1. SBV begrüsst Produktionssystembeiträge (PSB)

Der Schweizer Bauernverband (SBV) begrüsst «die Verbesserungen, die der Bundesrat seit der Vernehmlassung vorgenommen hat». Dies betreffe speziell den Bereich Markt, bei dem er bei den bewährten Systemen bleiben wolle (Importregime mit Berücksichtigung der Inlandleistung, Red.). Der SBV begrüsse speziell die neuen Anreize im Bereich der Produktionssystembeiträge (PSB), etwa jene, die mithelfen, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren. Ebenso, dass die Regierung zur Verbesserung der Biodiversitätsleistungen auf eine Weiterentwicklung der bereits bestehenden Massnahmen setzt. Bei der sozialen Absicherung der Partner präsentiere der Bundesrat einen Kompromiss, der vielleicht auch in der Landwirtschaft mehrheitsfähig sei. Besonders negativ ist aus Sicht des SBV, dass die Komplexität der Agrarpolitik nochmals steige und die administrative Vereinfachung für die Bauernfamilien in weite Ferne rücke. Die vorgesehene Regionalisierung der AP führe zu ungleichen Grundlagen für die Bauernfamilien. Bedenken hat der Dachverband auch insofern, dass in zahlreichen Bereichen Verschärfungen vorgesehen sind, welche die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und die Versorgungssicherheit schwächen, während gleichzeitig der Rahmenkredit für Direktzahlungen um über 100 Mio Fr. gekürzt werde.

2. Agrarallianz setzt auf Markt

Die Agrarallianz bezeichnet die AP 22+ als «reichlich komplexe Vorlage, die vorerst Kredit verdient». Sie enthalte viel gut gemeinte, aber reichlich zerstückelte Massnahmen. Stickstoff- und Pestizidabsenkpfade sollten unter Einbezug der Bauern und Bäuerinnen und den Labelorganisationen Perspektiven aufzeigen, die sie mit ihren Marktpartnern nutzen können, so die Organisation. Die Parlamentarische Initiative der WAK des Ständerates mache diesbezüglich Mut. Nur eine ambitionierte AP 22+ sei eine glaubwürdige Antwort auf die inhaltlichen und politischen Herausforderungen (Marktentwicklung, Umweltdefizite, Volksinitiativen), schreibt die Agrarallianz. Sie müsse Ausgangspunkt für mehr Verantwortung bei den Bauern und Bäuerinnen und am Markt sein, um die Umweltziele bis 2035 zu erreichen und glaubwürdige Antworten auf Volksinitiativen zu geben.

3. Bio Suisse will Aktionsplan

Die neue Agrarpolitik verpasse es, Bio-Ziele oder einen Bio-Aktionsplan zu formulieren, kritisiert Bio Suisse. Der nachhaltige Konsum bleibe ein Randthema. Doch dieser sei zentral, wenn die gewünschte Entwicklung gelingen solle. Bio Suisse wolle mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum bei den Bäuerinnen und Bauern und ihren Labelorganisationen. Letztlich könnten die Ziele und die Aufträge der diversen Initiativen nur mithilfe der Marktpartner und der Konsumentinnen und Konsumenten dauerhaft erreicht werden. Unterstütze die Politik agrarökologische Systeme als Ganzes, sei auch administrative Entlastung möglich. Als einziges agrarökologisches System sei Bio gesetzlich definiert und wird gesamtbetrieblich und über die ganze Wertschöpfungskette angewendet. So könnten viele Nachhaltigkeitsziele gleichzeitig erreicht werden. Die meisten Länder und Regionen der EU verfügten über «Aktionspläne Bio», z. B. unsere Nachbarregion Bayern. Dabei wird ein hoher Bio-Anteil angestrebt, und Bio werde in vielen Bereichen eine zentrale Stellung eingeräumt. «Ohne nachhaltigen Konsum keine nachhaltige Produktion», bilanziert der Bio-Dachverband.

4. Landwirtschaft mit Zukunft will eine Agrarwende

Die neue Agrarpolitik des Bundesrates verpasse es zum wiederholten Mal, die nötigen Veränderungen hin zu einer sozialen und ökologischen Land- und Ernährungswirtschaft einzuleiten, schreibt die Organisation Landwirtschaft mit Zukunft in einer Mitteilung. Die Organisation fordert eine grundlegende Transformation der Schweizer Agrarpolitik. Die Schweizer Landwirtschaft sehe sich mit der Klimakrise, verschmutztes Trink- und Grundwasser, und Biodiversitätsverlust konfrontiert. Um die Herausforderungen zu meistern brauche es eine Neuausrichtung der Agrarpolitik.

