Doch mein Bewerbungsvideo habe ich erst auf den allerletzten Drücker fertig gemacht», gesteht sie. «Ich hatte viele Ideen, habe Videoschnipsel zusammengeschnitten und zusätzliche Fotos gemacht. Aber es war schwer, alles unterzubringen.»
5 Fragen an Seraina
Welche Superkraft hättest du gerne? Alle Tiere heilen zu können.
Welches sind deine Lieblingstiere? Ich mag alle Tiere, egal, ob Hund, Katze, Maus oder Bauernhof-, Wild- und Zootiere.
Dein Lieblingsessen? «Big- Mama»-Spaghetti an einer Tomatensauce mit Knoblauch. Bei der Grossmutter schmecken sie am besten.
Deine liebste Arbeit? Klauenschneiden.
Was machst du weniger gern? Ein Tier zum Metzger bringen. Doch wenn es so weit ist, will ich es begleiten.
Pläne für Weiterbildung
Die angehende Landwirtin hofft, eines Tages einen Betrieb übernehmen zu können. Daher will sie nach der Lehre die Betriebsleiterschule machen und die Prüfung zur Meisterlandwirtin. Und sie möchte weiter Burenziegen züchten. «Mich interessieren auch Zweinutzungsrassen, denn ich würde gern Milch produzieren. Doch ich weiss, dass das nicht wirklich rentabel ist.» Spannend fände sie es zudem, auf dem Betrieb mit Menschen mit Beeinträchtigung zusammenzuarbeiten oder ihnen Ausbildungsplätze anzubieten.
Im Bewerbungsvideo für «Lehrling des Jahres» machte Seraina Pedrolini unter anderem ein «Interview» mit ihren «Mitarbeiterinnen», den Kühen, die wenig auskunftsfreudig waren. Und sie setzte sich auf eine Kuh, die dabei völlig gelassen blieb. «Ich hatte schon immer die Idee, mal auf einer Kuh zu reiten», erzählt sie lachend. «Ich möchte mal an einem Kuhrennen teilnehmen, etwa an der Olma. Das wär doch was.»
[IMG 4]«Lehrling des Jahres 2024»
2021 hat die BauernZeitung erstmals einen Lehrling des Jahres gekürt. Die Auszeichnung stellt motivierten Berufsnachwuchs ins Zentrum. Zehn von Ihnen stellen wir Ihnen im Rahmen der Suche nach dem «Lehrling des Jahres 2024» vor. Wer den Titel schlussendlich tragen wird, bestimmen Sie in einer Leser-Abstimmung ab dem 13. Mai.
Weitere Informationen und alle Porträts finden Sie im Dossier.
[IMG 5]Unsere Sponsoren
Bei «Lehrling des Jahres 2024» dürfen wir auf die Unterstützung von verschiedenen Partnern zählen. Die Förderung von Lernenden ist für sie eine Herzensangelegenheit. Die Hauptsponsoren 2024 sind agrisano, Ceres Media und Kärcher. Patronatspartner ist agriprof und Urech Lyss ist als Sachsponsor dabei. Mehr zu unseren Partnern