5. WWF bezeichnet den Vorschlag des Bundesrat als mutlos

Die Botschaft des Bundesrats zur Agrarpolitik 2022+ gehe zu wenig weit, wie die Umweltschutzorganisation WWF in einer Mitteilung schreibt. Klimaschutz-Massnahmen erfolgten nur auf freiwilliger Basis und die viel zu hohen Tierbestände würden nicht angetastet. Mit ihrem Vorschlag verfehlt die Regierung die eigenen Umweltziele und trage nicht zur Entschärfung der Klimakrise und das Artensterben bei.

6. Pro Natura wünscht sich mehr Ambitionen

Im Schweizer Kulturland gehe ein Artensterben vor sich, dass es in diesen Dimensionen nie zuvor gegeben haben, schreibt Pro Natura in einer Stellungnahme. Die Landwirtschaftspolitik für die nächsten Jahre könnte ein Hebel für Veränderungen sein. Der Bundesrat setze mit der Botschaft zur AP 22+ aber auf kleine Schritte. Die Naturschutzorganisation fordert hingegen eine konsequente Ökologisierung der Landwirtschaft. Die mutlose Landwirtschaftspolitik tue auch den Bauern keinen Gefallen. Hohe ökologische Zielsetzungen in der Agrarpolitik 22+ würden es den Bauern nämlich erleichtern, ihre Verantwortung wahrzunehmen und aus den Negativschlagzeilen zu kommen.

7. Die Schritte des Bundesrates seien zu zögerlich, meint Bird Life

"Die drängenden Umweltprobleme der Landwirtschaft würden mit dem Vorschlag des Bundesrates nicht gelöst", schreibt Bird Life in einer Mitteilung. Mit jeder neuen Agrarpolitik werde seit bald dreissig Jahren eine stärkere ökologische Ausrichtung versprochen. Trotzdem nehme der Bestand der Insekten und Vögel weiter stark ab. Ihre Lebensräume würden zerstört und ihre Lebensgrundlage werde ihnen durch eine zunehmend industrielle Landwirtschaft entzogen. Nach einer ersten Analyse der Botschaft des Bundesrats gingen die Vorschläge viel zu wenig weit. Der Verfassungsauftrag, der u.a. eine nachhaltige Produktion, einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Förderung einer naturnahen und standortangepassten Produktion umfasst, könne damit nicht erfüllt werden.

8. Die Agrarpolitik müsse nachgebessert werden, meint die Grüne Schweiz

Die Land- und Ernährungswirtschaft befinde sich im Umbruch. Dies zeigten zahlreiche Volksinitiativen zur Verminderung des Pestizideinsatzes, zur Verbesserung des Tierwohls und somit zum Schutz von Umwelt, Klima und Biodiversität, wie die Grüne Schweiz in einer Mitteilung schreibt. Die Agrarpolitik müsse daher im Bereich Umweltziele, Klimaschutz und Importstrategie massiv nachgebessert werden. Ausserdem müssten Bauernfamilien im anstehenden Wandel stärker unterstützt werden. Mittels starken Begleitmassnahmen solle den Bäuerinnen und Bauern der Übergang zu einer nachhaltigen Landwirtschaft ermöglicht werden.

9. Die Massnahmen werden dem Problemdruck nicht gerecht, so Greenpeace

 

Greenpeace Schweiz begrüsse, dass der Bundesrat die Pestizidbelastung sowie die zu hohe Nährstoffbelastung senken wolle. Die geplanten Massnahmen würden dem enormen Problemdruck nicht gerecht, schreibt Greenpeace in einer Mitteilung. Die Landwirtschaft sei weltweit und in der Schweiz einer der grössten Treiber der Biodiversitätskrise und der Klimaerhitzung. Der Vorschlag werde dem Notstand nicht gerecht. Es brauche dringend eine Politik, die die Kernprobleme verpflichtend angeht: die zu intensive Produktion mit importierten Futtermitteln, Pestiziden und Kunstdünger.

 

10. Es fehlten konkrete Lösungsvorschläge, schreibt die Klima-Allianz

Der Botschaft zur Agrarpolitik 2022+ fehlten konkrete Lösungsvorschläge, wie die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Minimierung der Klimaerwärmung leisten könne, schreibt die Klima-Allianz in einer Medienmitteilung. Zudem sein nicht klar, wie die Landwirtschaft selbst als Betroffene die Herausforderungen meistern solle. Dabei böten landwirtschaftliche Böden bei entsprechender Bewirtschaftung die Chance, grosse Mengen an Kohlenstoff in Form von Humus zu speichern und so Teil der Lösung zu sein.

11. Es braucht noch Nachbesserungen, so die Vision Landwirtschaft

"Die bisherigen mutlosen Vorschläge wurden in der neuen Botschaft deutlich nachgebessert", findet Vision Landwirtschaft. Erneut fehle jedoch die Aussicht auf eine Agrarpolitik, welche die Einhaltung des Umweltrechtes sicherstelle. Bei den Stickstoffemissionen krebse der Bundesrat gar hinter frühere Zielsetzungen zurück und wolle mit neuen Programmen die Tierhaltung vermehrt fördern. Die Vision Landwirtschaft wolle den Bund bis 2035 zur Einhaltung der Umweltziele verpflichten. Dazu brauche es noch Nachbesserungen – darunter nicht zuletzt das Weglassen von Zahlungen und Programmen, die mehr schaden als nützten. 

12. Kleine Korrekturen reichen den Kleinbauern nicht

Mit unzähligen kleineren Korrekturen versuche der Bundesrat die Agrarpolitik AP 22+ auf Kurs zu bringen, schreibt die Kleinbauern Vereinigung in einer Stellungnahme. "Das genügt klar nicht, um die dringenden Herausforderungen im Klima- und Umweltbereich anzupacken", heisst es weiter. Die Kleinbauern-Vereinigung fordere eine Schweizer Landwirtschaft, die im Einklang mit den natürlichen Ressourcen arbeitet und auf gesamtbetriebliche Ansätze sowie mehr Vielfalt setze. Dazu brauche es auch zwingend eine klare Begrenzung der Direktzahlungen nach oben. Die unzähligen vorgeschlagenen komplexen und teilweise widersprüchlichen Einzelmassnahmen würden nicht die gewünschte Verbesserung bringen.

13. "Die Botschaft ist zu wenig konkret", heisst es beim Schweizer Tierschutz

Die bundesrätliche Botschaft AP22+ sei zu wenig konkret, heisst es beim Schweizer Tierschutz. Die Landesregierung habe damit ihre Pläne für die Förderung des Tierwohls nicht klar auf den Tisch gelegt. Es brauche ein starkes Bekenntnis der Politik, dass Weidehaltung und Auslauf oberste Priorität haben, dass für den Ausbau der Tierwohlprogramme RAUS und BTS die heutigen 9.5% der Direktzahlungen nicht genügten und dass die Produzenten für ihre Tierwohlleistungen angemessen entschädigt werden sollten. Mit der AP22+ sollten ausserdem finanzielle Anreize für wegweisende Projekte (z.B. Zweinutzungsrassen bei Hühnern, muttergebundene Kälberaufzucht) geschaffen werden. Einseitig auf Hochleistung ausgelegte Zucht solle nicht mehr von solchen Anreizen profitieren. Die Herdengrössen müssten besser begrenzt werden und somit die Tierhaltung in einer bäuerlichen Landwirtschaft gestärkt werden.

14. Bund berücksichtige die Anliegen der Berggebiete nur teilweise

Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die  Berggebiete (SAB) sei erfreut, dass die Unterstützung der Berglandwirtschaft als eines der Hauptziele der Strukturverbesserungsmassnahmen in der Agrarpolitik erhalten bleibe. Die von der SAB unterstützte regionale landwirtwirtschaftliche Strategie zur Stärkung der lokalen Wertschöpfungsketten werde weiterverfolgt. Hingegen belaste die strengeren Ausbildungsvorschriften die Nebenerwerbsbetriebe. Die SAB werde die Botschaft nun im Detail prüfen und allenfalls Anliegen in die parlamentarische Beratung einbringen.

15. SVP vermisst Kompensationen

Aus Sicht der Schweizerischen Volkspartei (SVP) hält der Bundesrat die Schweizer Landwirtschaft für eine eierlegende Wollmilchsau. Mit der AP 22+ würden sämtliche Erwartungen der Gesellschaft an den Bauernstand delegiert. Die Partei vermisst Verbesserungen für Landwirtinnen und Landwirte, z. B. administrative Erleichterungen. "Die Auswüchse der Bürokratie, welchen nicht mit Kompensationsmassnahmen entgegengewirkt wird, belasten tagtäglich die Bauernfamilien", schreibt die SVP. Man werde sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die produzierenden Betriebe nicht wieder zu den Verlierern gehören. 

16. SVIL: Direktzahlungen werden zweckentfremdet

Die Schweizerische Vereinigung Industrie und Landwirtschaft (SVIL) sieht die vorgelegte AP 22+ sehr kritisch. Direktzahlungen würden gegen den Verfassungsauftrag statt zur Einkommensstützung für die Lebensmittelproduktion neu auf Umweltsystemleistungen ausgerichtet und dazu noch gekürzt. "Die Subventionen für die Land- und Ernährungswirtschaft müssen klare Anreize geben, um unsere Ernährungssicherheit in der Hochpreisinsel Schweiz unter Einhaltung der gewünschten Standards bei Lebensmitteln und der dazu notwendigen Naturgrundlage sicherzustellen", schreibt der SVIL. Nur so sei gewährleistet, dass die ökologischen Anliegen der Trinkwasser- und Pestizid-Verbotsinitiative nicht zu Importen als Ausweg führen würden.